Kernaussagen

• Im Allgemeinen ist für keine der Maßnahmen zuverlässig nachgewiesen, dass Kinder dadurch ihre Amblyopie-Behandlung (insbesondere das Tragen eines Augenpflasters) besser einhalten. Es gibt keine ausreichende Evidenz, dass sich durch Maßnahmen zur Verbesserung der Therapietreue die Behandlungsergebnisse wie das Sehvermögen oder die Tiefenwahrnehmung (Beurteilung von Entfernungen oder "3-D-Sehen") verbessern.

• Erschwerter Zugang zu Behandlungen oder Terminen kann beeinflussen, wie gut Kinder und ihre Betreuungspersonen die Amblyopiebehandlung durchführen können.

• Es bedarf strukturierterer Verfahren zur Erfassung der Therapietreue sowie einer einheitlicheren Berichterstattung über die Einhaltung von Behandlungsplänen und über Behandlungsergebnisse (Sehvermögen und Tiefenwahrnehmung).

Was ist Amblyopie?

Amblyopie bezeichnet eine Sehschwäche, die durch eine gestörte Entwicklung des Sehvermögens im frühen Kindesalter entsteht. Dies kann dazu führen, dass das Sehvermögen auf einem oder, seltener, auf beiden Augen beeinträchtigt ist – selbst mit bestmöglicher Korrektur durch eine Brille oder Kontaktlinsen. Manchmal wird dies von Eltern und Betreuungspersonen als "träges Auge" bezeichnet.

Was wollten wir herausfinden?

Unter Therapietreue versteht man die Übereinstimmung zwischen der verordneten und der tatsächlich angewendeten Behandlung. Die Therapietreue kann subjektiv (z. B. anhand eines Tagebuchs) oder objektiv gemessen werden (z. B. durch Messung der Hauttemperatur, um zu bestimmen, wie lange eine Augenklappe getragen wurde). Zu den Hindernissen für eine konsequente Therapie bei Amblyopie zählen unter anderem ein mangelndes Verständnis der Behandlung, zeitliche Einschränkungen, Probleme zu den ärztlichen Terminen zu gelangen, eine eingeschränkte Verfügbarkeit oder die Kosten von Behandlungen und Terminen. Wir wollten herausfinden, ob die Maßnahmen, die zur Erhöhung der Therapietreue bei Amblyopie eingesetzt werden, erfolgreich sind und ob sie Schaden anrichten. Bei der Amblyopie eines Auges besteht die Behandlung häufig darin, das besser sehende Auge abzudecken oder zu verschließen. Das kann für betroffene Kinder und ihre Bezugspersonen eine große Herausforderung darstellen. Die von uns untersuchten Methoden oder Maßnahmen umfassten verhaltensorientierte Ansätze, digitale Formate (z. B. das Spielen eines Videospiele oder das Ansehen einer Sendung) sowie verschiedene Formen des Abdeckens oder Verschließens des Auges.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, die Folgendes untersuchten: 1) eine einzelne oder eine Kombination von Verhaltensinterventionen, z. B. Aufklärungscartoons und SMS-Erinnerungen; 2) Interventionen mit digitalen Formaten wie Videos oder Videospiele; oder 3) die Verwendung verschiedener Techniken zum Abdecken des Auges, z. B. Shutter-Brillen oder verschiedene Materialien von Pflastern, im Vergleich zur üblichen Versorgung oder keiner Intervention (d. h. keine Methode zur Verbesserung der Therapietreue).

Was fanden wir?

Wir stellten fest, dass sich die meisten Methoden, mit denen die Forschenden versuchten, die Therapietreue zu erhöhen, in ihren Auswirkungen nicht unterscheiden. Die Evidenz war unsicher, so dass wir nicht herausfinden konnten, ob ein bestimmter Ansatz besser ist als ein anderer.

Was schränkt die Evidenz ein?

Nur wenige Studien verwendeten objektive Instrumente zur Messung der Therapietreue. Es gab große Unterschiede in der Berichterstattung, einschließlich des Schweregrads der Amblyopie, der Methode zur Überwachung der Therapietreue und der Dauer der Nachbeobachtung. Das beeinflusst die Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit der Evidenz. In den einzelnen Studien wurden nicht durchgängig alle therapietreuebezogenen Endpunkte berichtet, und die klinische Bedeutung der beobachteten Veränderungen kann je nach Patient*in unterschiedlich ausfallen. Nur wenige Studien bewerteten oder berichteten negative Auswirkungen der Maßnahmen sowie Faktoren in Bezug auf Fairness und Inklusion – etwa den sozioökonomischen Status oder den Bildungsstand der Betreuungspersonen. Die Berichterstattung hierzu war uneinheitlich und nicht standardisiert.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand vom 24. Mai 2024 (Datum der Literatursuche).