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Wie wirksam sind Maßnahmen zur Reduzierung von Stürzen bei älteren Menschen in Pflegeeinrichtungen?

Kernaussagen

  • Stürze in Pflegeeinrichtungen lassen sich wahrscheinlich durch folgende Maßnahmen verringern: Bewegungsmaßnahmen, Vitamin-D-Nahrungsergänzung und multifaktorielle (aus mehreren Teilen bestehende) Maßnahmen, die mit Hilfe des Personals der Einrichtung durchgeführt werden oder auf die individuellen Umstände der Betroffenen abgestimmt sind (z. B. Demenzdiagnose). Folgende Maßnahmen könnten die Zahl der Betroffenen möglicherweise reduzieren: eine Erhöhung des Anteils an Milchprodukten in der Ernährung, unterstützt durch Ernährungsberater*innen bei der Speiseplangestaltung, sowie Bewegungsprogramme für Personen mit kognitiven Einschränkungen. Es ist unklar, ob Einzelmaßnahmen, die darauf abzielen, eine angemessene Medikation der Bewohner sicherzustellen, Stürze verringern.

  • Multifaktorielle und Bewegungsmaßnahmen sind möglicherweise kosteneffektiv. Wird das Bewegungstraining jedoch nicht fortgesetzt, sind die Wirkungen auf die Stürze nicht von Dauer. Ein höherer Milchkonsum durch die Unterstützung von Ernährungsberater*innen bei der Speiseplangestaltung verringert möglicherweise die Zahl der sturzbedingten Knochenbrüche.

  • Es gibt jetzt aktualisierte Informationen darüber, wie Stürze in Pflegeeinrichtungen verhindert werden können - wir haben überwiegend mäßiges bis geringes Vertrauen in die verfügbare Evidenz. In Bezug auf die Sturzprävention bei Menschen, die in Pflegeeinrichtungen leben, besteht noch Forschungsbedarf, insbesondere hinsichtlich der wirksamsten Bewegungsmaßnahmen und Maßnahmen zur Verbesserung der Medikamentengabe.

Wie berichten wir über Maßnahmen zur Untersuchung von Stürzen und warum ist dies wichtig?

Stürze bei älteren Menschen in Pflegeeinrichtungen, wie z. B. Altersheimen, sind häufig und können zum Verlust der Unabhängigkeit, zu Verletzungen und manchmal zum Tod führen. Wirksame Interventionen zur Sturzprävention sind daher wichtig.

Studien zu Maßnahmen, die darauf abzielen, die Zahl der Stürze bei älteren Menschen zu verringern, werden anhand der Art der Maßnahme gruppiert und mit einer Vergleichsgruppe ohne Maßnahme verglichen. Hierzu wird das vom „Prevention of Falls Network Europe“ (ProFaNE) entwickelte Klassifizierungssystem zur Sturzprävention (Taxonomie) benutzt. Die Maßnahmen sind wie folgt gruppiert:

  • Multifaktorielle Maßnahmen: Abhängig von den individuellen Risikofaktoren für Stürze werden zwei oder mehr Interventionskategorien – wie Bewegungsprogramme, Medikamentenüberprüfung oder Vitamin-D-Supplementierung – kombiniert und durchgeführt;

  • Einzelmaßnahmen: den Teilnehmenden der Gruppe wird nur eine der Maßnahmenkategorien angeboten;

  • Mehrere Maßnahmen: Allen Teilnehmenden der Gruppe wird die gleiche Kombination an Maßnahmen angeboten.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, welche Maßnahmen Stürze bei älteren Menschen in Pflegeeinrichtungen reduzieren. Dabei interessierten uns sowohl die Anzahl der Personen, die gestürzt sind, als auch die Gesamtzahl der Stürze. Zudem untersuchten wir das Risiko für Knochenbrüche, unerwünschte Wirkungen der Interventionen sowie wirtschaftliche Endpunkte.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien über Maßnahmen zur Reduzierung von Stürzen bei älteren Menschen, die in Pflegeeinrichtungen leben. Wir fassten die Studienergebnisse zusammen, verglichen sie und bewerteten das Vertrauen in die Evidenz anhand von Faktoren wie Studienmethoden und Größe der Studien.

Was fanden wir heraus?

Wir fanden 104 Studien (68.964 ältere Menschen) mit einem Durchschnittsalter von 84 Jahren, von denen 72 % Frauen waren. Die Studien fanden in 25 Ländern statt und befassten sich mit multifaktoriellen Maßnahmen, mit mehreren Maßnahmen sowie mit Einzelmaßnahmen. Zu letzteren zählten beispielsweise Bewegung, Verbesserung der Medikamentenverschreibung, Vitamin-D-Supplementierung, Ernährungsberatung und Speiseplangestaltung zur Erhöhung der Milchzufuhr, unterstützende Technologien (also Hilfsmittel zur Unterstützung der Funktionsfähigkeit älterer Menschen) und Personalschulung sowie unterschiedliche Arten der Pflege.

  • Insgesamt senken multifaktorielle Maßnahmen wahrscheinlich nicht die Sturzrate (Anzahl der Stürze über einen bestimmten Zeitraum), wahrscheinlich aber die Anzahl der Personen, die Stürze erleben. Allerdings hatten jene multifaktoriellen Maßnahmen, die mit Hilfe des Personals der Pflegeeinrichtungen durchgeführt wurden oder auf die individuellen Umstände der Betroffenen (z. B. Demenzdiagnose) abgestimmt waren, eine größere Wirkung - so verringern sie wahrscheinlich sowohl die Sturzrate als auch die Zahl der Betroffenen. Multifaktorielle Maßnahmen sind möglicherweise eine kosteneffiziente Methode zur Sturzreduktion.

  • Aktive Bewegungsübungen als Einzelmaßnahme senken wahrscheinlich die Sturzrate und die Zahl der stürzenden Personen, haben jedoch möglicherweise nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf das Risiko von Knochenbrüchen. Werden die Übungen jedoch nicht fortgesetzt, ist die Auswirkung auf die Sturzrate nicht anhaltend. Das Gleiche gilt wahrscheinlich auch für die Auswirkung auf die Anzahl der Stürze. Aktive Bewegungsmaßnahmen verringern möglicherweise auch die Zahl der Stürze bei Bewohner*innen mit kognitiven Beeinträchtigungen (nachlassende geistige Fähigkeiten) und sind möglicherweise kosteneffizient (eine Studie durchgeführt im australischen Gesundheitswesen).  

  • Insgesamt unterschieden sich die Maßnahmen zur Verbesserung der Medikamentenverschreibung stark untereinander - sie haben jedoch möglicherweise keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Sturzrate und wahrscheinlich auch keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Zahl der Stürze. Wir wissen nicht, welche Wirkungen Einzelmaßnahmen haben, die darauf abzielen, durch regelmäßige Überprüfung des Medikationsplans und entsprechende Empfehlungen eine angemessene Medikation der Bewohner sicherzustellen. Solche Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der Verschreibung von Medikamenten sind als alleinige Intervention möglicherweise nicht kosteneffizient.

  • Die Verschreibung von Vitamin D (mit oder ohne Kalzium) verringert wahrscheinlich die Sturzrate, macht aber wahrscheinlich keinen oder nur einen geringen Unterschied bei der Zahl der Personen, die von Stürzen betroffen sind. In fast allen Studien hatten die teilnehmenden Pflegeeinrichtungsbewohner*innen zu Beginn der Studie einen niedrigen Vitamin-D-Spiegel.

  • Die Erhöhung des Angebots an Milchprodukten für die Bewohner*innen durch die Unterstützung von Ernährungsberater*innen bei der Speiseplangestaltung verringert möglicherweise die Zahl der stürzenden Personen und das Risiko von sturzbedingten Knochenbrüchen. Über die Sturzrate wurden keine Angaben gemacht.

  • Wir sind uns nicht sicher, wie sich die Interventionen auf unerwünschte Wirkungen auswirken, da diese in den eingeschlossenen Studien insgesamt nur unzureichend berichtet wurden.

Was schränkt die Aussagekraft der Evidenz ein?

Wir haben überwiegend mäßiges bis geringes Vertrauen in die verfügbare Evidenz. Unser Vertrauen ist vermindert, da die Teilnehmenden vieler Studien wussten, welche Behandlung sie erhielten, und nicht alle Studien Informationen zu allen Aspekten lieferten, die uns interessierten. Darüber hinaus gab es häufig Probleme mit den Methoden, die in den Studien zur Informationserhebung verwendet wurden.

Wie aktuell ist die Evidenz?

Dieser Review aktualisiert frühere Versionen des Reviews aus den Jahren 2010, 2012 und 2018. Die vorliegende Evidenz ist auf dem Stand vom 10. Mai 2024.

Zielsetzungen

Bewertung des Nutzens und Schadens von Maßnahmen zur Verringerung der Sturzhäufigkeit bei älteren Menschen in Pflegeeinrichtungen.

Suchstrategie

Wir durchsuchten das Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL), MEDLINE, Embase, CINAHL und zwei Studienregister bis zum 10. Mai 2024 und nutzten die Überprüfung von Referenzen, die Suche nach Zitaten und den Kontakt mit den Autorinnen und Autoren, um geeignete Studien und Datensätze zu ermitteln.

Schlussfolgerungen der Autoren

Multifaktorielle Maßnahmen, die unter Einbeziehung des Personals der Institution und unter Berücksichtigung der individuellen Lebensumstände der Bewohnenden durchgeführt werden, verringern wahrscheinlich die Sturzrate und das Sturzrisiko und können kosteneffizient sein. Was einzelne Interventionen betrifft, so verringert Bewegung wahrscheinlich die Sturzrate und das Sturzrisiko, aber wenn die Bewegung nicht aufrechterhalten wird, hat sie keine anhaltende Wirkung auf die Sturzrate und wahrscheinlich auch keine Wirkung auf das Sturzrisiko. Aktive Bewegung kann das Sturzrisiko bei Bewohnenden mit kognitiven Beeinträchtigungen verringern und ist möglicherweise kosteneffektiv. Die Maßnahmen zur Optimierung der Medikation waren insgesamt sehr vielfältig und könnten die Sturzrate und wahrscheinlich auch das Sturzrisiko nur geringfügig oder gar nicht beeinflussen. Wir sind uns sehr unsicher über die Wirksamkeit der Überprüfung/Verschreibung von Medikamenten als Einzelmaßnahme zur Verringerung von Stürzen. Eine Vitamin-D-Supplementierung verringert wahrscheinlich die Sturzrate, hat aber wahrscheinlich keinen oder nur einen geringen Einfluss auf das Sturzrisiko. Durch die Unterstützung von Ernährungsberater*innen bei der Zusammenstellung des Speiseplans kann das Sturz- und Frakturrisiko gesenkt werden, indem mehr Milchprodukte konsumiert werden.

Finanzierung

Der Australian National Health and Medical Research Council unterstützt die Autorinnen und Autoren mit Gehaltszahlungen durch das Centre of Research Excellence for Prevention of Falls Injuries (Dyer, Suen und Kwok) und den Medical Research Future Fund (Dyer und Suen). Dylan Kneale wird zum Teil von ARC North Thames und dem National Institute for Health Care Research ARC North Thames unterstützt.

Registrierung

Protokoll (2023): Open Science Framework osf.io/y2nra Originalbericht (2010): doi: 10.1002/14651858.CD005465.pub2 Review update (2012): doi: 10.1002/14651858.CD005465.pub3 Review update (2018): doi: 10.1002/14651858.CD005465.pub4

Anmerkungen zur Übersetzung

M. Zeitler, A. Zink, freigegeben durch Cochrane Deutschland

Zitierung
Dyer SM, Kwok WS, Suen J, Dawson R, Kneale D, Sutcliffe K, Seppala LJ, Hill KD, Kerse N, Murray GR, van der Velde N, Sherrington C, Cameron ID. Interventions for preventing falls in older people in care facilities. Cochrane Database of Systematic Reviews 2025, Issue 8. Art. No.: CD016064. DOI: 10.1002/14651858.CD016064.

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