Kernaussagen
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Die niedrigdosierte Stoßwellentherapie verbessert langfristig möglicherweise die Erektionsfunktion.
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Die niedrigdosierte Stoßwellentherapie verbessert kurzfristig möglicherweise die Härte und Steifheit des Penis (penile Rigidität).
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Behandlungsbedingte unerwünschte Wirkungen und ein vorzeitiger Abbruch der Therapie sind kurzfristig möglicherweise selten.
Was ist eine Erektionsstörung?
Erektionsstörungen sind ein häufiges Problem: Dabei haben Männer beim Geschlechtsverkehr Schwierigkeiten, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten. Dies kann viele Ursachen haben – zum Beispiel andere Erkrankungen, medizinische Behandlungen (wie Medikamente oder Operationen an der Prostata), eine ungesunde Lebensweise (z. B. Rauchen, schlechte Ernährung und Bewegungsmangel) sowie Depressionen oder Angstzustände.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Erektionsstörungen?
Erektionsstörungen können auf unterschiedliche Weise behandelt werden. Als Erstes könnte von der behandelnden Ärztin oder dem Arzt eine Änderung des Lebensstils vorschlagen werden, etwa mehr Bewegung, eine ausgewogene Ernährung oder ein Rauchstopp. Wenn diese Maßnahmen nicht helfen, werden womöglich Medikamente verschrieben. Wenn die Ursache eher in den Gefühlen oder in der Beziehung zur Sexualpartnerin oder zum Sexualpartner liegt, könnte auch eine psychotherapeutische Begleitung hilfreich sein. Es gibt weitere Behandlungsmöglichkeiten, etwa Geräte, Injektionen oder Operationen. In diesem Cochrane-Review wurde eine neue Behandlungmethode mit Stoßwellen untersucht.
Was ist eine Stoßwellentherapie?
Bei der niedrigdosierten Stoßwellentherapie werden Schallwellen eingesetzt, um die Durchblutung im Penis zu fördern. Das kann die Erektionsfähigkeit verbessern. Es handelt sich um eine einfache Behandlung. Ein Arzt oder eine Ärztin hält ein kleines Gerät an verschiedene Stellen des Penis. Die Behandlung ist nicht schmerzhaft, und eine Betäubung der zu behandelnden Stellen ist nicht nötig. Die Behandlung dauert etwa 15 bis 20 Minuten und wird über mehrere Wochen hinweg mehrfach durchgeführt.
Der Begriff „niedrigdosierte Stoßwellentherapie“ weist auf den schonenden Charakter der Behandlung hin. Hochdosierte Stoßwellen sind sehr intensiv – sie werden zum Beispiel eingesetzt, um Nierensteine zu zertrümmern. Niedrigdosierte Stoßwellen sind dagegen deutlich sanfter und können wirksam sein, ohne das umliegende Gewebe zu schädigen.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, ob die niedrigdosierte Stoßwellentherapie besser wirkt als eine Scheinbehandlung – also ein Gerät, das keine echten Stoßwellen abgibt. Wir untersuchten:
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wie gut die Stoßwellentherapie die Erektionsfunktion verbessert;
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ob Teilnehmende die Behandlung häufiger abbrechen als bei einer Scheinbehandlung;
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ob es zu unerwünschten Wirkungen kommt;
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wie zufrieden die Patienten und ihre Partner*innen mit dem Behandlungsergebnis sind;
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ob die Stoßwellentherapie den Penis steifer macht; und
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ob die Stoßwellentherapie das Sexualleben verbessert.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach allen medizinischen Studien, in denen eine niedrigdosierte Stoßwellentherapie mit einer Scheinbehandlung bei Männern mit Erektionsstörungen verglichen wurde. Wir haben die Ergebnisse dieser Studien geprüft, zusammengefasst und unser Vertrauen in die Ergebnisse anhand verschiedener Faktoren bewertet – zum Beispiel, wie zuverlässig die Studien durchgeführt wurden.
Was fanden wir heraus?
Wir fanden 21 Studien mit insgesamt 1357 Männern, die entweder eine niedrigdosierte Stoßwellentherapie oder eine Scheinbehandlung erhielten. Die Männer waren zwischen 39 und 65 Jahre alt und hatten seit 3 bis 68 Monaten Erektionsstörungen.
Hauptergebnisse
Wir fanden heraus, dass die niedrigdosierte Stoßwellentherapie kurzfristig (bis zu 3 Monate) möglicherweise eine geringe Wirkung auf die Erektionsfunktion hat – diese Wirkung ist jedoch möglicherweise zu klein, um für Betroffene spürbar zu sein. Langfristig (nach mehr als 3 Monaten) verbessert sie möglicherweise die Erektionsfunktion. Kurzfristig verbessert sie möglicherweise die Erektionshärte. Langfristig hat sie möglicherweise auch einen geringen Einfluss auf die Erektionshärte – dieser Effekt ist aber möglicherweise zu klein, um für Betroffene spürbar zu sein. Alle Behandlungen wurden nur über einen kurzen Zeitraum angewendet, aber einige Studien berichteten auch über Langzeitergebnisse. Sowohl kurzfristig als auch langfristig hat die niedrigdosierte Stoßwellentherapie möglicherweise nur geringe oder keine Auswirkungen auf unerwünschte Wirkungen und auf die Häufigkeit eines Behandlungsabbruchs. Wir fanden keine Informationen dazu, wie zufrieden die Patienten und ihre Partner*innen mit den Behandlungsergebnissen waren oder wie sich die Behandlung auf ihr Sexualleben auswirkte.
Was schränkt die Aussagekraft der Evidenz ein?
Unser Vertrauen in diese Ergebnisse ist gering – vor allem aus folgenden Gründen:
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die Studien wurden nicht sehr gut durchgeführt;
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die Evidenz deckt nicht alle Personen, Behandlungen oder Endpunkte ab, an denen wir interessiert waren;
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die Studien wurden an wenigen Männern durchgeführt und verwendeten unterschiedliche Arten der Stoßwellenabgabe;
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die Ergebnisse fielen in den einzelnen Studien sehr unterschiedlich aus.
Neun der 21 Studien wurden von Firmen finanziert, die Geräte für die Stoßwellentherapie herstellen. Fünf Studien gaben an, keine finanzielle Unterstützung durch die Industrie erhalten zu haben. Bei den übrigen Studien wurde nicht angegeben, ob sie Geldgeber hatten oder nicht.
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand von 7. Juli 2024.
A. Zink, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland