Was ist ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch?
Ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch ist eine Methode, eine Schwangerschaft mithilfe von Medikamenten zu beenden – entweder durch eine Kombination aus Mifepriston und Misoprostol oder durch Misoprostol allein. Ein Schwangerschaftsabbruch wird medizinisch begleitet – vor dem Abbruch, während der Behandlung und auch danach. In jeder dieser Phasen gibt es verschiedene Versorgungsaspekte. In der Phase vor dem Schwangerschaftsabbruch werden Informationen zum Abbruch vermittelt, eine Beratung durchgeführt, falls dies gewünscht ist, und festgestellt, ob ein Anspruch auf den Abbruch besteht. Die Phase des Schwangerschaftsabbruchs beinhaltet Anleitungen zu den Medikamenten, die Bereitstellung der Medikamente und die Einnahme oder Gabe der Medikamente. In der Phase nach dem Schwangerschaftsabbruch wird überprüft, ob der Abbruch wirksam war. Bei Bedarf können die betroffenen Personen weitere gesundheitliche Unterstützung rund um Schwangerschaft oder Verhütung erhalten. Informationen, Beratung und Verhütungsangebote können – wenn gewünscht –Teil jeder Phase des Schwangerschaftsabbruchs sein.
Was ist eine telemedizinische Betreuung beim medikamentösen Schwangerschaftsabbruch?
Die Telemedizin beim Schwangerschaftsabbruch stellt ein Versorgungsmodell dar, bei dem die medizinische Betreuung über das Telefon, per Online-Chat, Textnachrichten oder Videogespräch erfolgt – ohne dass die betroffene Person persönlich in eine Praxis oder Klinik geht. Dieser Review befasst sich mit telemedizinischen Modellen zur medizinischen Betreuung beim medikamentösen Schwangerschaftsabbruch. Telemedizin kann eine betroffene Person in einzelnen Phasen oder während des gesamten Prozesses des Schwangerschaftsabbruchs begleiten – vor, während und nach dem Abbruch.
Was wollten wir herausfinden?
Bisherige Forschungsergebnisse legen nahe, dass ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch mithilfe von Telemedizin sicher, wirksam und für viele Betroffene akzeptabel ist. Da viele Ergebnisse auf Selbstauskünften beruhen, Vergleichsgruppen fehlen und Daten unvollständig sind, ist die Aussagekraft der bisherigen Studien begrenzt. Schlussfolgerungen sollten daher mit Vorsicht gezogen werden. Ziel dieses Reviews war es, die Evidenzlage zu verbessern, indem wir verschiedene telemedizinische Ansätze für einzelne oder mehrere Phasen eines Schwangerschaftsabbruchs untersuchten haben. Unser Interesse galt vor allem Versorgungsmodellen, bei denen die Telekommunikation das Hauptmittel der Versorgung vor, während und nach dem Schwangerschaftsabbruch war, im Vergleich zur Betreuung in einer Klinik oder Praxis in den entsprechenden Phasen. Uns interessierten auch telemedizinische Modelle, die nur in einer oder in zwei Phasen des Schwangerschaftsabbruchs eingesetzt wurden.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, in denen die telemedizinische Betreuung beim medikamentösen Schwangerschaftsabbruch mit der Betreuung in einer Klinik verglichen wurde.
Was fanden wir?
Insgesamt fanden wir 22 Studien mit 131.278 Personen, die im ersten Schwangerschaftsdrittel einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch hatten. Insgesamt wurden die Studien in zehn Ländern mit mittlerem oder hohem Einkommen durchgeführt. Sie liefern Evidenzen zu drei Maßnahmen: telemedizinische Betreuung in allen drei Phasen, von vor dem Abbruch bis nach dem Abbruch (neun Studien); telemedizinische Betreuung vor und während des Abbruchs (vier Studien); sowie telemedizinische Betreuung nur nach dem Abbruch (neun Studien). Die Art der eingesetzten Kommunikation war in den Studien unterschiedlich: In einigen Fällen fand der Kontakt in Echtzeit statt, in anderen zeitversetzt.
Hauptergebnisse
Telemedizinische Modelle, die von vor bis nach dem Schwangerschaftsabbruch eingesetzt werden, haben, verglichen mit der klinischen Betreuung, wahrscheinlich keinen oder nur einen geringen Einfluss auf Endpunkte wie den Behandlungserfolg, eine anhaltende Schwangerschaft und die Einhaltung der Medikamenteneinnahme. Auch eine ausschließlich nach dem Schwangerschaftsabbruch stattfindende telemedizinische Betreuung ist wahrscheinlich genauso wirksam wie eine Betreuung in einer Klinik. Für die Betreuung vor und während dem Abbruch ist sie möglicherweise vergleichbar wirksam. Telemedizinische Modelle für die Nachsorge nach einem Schwangerschaftsabbruch führen wahrscheinlich zu einer leicht höheren Einhaltung der Nachsorgemaßnahmen. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass ein medikamentöser Schwangerschaftsabbruch mithilfe von Telemedizin in der Frühschwangerschaft ähnlich sicher, wirksam und akzeptiert sein kann wie in einer Klinik.
Was schränkt die Evidenz ein?
Große randomisierte und nicht-randomisierte Studien mit angemessener Datenanalyse waren insgesamt selten, vor allem zu den Versorgungsmodellen, die uns besonders interessierten. Die meisten Studien fanden in ressourcenreichen Einrichtungen statt und die meisten Teilnehmenden waren nicht länger als neun Wochen schwanger. In vielen Studien war ein Besuch in einer Klinik nötig, um das Alter der Schwangerschaft oder den Erfolg des Abbruchs zu bestätigen. Bei der Hauptintervention, die wir untersucht haben – also der telemedizinischen Betreuung über den gesamten Ablauf des Schwangerschaftsabbruchs –, wurde in fünf von neun Studien auf Routineuntersuchungen wie Ultraschall, Labortests oder körperliche Untersuchungen verzichtet, um das Schwangerschaftsalter oder den Ort der Schwangerschaft vor dem Abbruch zu bestätigt.
Wie aktuell ist dieser Review?
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 13. August 2024.
A. Zink, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland