Kernaussagen
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Palivizumab, das über eine Vene oder in einen Muskel verabreicht wird, verringert die Krankenhausaufenthalte wegen einer RSV-Infektion und lindert spätere Atemprobleme wie pfeifende Atmung. Bei anderen Endpunkten zeigt sich wahrscheinlich nur ein geringer oder kein Unterschied.
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Palivizumab, das über die Nase verabreicht wird, bietet möglicherweise keinen Vorteil bei den meisten wichtigen Endpunkten.
Was ist das Respiratorische Synzytialvirus (RSV)?
Das Respiratorische Synzytialvirus (RSV) ist eine der Hauptursachen für akute Atemwegsinfektionen bei Säuglingen, insbesondere im ersten Lebensjahr. Weltweit gibt es jedes Jahr etwa 33 Millionen RSV-Infektionen. Mehr als 95 % davon treten in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen auf.
Was sind die Symptome?
Kinder mit einer RSV-Infektion können Beschwerden wie eine laufende Nase, Fieber, Husten, pfeifende Atmung, Atemnot oder Schwierigkeiten beim Trinken oder Essen haben. Eine RSV-Infektion kann so schwer verlaufen, dass das Kind ins Krankenhaus oder sogar auf die Intensivstation muss. Die Erkrankung kann sogar tödlich enden – vor allem bei Säuglingen unter zwei Monaten. Auch nach einer RSV-Infektion können Kinder wiederholt pfeifende Atmung haben oder langfristige Lungenprobleme entwickeln.
Was ist Palivizumab?
Palivizumab ist ein Medikament, das Kindern mit erhöhtem Risiko für eine schwere RSV-Erkrankung monatlich in bis zu fünf Gaben in einen Muskel gespritzt wird, um schwere Infektionen zu verhindern. Palivizumab kann auch über eine Vene oder neuerdings über die Nase verabreicht werden.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, welche Vor- und Nachteile Palivizumab für Kinder mit erhöhtem Risiko einer RSV-Infektion hat.
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, in denen Palivizumab mit einer Scheinbehandlung (Placebo), keiner Behandlung oder der üblichen Versorgung bei Kindern verglichen wurde, die ein erhöhtes Risiko für eine RSV-Infektion hatten.
Was fanden wir heraus?
Wir fanden sechs Studien mit insgesamt 3611 Kindern. Alle Studien umfassten nur wenige Teilnehmende und untersuchten Kinder, die wegen bestehender Gesundheitsprobleme – wie einer Frühgeburt oder Herz- bzw. Lungenerkrankungen – ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe einer RSV-Infektion hatten. Die wichtigsten Ergebnisse der Studien sind im Folgenden zusammengefasst.
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Wenn Palivizumab in einen Muskel oder über eine Vene verabreicht wird, verringert es die Zahl der Krankenhausaufenthalte wegen einer RSV-Infektion um etwa 56 %. Wenn in der Placebogruppe 98 von 1000 Kindern ins Krankenhaus mussten, waren es in der Palivizumab-Gruppe 43 von 1000. Palivizumab, das über die Nase verabreicht wird, erhöht möglicherweise die Rate der Krankenhausaufenthalte wegen einer RSV-Infektion. In den Studien war die Rate in der Palivizumab-Gruppe mit 149 pro 1000 Kindern mehr als doppelt so hoch wie in der Placebo-Gruppe mit 64 pro 1000.
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Palivizumab führt wahrscheinlich zu wenig oder keinem Unterschied bei der Zahl der Todesfälle und bei unerwünschten Wirkungen. In den Studien traten in der Placebogruppe 23 Todesfälle und 78 unerwünschte Wirkungen pro 1000 Teilnehmenden auf – in der Palivizumab-Gruppe waren es 16 Todesfälle pro 1000 Teilnehmenden und 84 unerwünschten Wirkungen pro 1000 .
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Palivizumab führt wahrscheinlich zu einem leichten Rückgang der Krankenhausaufenthalte insgesamt wegen Atemwegserkrankungen – um etwa 20 %.
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Wenn Palivizumab in einen Muskel oder über eine Vene verabreicht wird, senkt es möglicherweise die Zahl der RSV-Infektionen innerhalb von zwei Jahren Nachbeobachtung um 67 %. Außerdem verringerte es die Zahl der Tage mit pfeifender Atmung um 61 %. Im Vergleich dazu erhöht Palivizumab, das über die Nase verabreicht wird, möglicherweise die Zahl der RSV-Infektionen um 64 %. Bei der Zahl der Tage mit pfeifender Atmung zeigt sich möglicherweise nur ein geringer oder kein Unterschied.
Was schränkt die Aussagekraft der Evidenz ein?
Wir sind zuversichtlich, dass Palivizumab, das in einen Muskel oder über eine Vene verabreicht wird (systemisch), die Zahl der Krankenhausaufenthalte wegen RSV-Infektionen sowie die Zahl der Tage mit pfeifender Atmung verringert. Bei den übrigen Ergebnissen sind wir nur mäßig zuversichtlich oder haben wenig Vertrauen in die Evidenz. Das liegt daran, dass die Studien sehr klein waren oder es nicht genügend Studien gab, um sich über die Ergebnisse sicher zu sein.
Wie aktuell ist die Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 3. Juli 2024.
A. Zink, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland