Kernaussagen
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Das Medikament Misoprostol (es macht den Gebärmutterhals weicher und etwas weiter) hat vor dem Einsetzen einer Spirale (= Intrauterinpessar, IUP, ein Verhütungsmittel in der Gebärmutter) keinen oder nur einen minimalen Einfluss darauf, wie stark die Schmerzen sind – weder beim Fixieren des Gebärmutterhalses mit einem Instrument (Tenaculum) noch nach dem Einsetzen der Spirale. Misoprostol hat möglicherweise keinen oder allenfalls einen minimalen Einfluss auf: die Schmerzen beim Einsetzen, wie leicht das Einsetzen für die behandelnde Person ist, oder darauf, ob der Gebärmutterhals erweitert werden muss. Auch die Erfolgsrate des Einsetzens ändert sich dadurch wahrscheinlich nicht — außer wahrscheinlich geringfügig bei Frauen, bei denen kurz zuvor schon ein Einsetzversuch gescheitert ist.
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Misoprostol-bedingte unerwünschte Wirkungen wie Bauchkrämpfe und Durchfall nehmen wahrscheinlich zu, andere unerwünschte Ereignisse werden kaum oder gar nicht beeinflusst. Wir wissen nicht, ob die Verwendung von Misoprostol die Zufriedenheit der Frauen mit dem Verfahren beeinflusst.
Was ist ein Intrauterinpessar?
Ein Intrauterinpessar (IUP) ist ein kleines t-förmiges Gerät, das durch den Gebärmutterhals in die Gebärmutter eingeführt wird, um eine Schwangerschaft zu verhindern. IUPs müssen von geschulten Ärzt*innen oder von qualifiziertem medizinischem Fachpersonal eingesetzt werden. Das Einsetzen einer Spirale kann schmerzhaft sein. Besonders bei Frauen, die noch kein Kind geboren haben oder bei denen bereits ein Einsetzversuch gescheitert ist, kann der Eingriff schwieriger verlaufen. Schwerwiegende Komplikationen beim Einlegen einer Spirale treten nur selten auf. Häufiger können jedoch leichtere Beschwerden wie krampfartige Schmerzen, die in etwa Menstruationsbeschwerden ähneln, oder leichte Blutungen auftreten.
Was ist Misoprostol?
Misoprostol ist ein Medikament, das üblicherweise zur Einleitung der Wehen und zur Behandlung von Blutungen nach der Geburt eingesetzt wird. Es bewirkt, dass der Gebärmutterhals weicher wird und sich weitet, so dass das Einsetzen der Spirale für die Patientinnen weniger schmerzhaft und für die Ärzt*innnen einfacher sein könnte. Misoprostol kann unerwünschte Wirkungen wie Krämpfe, Übelkeit oder Durchfall verursachen. Mitunter treten bei Frauen Schwindel, vermehrtes Schwitzen oder Benommenheit auf. Das IUP ist eine wirksame und reversible Verhütungsmethode. Maßnahmen zur Schmerzlinderung und zur Erleichterung des Einsetzens könnten dazu beitragen, bestehende Hürden beim Zugang und bei der Nutzung des IUPs zu verringern.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, ob Misoprostol die Schmerzen vermindert, das Einlegen der Spirale einfacher oder erfolgreicher macht, zusätzliche Maßnahmen zur Weitung des Gebärmutterhalses überflüssig werden lässt und die Zufriedenheit der Frauen steigert — und ob unerwünschte Wirkungen auftreten.
Wie gingen wir vor?
Wir haben nach Studien gesucht, in denen die Gabe von Misoprostol bei der routinemäßigen IUP-Einlage mit Placebo (Scheinmedikament) oder keiner Behandlung verglichen wurde. Wir haben die Ergebnisse der Studien kombiniert und analysiert und unser Vertrauen in die Evidenz auf der Grundlage von Faktoren wie den Studienmethoden bewertet.
Was fanden wir heraus?
Wir fanden 14 RCTs mit 1972 Frauen. Die Studien fanden in Nordamerika, Südamerika, Europa und Afrika statt. In allen Studien wurde Misoprostol mit Placebo oder keiner Behandlung verglichen.
Hauptergebnisse
Schmerzen. Misoprostol:
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führt zu keinem oder allenfalls einem minimalen Unterschied bei den Schmerzen während der Befestigung des Tenaculums (ein Werkzeug, das den Gebärmutterhals während des Einsetzens der Spirale in Position hält) (3 Studien, 261 Frauen);
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führt möglicherweise zu keinem oder allenfalls einem minimalen Unterschied bei den Schmerzen während der IUP-Einlage (7 Studien, 766 Frauen);
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führt zu keinem oder allenfalls einem minimalen Unterschied bei den Schmerzen im Zeitraum vom Einsetzen des IUP bis zum Verlassen der Klinik bzw. Praxis (5 Studien, 448 Frauen).
Einfachheit des IUP-Einsetzens für die behandelnde Person
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Misoprostol hat möglicherweise keinen oder allenfalls einen geringen Effekt darauf, wie leicht das Einsetzen für die behandelnde Person ist (8 Studien, 848 Frauen).
Notwendigkeit der Gebärmutterhalserweiterung. Misoprostol:
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hat möglicherweise bei Frauen ohne kürzlich fehlgeschlagenen Einsetzungsversuch keinen oder nur einen minimalen Einfluss auf die Notwendigkeit, den Gebärmutterhals aufzudehnen (6 Studien, 562 Frauen);
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hat wahrscheinlich auch bei Frauen mit einem kürzlich fehlgeschlagenen Einsetzungsversuch keinen oder nur einen minimalen Einfluss auf die Notwendigkeit einer Gebärmutterhalserweiterung (1 Studie, 90 Frauen).
Erfolgsrate des Einsetzens. Misoprostol:
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führt wahrscheinlich zu einem geringen bis gar keinem Unterschied beim erfolgreichen Einsetzen des IUP bei Frauen, die noch keinen erfolglosen Einsetzversuch hinter sich haben (12 Studien, 1579 Frauen);
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führt wahrscheinlich zu einem leichten Anstieg des erfolgreichen Einsetzens bei Frauen mit einem kürzlich gescheiterten Einsetzversuch (1 Studie, 90 Frauen).
Zufriedenheit der Patientinnen
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Wir sind uns nicht sicher, ob Misoprostol die Zufriedenheit der Patientinnen mit dem IUP-Einsetzen erhöht (2 Studien, 226 Frauen).
Unerwünschte Wirkungen. Misoprostol:
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führt wahrscheinlich zu einer Zunahme von Bauchkrämpfen (7 Studien, 781 Frauen);
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führt wahrscheinlich zu einer leichten Zunahme von Durchfall (9 Studien, 940 Frauen);
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hat möglicherweise keinen oder nur einen minimalen Einfluss auf das Auftreten von Schwindel oder Benommenheit (6 Studien, 780 Frauen).
Was schränkt die Aussagekraft der Evidenz ein?
Einige Studien lieferten nicht die entscheidenden Informationen, die für unsere Fragestellung relevant waren, und andere unterschieden sich so stark voneinander, dass wir sie nicht in unsere Analysen aufnehmen konnten. Ursprünglich hatten wir geplant zu untersuchen, ob bestimmte Faktoren die Ergebnisse beeinflussen – etwa eine vorausgegangene vaginale Entbindung, die verwendete Misoprostol-Dosis oder die Art des eingesetzten IUP. Aufgrund der unzureichenden Zahl an Studien war eine aussagekräftige Analyse jedoch nicht möglich.
Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?
Die Evidenz ist auf dem Stand vom 23. September 2024.
B. Schindler, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland