Wie genau sind bildgebende Untersuchungen des Brustkorbs zur Diagnose von COVID-19?

Warum ist diese Frage wichtig?

Menschen mit Verdacht auf COVID-19 müssen schnell wissen, ob sie infiziert sind, damit sie sich selbst isolieren, eine angemessene Behandlung erhalten und enge Kontakte informieren können.

Derzeit erfordert eine formale Diagnose von COVID-19 einen Labortest (RT-PCR) von Proben aus Nase und Rachen. Der RT-PCR-Test erfordert eine spezielle Ausstattung und es dauert mindestens 24 Stunden, bis ein Ergebnis vorliegt. Er ist nicht ganz genau und erfordert zur Bestätigung der Diagnose möglicherweise einen zweiten RT-PCR- oder einen anderen Test.

Kliniker nutzen bildgebende Untersuchungen des Brustkorbs zur Diagnose von COVID-19, wenn sie z.B.auf die Ergebnisse eines RT-PCR-Tests warten oder wenn RT-PCR-Testergebnisse negativ sind und die Person COVID-19-Symptome hat.

Dies ist die vierte Version unseres Reviews.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten wissen, ob die Bildgebung des Brustkorbs genau genug ist, um COVID-19 bei Personen mit Verdacht auf eine Infektion zu diagnostizieren. Wir schlossen nur Studien mit Personen mit Verdacht auf COVID-19 ein und schlossen Studien mit Personen mit bestätigter COVID-19 aus. Außerdem wollten wir die Genauigkeit der Bildgebung des Brustkorbs beim Screening asymptomatischer Personen bewerten.

Die Evidenz ist auf dem Stand vom 17. Februar 2021.

Was sind bildgebende Untersuchungen des Brustkorbs?

Röntgenaufnahmen oder anderweitige bildgebende Untersuchungen erzeugen ein Bild der Organe und Strukturen im Brustkorb.

- Bei Röntgenuntersuchungen (Radiographie) wird eine geringe Strahlungsmenge zur Erzeugung eines 2-D-Bildes genutzt. Während sie üblicherweise in Krankenhäusern mit fest eingerichteter Ausstattung von einem Radiologen angefertigt werden, können sie auch mit tragbaren Geräten angefertigt werden.

- Bei der Computertomographie (CT) werden 2-D-Röntgenbilder mit Hilfe eines Computers zusammengefügt und in ein 3-D-Bild umgewandelt. Sie erfordern eine hochspezialisierte Ausstattung und werden meist in Krankenhäusern von einem spezialisierten Radiologen durchgeführt.

- Bei Ultraschall-Scans werden hochfrequente Schallwellen zur Erzeugung eines Bildes genutzt. Sie können in Krankenhäusern oder anderen Gesundheitseinrichtungen, wie z.B. Arztpraxen, durchgeführt werden.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, in denen die Genauigkeit von Verfahren zur Bildgebung des Brustkorbs für die Diagnose von COVID-19 untersucht wurde. Wir schlossen Studien mit "symptomatischen" oder "gemischten Populationen" ein.

Was fanden wir heraus?

Wir fanden 94 Studien mit 37.631 Teilnehmenden (von denen 19.768 (53%) eine eindeutige Diagnose von COVID-19 hatten) zur Bewertung der diagnostischen Genauigkeit der Bildgebung des Brustkorbs bei der Beurteilung von Personen mit Verdacht auf COVID-19. 87 Studien untersuchten eine Bildgebungsmodalität und sieben Studien untersuchten zwei Bildgebungsmodalitäten. Alle 94 Studien verwendeten RT-PCR entweder allein oder in Kombination mit anderen Kriterien (wie klinischen Anzeichen und Symptomen oder positiven Kontakten) als Referenzstandard für die Diagnose von COVID-19.

Brustkorb-CT: Menschen mit Verdacht

Die statistisch zusammengefassten Ergebnisse zeigten, dass das Brustkorb-CT (69 Studien) bei 87% der Personen, die COVID-19 hatten, zu einer korrekten Diagnose führte. Bei 21% der Personen wurde mit diesem Verfahren jedoch fälschlicherweise COVID-19 diagnostiziert, obwohl sie kein COVID-19 hatten.

Röntgen der Brust: Menschen mit Verdacht

Die statistisch zusammengefassten Ergebnisse zeigten, dass eine Röntgenaufnahme des Brustkorbs (17 Studien) bei 73% der Personen, die COVID-19 hatten, zu einer korrekten Diagnose führte. Bei 27% der Personen wurde mit diesem Verfahren jedoch fälschlicherweise COVID-19 diagnostiziert, obwohl sie kein COVID-19 hatten.

Ultraschall der Lunge: Menschen mit Verdacht

Die statistisch zusammengefassten Ergebnisse zeigten, dass eine Ultraschall-Untersuchung der Lunge (15 Studien) bei 87% der Personen, die COVID-19 hatten, zu einer korrekte Diagnose führte. Bei 24% der Personen wurde mit diesem Verfahren jedoch fälschlicherweise COVID-19 diagnostiziert, obwohl sie kein COVID-19 hatten.

Screening von asymptomatischen Personen

Wir schlossen zehn Studien (7 CT, 1 Röntgenaufnahme, 2 Ultraschalluntersuchungen) mit 3548 asymptomatischen Teilnehmenden ein, von denen 364 (10%) eine eindeutige Diagnose von COVID-19 erhielten. Die statistisch zusammengefassten Ergebnisse von sieben Studien zeigten, dass die CT bei 56% der Personen, die COVID-19 hatten, zu einer korrekten Diagnose von COVID-19 führte und bei 8% der Personen, die nicht an COVID-19 erkrankt waren, COVID-19 falsch identifizierte.

Wie zuverlässig sind die Ergebnisse?

Die Studien unterschieden sich voneinander und verwendeten unterschiedliche Methoden, um ihre Ergebnisse zu berichten. Es gibt nur sehr wenige Studien, die eine Art von bildgebenden Verfahren direkt mit einer anderen vergleichen. Außerdem war das Risiko der Verzerrung bei etwa der Hälfte aller eingeschlossenen Studien hoch oder unklar. Deshalb ist es schwierig, zuverlässige Schlussfolgerungen zu ziehen.

Was bedeutet das?

Die Evidenz deutet darauf hin, dass ein CT und ein Ultraschall des Brustkorbs besser geeignet ist, eine COVID-19-Infektion auszuschließen, als sie von anderen Atemwegserkrankungen zu unterscheiden. Der Nutzen der Tests könnte sich also eher auf den Ausschluss einer COVID-19-Infektion beschränken, als auf die Unterscheidung von anderen Ursachen einer Lungeninfektion. Darüber hinaus wies die CT-Bildgebung des Brustkorbs eine geringe Sensitivität und eine hohe Spezifität für die Erkennung asymptomatischer Personen auf.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

J. Distel, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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