Welche Kombinationen von Arzneimitteln eignen sich am besten zur Vorbeugung und Behandlung von Blutarmut (Anämie) bei Krebspatienten?

Kernaussagen

• Die Verabreichung von Arzneimitteln, die das Knochenmark zur Produktion roter Blutkörperchen anregen, zusammen mit Eisenpräparaten verringert wahrscheinlich die Zahl benötigter Bluttransfusionen, kann aber möglicherweise auch zu mehr Todesfällen führen und die Anzahl unerwünschter Wirkungen, beispielsweise von Blutgerinnseln, erhöhen.

• Da in den untersuchten Studien Daten fehlten, konnten wir die verschiedenen Behandlungsoptionen nicht miteinander vergleichen und einordnen.

• Es sind mehr Studien erforderlich, die diese Arten von Arzneimittelanwendung direkt miteinander vergleichen.

Was ist Anämie und warum erkranken Menschen mit Krebs daran?

Anämie entsteht, wenn die Anzahl roter Blutkörperchen zu niedrig ist. Rote Blutkörperchen enthalten ein Protein namens Hämoglobin. Die Eisenmoleküle im Hämoglobin binden Sauerstoff und transportieren diesen durch den Körper. Wenn Körpergewebe und die Organe nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden, fühlen sich die Betroffenen müde und kraftlos, und es besteht möglicherweise ein erhöhtes Infektionsrisiko. Krebspatienten leiden besonders häufig an Anämie. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass Krebs Entzündungen verursacht und die Produktion roter Blutkörperchen verhindert. Oder es könnte daran liegen, dass Behandlungen wie Chemotherapie die Produktion roter Blutkörperchen im Knochenmark verlangsamen.

Menschen, die an Anämie leiden, benötigen möglicherweise Bluttransfusionen. Allerdings könnte die Kombination von Arzneimitteln, die die Produktion roter Blutkörperchen im Knochenmark anregen (so genannte Erythropoese-stimulierende Mittel oder ESAs), mit Eisenpräparaten möglicherweise die Notwendigkeit von Transfusionen verringern.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, welche Behandlungen bei Krebspatienten mit Anämie am wirksamsten sind und ob sie unerwünschte Wirkungen haben. Wir interessierten uns dafür, ob Eisenpräparate oder ESAs, alleine oder in Kombination verabreicht, auf folgende Endpunkte Auswirkungen haben:

• die Anzahl der Todesfälle;

• die Hämoglobinwerte;

• die Anzahl an Bluttransfusionen und

• unerwünschte Wirkungen.

Außerdem wollten wir wissen, was die wirksamste Art der Arzneimittelanwendung ist: durch Injektion (intravenös) oder durch Schlucken (oral).

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, die bei Menschen mit Krebs die intravenöse, orale oder keine Verabreichung von Eisen mit oder ohne ESAs zur Vorbeugung oder Behandlung von Anämie, die sich infolge von Chemotherapie, Strahlentherapie, Kombinationstherapie oder der zugrundeliegenden bösartigen Erkrankung entwickelt hatte, verglichen. Wir verglichen die Ergebnisse der Studien und fassten sie zusammen. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz bewerteten wir anhand von Faktoren wie Methodik der Studien und Anzahl der Teilnehmenden. Wir wandten statistische Methoden an, um mehrere Behandlungen miteinander zu vergleichen und sie nach ihrer Wirksamkeit und ihren unerwünschten Wirkungen zu bewerten.

Was fanden wir heraus?

Wir fanden 96 relevante Studien mit insgesamt 25.157 Teilnehmenden. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen waren unterschiedlich alt und erhielten verschiedene Krebsbehandlungen oder auch keine Behandlung. Sie hatten unterschiedliche Arten von Krebs.

92 Studien lieferten Daten für unseren Review. Sie schlossen insgesamt 24.603 Teilnehmende ein und verglichen 12 verschiedene Behandlungsmöglichkeiten für Anämie. Die Behandlungen umfassten Kombinationen von ESAs zusammen mit intravenöser oder oraler Verabreichung von Eisen oder Placebo (ein Placebo sieht genauso aus wie das Eisenpräparat oder das ESA und schmeckt und riecht identisch, enthält aber keinen Wirkstoff).

Nicht jede Studie berichtete alle Endpunkte, die uns interessierten, sodass wir nicht genügend Informationen hatten, um jede Behandlung mit allen anderen Behandlungen zu vergleichen.

Im Vergleich zu einer Nichtbehandlung erhöht die Behandlung mit ESAs allein oder in Kombination mit Eisen wahrscheinlich die Anzahl an roten Blutkörperchen und verringert wahrscheinlich die Notwendigkeit von Bluttransfusionen. Wir können nicht ausschließen, dass ESAs in Kombination mit Eisen das Sterblichkeitsrisiko erhöhen. ESAs scheinen durch die Bildung von Blutgerinnseln in den Blutgefäßen das Risiko zu sterben und das Risiko für unerwünschte Wirkungen zu erhöhen.

Zur Vertrauenswürdigkeit der Ergebnisse

Insgesamt schätzen wir die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz, dass eine Behandlung besser oder schlechter wirksam ist als die andere, als mäßig ein. Die Vertrauenswürdigkeit ist deshalb begrenzt, weil wir manchmal sehr unterschiedliche Ergebnisse für dieselben Behandlungen gefunden haben. Das bedeutet, dass die Behandlungen sowohl nutzen als auch schaden konnten. Insgesamt hatten wir nicht genügend Evidenz, um zu eindeutigen Schlussfolgerungen zu kommen. Aufgrund fehlender Evidenz konnten wir auch keine Rangfolge der Behandlungen aufstellen.

Wie aktuell ist die Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand von Juni 2021.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

D. Jassim, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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