Podcast: Welche Kombinationen von Arzneimitteln eignen sich am besten zur Vorbeugung und Behandlung von Blutarmut (Anämie) bei Krebspatienten?

Cochrane hat mehrere systematische Übersichtsarbeiten über Interventionen produziert, die Menschen mit Anämie helfen könnten. In diesem Podcast spricht Claire Iannizzi mit der Hauptautorin Anne Adams, beide von der Uniklinik Köln in Deutschland, über eine Übersichtsarbeit zu der Gabe von intravenösem, oralem oder keinem Eisen in Kombination mit Erythropoese-stimulierenden Mitteln bei Krebspatient*innen mit Anämie, die erstmals im Juni 2022 veröffentlicht wurde.

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Einleitung: Cochrane hat mehrere systematische Übersichtsarbeiten über Interventionen produziert, die Menschen mit Anämie helfen könnten. In diesem Podcast spricht Claire Iannizzi mit der Hauptautorin Anne Adams, beide von der Uniklinik Köln in Deutschland, über eine Übersichtsarbeit zu der Gabe von intravenösem, oralem oder keinem Eisen in Kombination mit Erythropoese-stimulierenden Mitteln bei Krebspatient*innen mit Anämie, die erstmals im Juni 2022 veröffentlicht wurde.

Claire: Hallo Anne, könntest du uns erst einmal erklären, was eine Anämie ist und warum Menschen mit Krebs diese Krankheit entwickeln?

Anne: Hallo Claire. Menschen entwickeln eine Anämie, wenn ihr Spiegel an roten Blutkörperchen zu niedrig ist. Dies ist ein Problem, weil diese Zellen ein Protein namens Hämoglobin enthalten, das Sauerstoff durch den Körper transportiert. Ein Sauerstoffmangel im Körper macht die Menschen müde und kann das Risiko von Infektionen erhöhen. Gerade Krebspatient*innen können von Anämie betroffen sein, weil der Krebs die Produktion roter Blutkörperchen behindert.

Claire: Und gibt es eine empfohlene Behandlung für Menschen mit Krebs, die eine Anämie entwickeln?

Anne: Menschen, die an einer Anämie leiden, benötigen unter Umständen Bluttransfusionen. Eine Behandlung mit Eisenpräparaten und Medikamenten, die die Produktion roter Blutkörperchen im Knochenmark anregen, so genannte Erythropoese-stimulierende Mittel (kurz ESAs), kann jedoch den Bedarf an Transfusionen verringern. Unser Review befasst sich mit den Auswirkungen dieser Medikamente.

Claire: Kannst du uns etwas mehr darüber erzählen, warum dieses Review so wichtig ist und warum ihr eine Netzwerk-Metaanalyse durchgeführt habt?

Anne: Wir wollten herausfinden, welches die wirksamsten Behandlungen oder Behandlungskombinationen für eine Anämie bei Krebspatient*innen sind und ob sie unerwünschte Wirkungen hervorrufen. Mit Hilfe einer Netzwerk-Metaanalyse, die die Ergebnisse zahlreicher Studien zusammenfasst, wollten wir alle Behandlungsmöglichkeiten miteinander vergleichen und sie bezüglich ihrer Wirksamkeit und unerwünschten Nebenwirkungen in eine Hierarchie bringen.

Claire: Was für Studien wolltet ihr einschließen und gab es genug davon?

Anne: Wir haben nach Studien gesucht, die intravenöses, orales oder kein Eisen mit oder ohne ESAs zur Vorbeugung oder Behandlung von Anämie infolge von Chemotherapie, Strahlentherapie, Kombinationstherapie oder der zugrunde liegenden Erkrankung bei Krebspatient*innen vergleichen. Insgesamt fanden wir 96 relevante Studien, an denen etwa 25 000 Menschen unterschiedlichen Alters teilnahmen, die eine Mischung verschiedener Krebsbehandlungen oder keiner Behandlung für eine Vielzahl von Krebsarten erhielten. Von diesen berichteten 92 Studien Daten, die wir für unsere Analysen verwenden konnten, so dass wir insgesamt 12 verschiedene Behandlungsoptionen miteinander vergleichen konnten.

Claire: Und was habt ihr gefunden?

Anne: Unser Review zeigt, dass die Behandlung mit ESAs, entweder allein oder in Kombination mit Eisen, im Vergleich zu keiner Behandlung wahrscheinlich die Anzahl der roten Blutkörperchen im Körper erhöht und die Notwendigkeit von Bluttransfusionen verringert. Wir können jedoch ein erhöhtes Sterblichkeitsrisiko bei ESAs in Kombination mit Eisen nicht ausschließen, das auch zu einem erhöhten Risiko von Schäden durch die Bildung von Blutgerinnseln in den Blutgefäßen zu führen scheint.

Claire: Und wie sicher seid ihr euch insgesamt bei diesen Erkenntnissen?

Anne: Insgesamt haben wir ein mittleres Vertrauen in die Evidenz, aber wir haben manchmal sehr unterschiedliche Ergebnisse für dieselben Behandlungen gefunden. Das bedeutet, dass eine bestimmte Behandlung für einige Patient*innen gut, für andere aber schlecht sein kann. Unser Vertrauen in die Ergebnisse für einzelne Behandlungen ist daher leider begrenzt, und wir konnten keine eindeutigen Schlussfolgerungen ziehen oder eine Rangfolge aller Behandlungsmöglichkeiten für Krebspatient*innen mit Anämie aufstellen.

Claire: Eine letzte Frage zum Schluss: Was ist eure abschließende Take-Home-Message?

Anne: Unsere Kernaussage ist, dass bei der Erwägung von ESAs mit oder ohne Eisen zur Vorbeugung oder Behandlung von Anämie ein Gleichgewicht zwischen Wirksamkeit und unerwünschten Nebenwirkungen gefunden werden muss. Unsere Netzwerk-Metaanalyse deutet darauf hin, dass die Behandlung mit ESAs in Kombination mit Eisen wahrscheinlich den Bedarf an Transfusionen verringert und die Anzahl der roten Blutkörperchen erhöht, aber auch die Sterblichkeit und unerwünschte Nebenwirkungen erhöhen kann. Da eine Rangfolge aller eingeschlossenen Behandlungsoptionen nicht möglich war, benötigen wir weitere Studien, die diese Behandlungen direkt miteinander vergleichen, um unsere Ergebnisse zu verfeinern.

Claire: Danke Anne. Wenn nun jemand die aktuelle Version des Reviews lesen möchte, wo kann diese gefunden werden?

Anne: Vielen Dank Claire. Diese ist online verfügbar. Man kann auf der Cochrane Library Website "ESA" in der Suchleiste eingeben und dann wird einem der Link zu unserem Review weit oben angezeigt.

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