Telefoninterventionen für das Management von Symptomen für Erwachsene mit Krebserkrankungen

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Telefonische Interventionen bieten eine bequeme Möglichkeit zur Unterstützung des Selbstmanagements krebsbedingter Symptome für Erwachsene mit Krebs. Diese Interventionen werden immer wichtiger, da sich die Versorgung näher an den Wohnort der Patienten verlagert, Ressourcen und Kosten eingedämmt werden müssen und potentiell Anbieter aus dem freiwilligen Sektor Gesundheitsleistungen erbringen können. Es gibt etwas Evidenz für den Einsatz von telefonischen Interventionen zur Handhabung von Symptomen bei Erwachsenen mit Krebs; die meiste Evidenz bezieht sich auf vier häufig auftretende Symptome - Depression, Angst, emotionale Belastung und Erschöpfung. Einige telefonisch durchgeführte Interventionen wurden durch die Kombination mit persönlichen Treffen und der Bereitstellung von gedruckten oder digitalen Materialien ergänzt. Die Review-Autoren waren nicht in der Lage zu ermitteln, ob Telefoninterventionen allein oder in Kombination mit anderen Elementen eine optimale Verminderung der Symptome bewirkt; es scheint sehr wahrscheinlich, dass dies je nach Symptom variiert. Es ist bemerkenswert, dass trotz des Potenzials für Kosteneinsparungen durch Telefoninterventionen keine der untersuchten Studien irgendeine Form einer gesundheitsökonomischen Evaluation beinhaltete.

Weitere robuste und angemessen berichtete Studien werden für alle krebsbedingten Symptome benötigt, da die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz aus den in diesen Review eingeschlossenen Studien sehr niedrig und die Berichterstattung von unterschiedlicher Qualität war. Wissenschaftler müssen in Zukunft danach streben, die Variabilität zwischen den Studien zu vermindern. Die Studien in diesem Review sind durch klinische und methodische Vielfalt gekennzeichnet; das Ausmaß dieser Vielfalt erschwerte den Vergleich zwischen den Studien. Zumindest sollten Anstrengungen unternommen werden, die Messungen der Endpunkte zu standardisieren. Schließlich wurden die Studien durch den Einschluss kleiner Stichproben, die unzureichende verdeckte Gruppenzuteilung, die fehlende Verblindung der Beobachtenden und die kurze Dauer der Nachbeobachtung beeinträchtigt. Folglich sind die Schlussfolgerungen in Bezug auf die Symptome, die sich am besten durch telefonische Interventionen behandeln lassen, nur begrenzt aussagekräftig.

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Hintergrund: 

Menschen mit Krebs erleben eine Vielzahl von Symptomen als Folge ihrer Erkrankung und deren Behandlung. Ein unzureichendes Management dieser Symptome hat Auswirkungen auf patientenbezogene Endpunkte, darunter die Funktionsfähigkeit, das psychologische Wohlbefinden und die Lebensqualität. Ansätze, die Inzidenz und den Schweregrad von Krebssymptomen zu reduzieren, beinhalten die Entwicklung und Erprobung von psychoedukativen Interventionen zur Verbesserung des Selbstmanagagements der Symptome durch die Patienten. Mit dem Trend zur wohnortnahen Versorgung der Patienten sind telefonische psychoedukative Interventionen zur Bereitstellung von Unterstützung für das Management einer Reihe von Krebssymptomen entwickelt worden. Erste Hinweise deuten darauf hin, dass diese den Schweregrad der Symptome und den Leidensdruck durch ein verbessertes Selbstmanagement der Symptome reduzieren können.

Zielsetzungen: 

Ziel dieses Reviews war die Ermittlung der Wirksamkeit telefonischer Interventionen zur Linderung von Symptomen in Zusammenhang mit einer Krebserkrankung und deren Behandlung. Ein weiteres Ziel war es zu ermitteln, welche Symptome am besten auf telefonische Interventionen ansprechen. Ein weiteres Ziel war es zu ermitteln, ob bestimmte Konfigurationen (z.B. mit/ohne zusätzliche Unterstützung wie persönliche Gespräche, gedruckte oder elektronische Ressourcen) und die Dauer/Häufigkeit der Interventions-Anrufe die beobachtete Wirkung auf die Endpunkte der Krebssymptome verändert.

Suchstrategie: 

Wir durchsuchten die folgenden Datenbanken: das Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL; 2019, Ausgabe 1); MEDLINE über OVID (1946 bis Januar 2019); Embase über OVID (1980 bis Januar 2019); (CINAHL) über Athens (1982 bis Januar 2019); British Nursing Index (1984 bis Januar 2019); und PsycINFO (1989 bis Januar 2019). Wir durchsuchten Kongressberichte, um veröffentlichte Abstracts zu identifizieren, sowie SIGLE und Studienregister nach unveröffentlichten Studien. Wir durchsuchten die Referenzlisten aller eingeschlossenen Publikationen nach weiteren relevanten Studien. Schließlich führten wir eine Handsuche in den folgenden Fachzeitschriften durch: Cancer, Journal of Clinical Oncology, Psycho-Onkologie, Cancer Practice, Cancer Nursing, Oncology Nursing Forum, Journal of Pain and Symptom Management und Palliative Medicine. Wir beschränkten unsere Suche auf englischsprachige Publikationen.

Auswahlkriterien: 

Wir schlossen randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) und Quasi-RCTs ein, in denen eine oder mehrere telefonische Interventionen miteinander oder mit anderen Arten von Interventionen (z.B. eine persönliche Intervention) und/oder der Regelversorgung verglichen wurden. Die Studien mussten weiterhin als erklärtes Ziel körperliche oder psychische Symptome einer Krebserkrankung und deren Therapie behandeln und Erwachsenen (über 18 Jahre) mit einer klinischen Krebsdiagnose unabhängig von Tumortyp, Krebsstadium, Art der Behandlung und Zeitpunkt der Rekrutierung (z.B. vor, während oder nach der Behandlung) einschließen.

Datensammlung und ‐analyse: 

Die Studienauswahl, Datenextraktion und Datenanalyse führten wir unter Anwendung der Cochrane-Methoden durch. Wenn möglich, wurden Angstzustände, depressive Symptome, Erschöpfung, emotionale Belastung, Schmerzen, Unsicherheit, auf die Sexualität bezogene Symptome und Lungenkrebssymptome sowie die sekundären Endpunkte als standardisierte Mittelwertunterschiede (SMD) mit 95 % Konfidenzintervallen (KI) berichtet, und wir erstellten eine deskriptive Synthese der Studienergebnisse. Wir berichteten über die Ergebnisse entsprechend der untersuchten Symptome und Interventionstypen (z.B. nur Telefon, Telefon kombiniert mit anderen Elementen). Da viele Studien kleine Stichproben einschlossen und die Ausgangswerte für die Endpunkte in den Interventions- und Kontrollgruppen oft unterschiedlich waren, verwendeten wir die Veränderungswerte und ihre zugehörigen Standardabweichungen. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz wurde für jeden Endpunkt mit dem GRADE-Ansatz (Grading of Recommendations, Assessment, Development and Evaluation) bewertet.

Hauptergebnisse: 

32 Studien kamen für den Einschluss infrage; die meisten wiesen ein moderates Risiko für Bias auf, das oft mit der Verblindung zusammenhing. Insgesamt rekrutierten die Forscher 6250 Personen und untersuchten die Interventionen bei Personen mit einer Vielzahl von Krebsarten und über den gesamten Krankheitsverlauf hinweg, wobei viele Teilnehmende Brustkrebs oder Krebs im Frühstadium hatten und/oder gerade eine Behandlung begannen. In den Studien wurden die Symptome Angstzustände, Depression, emotionale Belastung, Unsicherheit, Erschöpfung und Schmerzen sowie auf die Sexualität bezogene Symptome und die allgemeine Intensität der Symptome und/oder die Belastung (Distress) gemessen.

Die Interventionen wurden hauptsächlich von Pflegefachkräften (n = 24) durchgeführt, von denen die meisten (n = 16) einen fachlichen Hintergrund in der Onkologie, Forschung oder Psychiatrie hatten. Zehn Interventionen wurden ausschließlich per Telefon durchgeführt; der Rest kombinierte das Telefon mit zusätzlichen Elementen (d.h. persönliche Beratungen und digitale/online/gedruckte Ressourcen). Die Anzahl der durchgeführten Anrufe reichte von 1 bis 18; die meisten Interventionen umfassten drei oder vier Anrufe.

21 Studien lieferten Evidenz für die Wirksamkeit von telefonisch durchgeführten Interventionen und die meisten schienen im Vergleich zur Kontrolle die Depressionssymptome zu reduzieren. Neun Studien lieferten quantitative Veränderungswerte (engl. Change Scores, CS) und die zugehörigen Standardabweichungen (oder diese konnten berechnet werden). Ebenso schienen viele Telefoninterventionen im Vergleich zur Kontrolle wirksam in Bezug auf die Linderung von Angstzuständen (16 Studien; 5 lieferten quantitative CS); Erschöpfung (9 Studien; 6 lieferten quantitative CS); und emotionaler Belastung (7 Studien; 5 lieferten quantitative CS). Aufgrund einer signifikanten klinischen Heterogenität in Bezug auf die Interventionen, die rekrutierten Studienteilnehmenden und die gemessenen Endpunkte wurde keine Metaanalyse durchgeführt.

Für andere Symptome (Unsicherheit, Schmerzen, sexuell bedingte Symptome, Dyspnoe und allgemeines Symptomerleben) war die Evidenz begrenzt; ebenso war eine Meta-Analyse nicht möglich und die Ergebnisse einzelner Studien waren größtenteils widersprüchlich, so dass es schwierig war, Schlussfolgerungen über ihre Behandlung durch telefonische Interventionen zu formulieren. Die Heterogenität war für alle Endpunkte über alle Studien hinweg erheblich.

Wir bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz für alle Endpunkte in diesem Review als sehr niedrig. Die Endpunkte wurden alle herabgestuft aufgrund von Bedenken bezüglich des häufig unklaren Risiko für Bias, der unzureichenden Präzision der Effektschätzer und aufgrund von Inkonsistenzen in den Ergebnissen sowie der allgemeinen Heterogenität.

Ungesicherte Evidenz deutet darauf hin, dass telefonische Interventionen möglicherweise in irgendeiner Form einen Platz im Management der Symptome von Erwachsenen mit Krebs haben. In Ermangelung zuverlässiger und homogener Evidenz ist jedoch Vorsicht bei der Interpretation der narrativen Synthese geboten. Darüber hinaus gab es keine eindeutige Muster in den Studien dazu, welche Formen von Interventionen (Telefon allein oder ergänzt durch andere Elemente) am effektivsten sind. Es ist nicht möglich, mit Gewissheit Schlüsse darüber zu formulieren, welche Formen von telefonischen Interventionen bei der Bewältigung der verschiedenen krebsbedingten Symptome, die Menschen mit Krebs erleben, am effektivsten sind.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

PLS: A. Wenzel, Abstract: S. Haug, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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