In diesem Review ging es um Erwachsene und Jugendliche mit HIV, die Anzeichen und Symptome einer Tuberkulose (TB) zeigen. Die TB-Diagnose kann mithilfe von Proben aus den Atemwegen gestellt werden – also aus Schleim oder Flüssigkeiten, die beim Husten oder mit Hilfe eines Schlauchs aus dem Rachen, der Lunge oder dem Magen entnommen werden. Auch Urin kann zur Diagnose verwendet werden. Wir wollten herausfinden, ob die gleichzeitige Anwendung zweier Schnelltests – eines automatisierten Tests an einer Atemwegsprobe (LC-aNAAT) und eines Urintests (LF-LAM) – zuverlässiger ist als die alleinige Anwendung des LC-aNAAT. Die gleichzeitige Anwendung beider Tests wird als Paralleltestung bezeichnet.
Kernaussagen
- Mit der Paralleltestung werden möglicherweise mehr Tuberkulosefälle entdecken als mit dem LC-aNAAT allein.
- Paralleltestung führt jedoch möglicherweise auch dazu, dass mehr Menschen fälschlicherweise als tuberkulosekrank diagnostiziert werden, die die Krankheit gar nicht haben. Dieser unerwünschte Effekt tritt wahrscheinlich häufiger in Regionen auf, in denen Tuberkulose seltener vorkommt.
- In Regionen, in denen Tuberkulose häufig vorkommt, könnte der mögliche Vorteil der Paralleltestung – nämlich mehr tatsächliche Tuberkulosefälle zu entdecken – größer sein als die möglichen Nachteile wie Fehldiagnosen, unnötige Behandlungen oder verzögerte Diagnosestellungen anderer Krankheiten.
Warum ist es wichtig, die Diagnose von Tuberkulose bei Menschen mit HIV zu verbessern?
Menschen mit HIV haben ein höheres Risiko, an Tuberkulose zu erkranken, als Menschen ohne HIV. Bei Menschen mit HIV zeigt sich Tuberkulose oft nur durch unspezifische Beschwerden. Außerdem ist es mit den üblichen Sputumtests (Untersuchung des Auswurfs) häufig schwierig, die Bakterien ( Mycobacterium tuberculosis ) nachzuweisen. Das liegt unter anderem an Problemen beim Abhusten einer Sputumprobe, die, selbst wenn es gelingt, möglicherweise nur sehr wenige Bakterien enthalten könnte. Außerdem kann die Tuberkulose auch andere Körperbereiche betreffen, nicht nur die Lunge. Weltweit ist die Tuberkulose die häufigste Ursache für Krankenhausaufenthalte und Todesfälle bei Menschen mit HIV – oft, weil die Krankheit zu spät erkannt oder gar nicht diagnostiziert wird.
Was ist Paralleltestung?
Paralleltestung bedeutet, dass zwei oder mehr Tests gleichzeitig durchgeführt werden, um eine Krankheit nachzuweisen. Wenn einer der Tests positiv ausfällt, gilt das gesamte Testergebnis bei der Paralleltestung als positiv. Wir untersuchten die Paralleltestung mit einem LC-aNAAT an einer Atemwegsprobe in Kombination mit einem LF-LAM an einer Urinprobe.
Was wollten wir herausfinden?
- Wie zuverlässig erkennen Paralleltests alle Formen von Tuberkulose bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 10 Jahren mit HIV, die Anzeichen oder Symptome einer Tuberkulose haben?
- Wie zuverlässig ist die Paralleltestung im Vergleich zur alleinigen Verwendung des LC-aNAAT, um eine Tuberkulose zu erkennen?
Wie gingen wir vor?
Wir suchten nach Studien, in denen untersucht wurde, wie zuverlässig der LC-aNAAT (Atemwegsprobe) und der LF-LAM (Urinprobe) Tuberkulose bei Erwachsenen und Jugendlichen mit HIV erkennen. Wir fassten die Ergebnisse dieser Studien zusammen.
Was fanden wir?
In die Auswertung wurden 27 Studien mit insgesamt 12.651 Teilnehmenden einbezogen. Bei 2368 von ihnen (etwa 19 %) war eine Tuberkulose bestätigt worden.
Die Teilnehmenden stammten aus 19 Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen, in denen sowohl HIV als auch Tuberkulose häufig vorkommen. Viele Studien stammten aus Ländern in Afrika südlich der Sahara. An einer Studie nahmen Jugendlichen teil, an den restlichen Studien Erwachsene.
Genauigkeit der Paralleltestung
Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass in einer Gruppe von 1000 Personen, von denen 200 (20 %) tatsächlich an Tuberkulose erkrankt sind, die Paralleltestung möglicherweise:
- 155 Personen korrekt als tuberkulosekrank erkennt, jedoch 45 weitere Erkrankte übersieht. Von den verbleibenden 800 Personen ohne Tuberkulose werden möglicherweise 715 korrekt als nicht an Tuberkulose erkrankt erkannt, während 85 fälschlicherweise als tuberkulosekrank diagnostiziert werden.
Paralleltestung im Vergleich zum alleinigen Atemwegs-LC-aNAAT
Die Ergebnisse zeigen: Wenn bei 1000 Personen – von denen 200 (20 %) tatsächlich an Tuberkulose erkrankt sind – eine Paralleltestung statt eines alleinigen LC-aNAAT durchgeführt wird, werden:
- möglicherweise 13 zusätzliche Personen mit Tuberkulose richtig erkannt, die beim alleinigen Einsatz des LC-aNAAT übersehen worden wären – das heißt, es gäbe 13 weniger falsch-negative Ergebnisse. Andererseits würden bei der Paralleltestung im Vergleich zur alleinigen Anwendung des LC-aNAAT möglicherweise 54 Personen mehr, die keine Tuberkulose haben, fälschlicherweise als tuberkulosekrank diagnostiziert – das heißt, es gäbe 54 zusätzliche falsch-positive Ergebnisse.
Was schränkt die Evidenz ein?
Die Evidenz zur Paralleltestung bei Jugendlichen ist bislang begrenzt. Obwohl viele Erwachsene aus unterschiedlichen Umfeldern in die Studien einbezogen wurden, war nur eine geringe Zahl von Jugendlichen daran beteiligt.
In einigen der Studien, die wir untersucht haben, wurden Personen ausgeschlossen, die keine Sputum- oder Urinprobe abgeben konnten. Das könnte dazu geführt haben, dass die Aussagekraft der Paralleltests entweder unterschätzt oder überschätzt wurde.
Weil es schwierig ist, Tuberkulose bei Menschen mit HIV nachzuweisen, ist auch der sogenannte Referenzstandard zur Bestätigung einer TB-Erkrankung unter Umständen nicht zuverlässig. Das bedeutet, dass die Aussagekraft der Paralleltests möglicherweise zu hoch oder zu niedrig eingeschätzt wurde. Einige Studien verwendeten einen anderen Referenzstandard – einen sogenannte zusammengesetzten Referenzstandard – und kamen dabei zu anderen Ergebnissen. Diese Ergebnisse sind jedoch sehr unsicher.
Wie aktuell ist die Evidenz?
Die Evidenz basiert auf Recherchen, die bis zum 3. November 2023 durchgeführt wurden.
A. Zink, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland