Kernaussagen
- Im Vergleich zu einem Placebo (eine wirkstofffreie Tablette) führen Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (eine Klasse von Antidepressiva) bei Menschen mit Kreuzschmerzen wahrscheinlich zu einer leichten Schmerzreduktion und einer minimalen Funktionsverbesserung. Bei einigen Menschen kann es zu unerwünschten Wirkungen kommen, wenn sie diese Medikamente einnehmen.
- Im Vergleich zu einem Placebo führen trizyklische Antidepressiva (eine Klasse von Antidepressiva) bei Menschen mit Kreuzschmerzen vermutlich zu einer leichten Verbesserung der Funktion, beeinflussen jedoch die Schmerzintensität wahrscheinlich kaum oder gar nicht.
- Wir wissen nicht, welche Wirkungen Antidepressiva bei der Behandlung von wirbelsäulenbedingten Beinschmerzen haben.
Was sind Kreuzschmerzen und wirbelsäulenbedingte Beinschmerzen?
Kreuzschmerzen (Schmerzen im unteren Rücken) sind weltweit eine der führenden Ursachen für körperliche Beeinträchtigung. Die meisten Fälle von Kreuzschmerzen werden als "unspezifisch" bezeichnet, da sie nicht durch eine eindeutige Schädigung der Wirbelsäule verursacht werden. Bei vielen Menschen mit Kreuzschmerzen strahlen diese Schmerzen zusätzlich ins Bein aus, was hier als wirbelsäulenbedingte Beinschmerzen bezeichnet wird.
Wie wirken Antidepressiva bei unspezifischen Kreuzschmerzen und wirbelsäulenbedingten Beinschmerzen?
Antidepressiva sind eine Medikamentengruppe, die ursprünglich zur Behandlung von Depressionen entwickelt wurde. Die am häufigsten verwendeten Wirkstoffklassen sind Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs), selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) sowie trizyklische Antidepressiva. Man geht davon aus, dass Antidepressiva Schmerzen lindern, indem sie die Weiterleitung von Schmerzsignalen im Nervensystem hemmen. Bei manchen Menschen, die Antidepressiva einnehmen, können unerwünschte Wirkungen wie Mundtrockenheit und Übelkeit auftreten.
Was wollten wir herausfinden?
Wir wollten herausfinden, ob Antidepressiva bei Kreuzschmerzen und wirbelsäulenbedingten Beinschmerzen wirksamer sind als ein Placebo, die übliche Versorgung oder keine Behandlung. Wir haben auch untersucht, ob Antidepressiva mit unerwünschten Wirkungen verbunden sind.
Wie gingen wir vor?
Wir haben nach Studien gesucht, in denen Antidepressiva mit Placebo, der üblichen Versorgung oder keiner Behandlung bei Menschen mit Kreuzschmerzen oder wirbelsäulenbedingten Beinschmerzen verglichen wurden. Wir fassten die Ergebnisse der Studien zusammen, verglichen sie und bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz anhand von Faktoren wie der Studienmethodik und der Studiengröße.
Was fanden wir?
Dies ist eine Aktualisierung eines erstmals 2008 veröffentlichten Cochrane Reviews. Wir fanden 26 Studien mit 2932 Personen: 18 Studien umfassten 2535 Personen mit Kreuzschmerzen, sieben Studien umfassten 329 Personen mit wirbelsäulenbedingten Beinschmerzen und eine Studie umfasste 68 Personen mit jeweils einer der beiden Erkrankungen. Das Durchschnittsalter der Teilnehmenden lag zwischen 27 und 59 Jahren. In 62 % der Studien hatten die Teilnehmenden 'chronische' Symptome, d.h. sie dauerten länger als 3 Monate an. Die Studienzeiträume umfassten einen Tag bis 6 Monate. Die Studien untersuchten Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, trizyklische Antidepressiva, tetrazyklische Antidepressiva oder andere Arten von Antidepressiva (zusammengefasst als "andere Antidepressiva"), die alle mit Placebo verglichen wurden. Die Studien wurden auf der ganzen Welt durchgeführt, die meisten jedoch in Ländern mit hohem Einkommen, darunter die USA, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Japan und Australien. Fast die Hälfte der einbezogenen Studien wurde von Pharmaunternehmen finanziert.
Hauptergebnisse
Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer führen bei Kreuzschmerzen wahrscheinlich zu einer leichten Schmerzreduktion und einer minimalen Funktionsverbesserung.
Trizyklische Antidepressiva führen bei Kreuzschmerzen wahrscheinlich zu einer leichten Funktionsverbesserung, verringern aber wahrscheinlich nicht die Schmerzintensität.
Wir wissen nicht, ob selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, tetrazyklische Antidepressiva oder andere Antidepressiva die Schmerzintensität verringern und die Funktion bei Menschen mit Kreuzschmerzen verbessern.
Bei Menschen mit wirbelsäulenbedingten Beinschmerzen wissen wir nicht, ob irgendeines der Antidepressiva Schmerzen reduziert und die Funktion verbessert.
Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer erhöhen wahrscheinlich das Risiko, unerwünschte Wirkungen zu erfahren. Es ist unklar, ob die anderen Antidepressiva-Klassen das Risiko unerwünschter Wirkungen und schwerer unerwünschter Ereignisse erhöhen.
Was schränkt die Evidenz ein?
Unser Vertrauen in die Evidenz für Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer und trizyklische Antidepressiva ist nur mäßig, da nicht alle Studien Daten zu allen Aspekten lieferten, die uns interessierten.
Unser Vertrauen in die übrige Evidenz dieses Reviews ist gering oder nicht vorhanden, da nicht alle Studien alle für uns relevanten Daten lieferten, die Stichprobengrößen sehr klein waren und die Anzahl der Studien insgesamt nicht ausreichte, um verlässliche Schlussfolgerungen zu den Endpunkten, die uns interessierten, zu ziehen.
Es ist möglich, dass die Ergebnisse künftiger Studien die Ergebnisse dieses Reviews verändern werden.
Wie aktuell ist die Evidenz?
Dieser Review ist eine Aktualisierung einer vorherigen Version. Die Evidenz ist auf dem Stand von November 2024.
B. Schindler, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland