Konvektive Wasserdampfablation zur Behandlung von Symptomen des unteren Harntrakts bei Männern mit benigner Prostatahyperplasie

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Im Vergleich zu einer Scheinbehandlung scheinen sich urologische Symptomwerte und die Lebensqualität mit der Anwendung der konvektiven Wasserdampfablation zu verbessern. Es besteht allerdings Unsicherheit hinsichtlich der Häufigkeit schwerwiegender unerwünschter Ereignisse. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz reichte von moderat bis sehr niedrig; hierbei waren Limitationen der Studien und unzureichende Präzision die häufigsten Gründe für eine Herabstufung. Die dargestellten Ergebnisse basieren auf einer einzelnen industriegesponserten Studie mit einer kurzen Nachbeobachtungszeit von 3 Monaten. Es konnten keine Studien identifiziert werden, in denen die konvektive Wasserdampfablation mit einer anderen aktiven Behandlungsform, wie beispielsweise TUR-P, verglichen wurde.

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Hintergrund: 

Zur Behandlung von Symptomen des unteren Harntrakts (LUTS) bei Männern mit benigner Prostatahyperplasie (BPH) stehen neue minimal-invasive Operationen als Alternative zur transurethralen Resektion der Prostata (TUR-P) zur Verfügung. Die konvektive Wasserdampfablation (Rezūm) ist eine neuartige Methode, bei der Wasserdampfenergie gezielt und kontrolliert eingesetzt wird, um Nekrosen im Prostatagewebe herbeizuführen.

Zielsetzungen: 

Ziel dieses Reviews war es, die Wirkungen der konvektiven Wasserdampfablation zur Behandlung von Symptomen des unteren Harntrakts bei Männern (LUTS) mit BPH zu ermitteln.

Suchstrategie: 

Eine umfassende Literaturrecherche erfolgte in mehreren Datenbanken (Cochrane Library, MEDLINE, Embase, Latin American and the CaribbeanHealth Sciences Literature, Scopus, Web of Science), Studien-Registern, weiteren Quellen für graue Literatur und Tagungsbänden, die bis einschließlich 18. Februar 2020 veröffentlicht worden waren. Es wurden keine Einschränkungen hinsichtlich der Sprache oder des Publikationsstatus vorgenommen.

Auswahlkriterien: 

Eingeschlossen wurden randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) mit parallelen Gruppen, Cluster-RCTs und nicht-randomisierte prospektive Beobachtungsstudien mit gleich laufenden Vergleichsgruppen, in denen sich Männer mit BPH einer konvektiven Wasserdampfablation, einer anderen aktiven Therapie oder einer Scheinbehandlung (sham procedure) unterzogen.

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei Autoren sichteten unabhängig voneinander die Literatur, extrahierten Daten und bewerteten das Risiko für Bias. Die statistischen Analysen sollten unter Anwendung eines Random-effects-Modells durchgeführt und entsprechend dem Cochrane Handbook for Systematic Reviews of Interventions interpretiert werden. Die Bewertung der Vertrauenswürdigkeit der Evidenz erfolgte nach dem GRADE-Ansatz.

Hauptergebnisse: 

Eingeschlossen wurde ein einzelne industriegesponsorte RCT mit 197 randomisierten Männern, bei dem die konvektive Wasserdampfablation mit einer Scheinprozedur verglichen wurde. Das mittlere Alter lag bei 62,9 Jahren, der International Prostate Symptom Score (IPSS) bei 21,97 und das mittlere Prostatavolumen bei 45,4 ml. Es lagen lediglich kurzfristige Nachbeobachtungsdaten für einen Zeitraum von 3 Monaten vor.

Primäre Endpunkte

Die Wasserdampfablation verbessert urologische Symptomwerte möglicherweise stärker als eine Scheinprozedur, gemessen auf einer IPSS-Skala (0 bis 35; ein höherer Wert steht für ausgeprägtere urologische Symptome), und zwar um eine mittlere Differenz (MD) von -6,9 (95% Konfidenzintervall (KI) -9,06 bis -4,74; 195 Männer; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz) und verbessert wahrscheinlich die Lebensqualität (QoL), gemessen auf einer IPSS-QoL-Skala (0 bis 6; ein höherer Wert steht für schlechtere QoL) um eine MD von -1,2 (95% KI -1,66 bis -0,74; 195 Männer; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Eine große Unsicherheit besteht hinsichtlich des Auftretens schwerwiegender unerwünschter Ereignisse durch die Anwendung der konvektiven Wasserdampfablation (Risiko-Ratio (RR) 6,79, 95% KI 0,39 bis 117,00; 197 Männer; sehr niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), die nach dem Clavien-Dindo-Klassifizierungssystem der Komplikationen III, IV und V bewertet werden.

Sekundäre Endpunkte

Eine große Unsicherheit besteht auch hinsichtlich der Wirkungen der konvektiven Wasserdampfablation auf Behandlungswiederholungen (RR 1,36, 95% KI 0,06 - 32,86; 197 Männer; sehr niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Die konvektive Wasserdampfablation hat möglicherweise keine oder nur eine geringe Wirkungen auf die erektile Funktion (MD 0,4, 95% KI -1,91 - 2,71; 130 Männer; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz) sowie auf die Ejakulationsfunktion (MD 0,5, 95% KI -0,83 - 1,83; 130 Männer; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Die konvektive Wasserdampfablation erhöht möglicherweise das Auftreten von geringfügigen unerwünschten Ereignissen, die nach dem Clavien-Dindo-Klassifizierungssystem für Komplikationen von Grad I und II bewertet werden (RR 1,89, 95% KI 1,15 bis 3,11; 197 Männer; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Dieses Ergebnis würde 434 geringfügigen unerwünschten Ereignissen pro 1000 Männern (95% KI 264 mehr bis 714 mehr) entsprechen. Es besteht eine große Unsicherheit hinsichtlich des Einflusses der konvektiven Wasserdampfablation auf das Auftreten eines akuten Harnverhalts (RR 4,98, 95% KI 0,28 bis 86,63; 197 Männer; sehr niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Die konvektive Wasserdampfablation erhöht die Zahl der Männer, die einen Harnblasendauerkatheter benötigen, wahrscheinlich erheblich (RR 35,58, 95% KI 15,37 bis 82,36; 197 Männer; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).

Keine der vorab definierten Sekundäranalysen konnte durchgeführt werden.

Es gab keine Evidenz für andere Vergleiche, wie zum Beispiel den Vergleich zwischen der konvektiven Wasserdampfablation mit TUR-P oder anderen minimal-invasiven Techniken.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

A. Miernik, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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