Stufenweises (algorithmusgestütztes) Schmerzmanagement für Menschen mit Demenz, die in Pflegeheimen leben

Was ist das Ziel dieses Reviews?

Wir wollten herausfinden, wie Pflegende Schmerzen bei Pflegeheimbewohnern mit Demenz, die unter Schmerzen leiden, am besten behandeln können. Beim Schmerzmanagement geht es darum, den Schmerz einzuschätzen und bei Bedarf eine Schmerzbehandlung durchzuführen. Wir wollten herausfinden, ob eine stufenweise Anleitung (ein Algorithmus) zur Erfassung und Behandlung von Schmerzen Pflegende darin unterstützen kann Schmerzen oder herausforderndes Verhalten (wie Schlagen, Schreien oder Umherlaufen) zu verringern.

Was wurde in dem Review untersucht?

Pflegeheimbewohner mit Demenz haben häufig Schmerzen. Allerdings können sie häufig den Pflegenden nicht mitteilen, dass sie Schmerzen haben, weshalb es schwierig sein kann, Schmerzen zu erkennen. Es ist bekannt, dass Pflegeheimbewohner mit Demenz weniger Schmerzmittel erhalten als diejenigen ohne demenzielle Erkrankungen. Unbehandelte Schmerzen können sich negativ auf das Wohlbefinden und die Gesundheit auswirken und auch ein Grund für herausforderndes Verhalten, wie z. B. Aggressionen, sein. Die Verwendung einer detaillierten stufenweisen Anleitung für Pflegende, in diesem Review als Algorithmus bezeichnet, soll das Schmerzmanagement verbessern. Ein Algorithmus beginnt mit einer strukturierten Schmerzerfassung und benennt verschiedene Therapieschritte mit bestimmten nicht-medikamentösen oder medikamentösen Maßnahmen zur Schmerzbehandlung. Bei Hinweisen auf Schmerzen, wird die im ersten Schritt beschriebene Behandlung durchgeführt. Führt diese Behandlung nicht zu einer Schmerzlinderung, wird die Behandlung aus dem nächsten Schritt angewendet, und so weiter.

Studien, die in diesen Review eingeschlossen wurden

Im Juni 2021 suchten wir nach Studien, die das Schmerzmanagement mittels eines Algorithmus untersuchten. Wir fanden drei Studien mit 808 Teilnehmenden. In zwei dieser Studien wurde das Algorithmus-basierte Schmerzmanagement mit einer Schulung der Pflegenden zu Schmerzen und Demenz verglichen. In einer Studie wurde das Algorithmus-basierte Schmerzmanagement mit der Standardbehandlung verglichen.

Die Schmerzintensität und der Schweregrad der Demenz unterschieden sich bei den Teilnehmenden in den drei Studien. In einer Studie nahmen alle Bewohner der Pflegeheime teil, die meisten hatten aber zu Beginn der Studie keine oder fast keine Schmerzen (weniger als die Hälfte der eingeschlossenen Pflegeheimbewohner gab an, Schmerzen zu haben). In zwei Studien nahmen Bewohner mit leichten bis moderaten Schmerzen teil. In einer Studie hatten die Pflegeheimbewohner leichte oder mittelschwere Demenz und in zwei Studien hatten die Bewohner eine schwere Demenz.

In zwei Studien gaben die Teilnehmenden mit Demenz, die dazu in der Lage waren, selbst Auskunft über ihre Schmerzen; die Pflegenden beurteilten ebenfalls, ob die Teilnehmenden Anzeichen von Schmerz zeigten. In der dritten Studie wurden die Schmerzen von den Wissenschaftlern bewertet, aber nicht von den Pflegeheimbewohnern selbst. Um zu beurteilen, ob Teilnehmende Schmerzen hatten, beobachteten die Pflegenden und Wissenschaftler die Mimik, Gestik und Atmung der Bewohner.

Was sind die wichtigsten Ergebnisse?

Bei der Studie, in der die Teilnehmer zu Beginn im Durchschnitt keine oder fast keine Schmerzen angaben, sind wir nicht sicher, ob das Algorithmus-basierte Schmerzmanagement einen Einfluss auf die Schmerzintensität der Pflegeheimbewohner hat. Dies galt unabhängig davon, ob die Pflegeheimbewohner selbst über ihre Schmerzen Auskunft gaben oder ob die Pflegenden die Schmerzintensität beurteilten. Ebenso wenig konnten wir aus dieser Studie erfahren, ob das Algorithmus-basierte Schmerzmanagement herausforderndes Verhalten verringert.

Für Personen mit leichten bis moderaten Schmerzen fanden wir heraus, dass ein Algorithmus-basiertes Schmerzmanagement im Vergleich zur Schulung der Pflegenden vermutlich nur geringe oder keine Auswirkungen auf die von den Teilnehmenden selbst eingeschätzte Schmerzintensität hat (basierend auf den Ergebnissen einer Studie). Wenn die Schmerzeinschätzung durch andere Personen durchgeführt wurde (sogenannte "Proxies", z. B. Pflegende oder Wissenschaftler), war das Algorithmus-basierte Schmerzmanagement möglicherweise besser als die Standardbehandlung, wobei sie aber vermutlich nicht besser wirkt als die Schulung der Pflegenden zu Schmerzen und Demenz. Es ist jedoch schwierig zu beurteilen, wie genau eine von einer anderen Person abgegebenen Einschätzung von Schmerzen tatsächlich ist.

Aufgrund der geringen Anzahl der eingeschlossenen Studien, der Unterschiede bei der Schmerzintensität und den Schweregraden der Demenz bei den Pflegeheimbewohnern zu Beginn der Studien und sowie der Qualität der Studien insgesamt, ist unser Vertrauen in die Ergebnisse begrenzt.

Keine der Studien untersuchte negative Effekte des Algorithmus-basierten Schmerzmanagements und in keiner Studie wurden solche negativen Effekte beschrieben.

Was ist die Schlussfolgerung?

Wir fanden keine belastbare Evidenz dafür, dass die Einführung eines Algorithmus-basierten Schmerzmanagements bei Pflegeheimbewohnern mit Demenz besser wäre bei der Verringerung von Schmerzen und herausforderndem Verhalten als eine Schulung der Pflegenden. Möglicherweise ist es aber besser als die Standardbehandlung bei der Verringerung von Schmerzen (bei Bewertung durch eine andere Person). Die Menge der verfügbaren Evidenz war gering, und wir können uns der Ergebnisse nicht sicher sein. Weitere Forschung in diesem Bereich wäre wertvoll.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

J. Distel, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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