Einsatz von Point-of-Care-Schnelltests auf Streptokokken als Entscheidungshilfe für Ärzte in der Primärversorgung, die bei Halsschmerzen Antibiotika verschreiben

Fragestellung des Reviews

Können Point-of-Care-Schnelltests dazu beitragen, die Verschreibung von Antibiotika in der Primärversorgung bei akuten Halsschmerzen zu verringern?

Hintergrund

Schmerzen im Hals- und Rachenraum sind einer der häufigsten Gründe für das Aufsuchen einer Hausarztpraxis. Sie können durch Viren oder Bakterien verursacht werden. Die bei Hals- und Rachenentzündungen am häufigsten identifizierte Bakterienart sind A-Streptokokken ("Streptokokken-Infektion"). Bei Entzündungen des Hals- und Rachenraums sind Antibiotika weiterhin ein häufig verschriebenes Mittel, obwohl die Mehrheit dieser Entzündungen hauptsächlich durch Viren entstehen. Bei viralen Infekten ist die Gabe von Antibiotika unwirksam und unnötig. Die berechtigte Sorge ist, dass Antibiotika möglicherweise Nebenwirkungen verursachen, die zu Antibiotikaresistenz beitragen, was wiederum zu schwer zu behandelnden Infektionen führt. Die Unterscheidung zwischen Halsentzündungen viralen und bakteriellen Ursprungs allein durch Beobachtung (klinische Unterscheidung) ist selbst für erfahrene Ärzte eine besondere Herausforderung. Die Untersuchung der im Rachenraum entnommenen Bakterienkultur mittels gezieltem Abstrich benötigt möglicherweise bis zu 48 Stunden (oder länger) Zeit. Deshalb wurden Schnelltests entwickelt. Derzeit gibt es mehrere Schnelltests, um bei Halsschmerzen eine Streptokokken-Infektion der Gruppe A nachzuweisen. Sie können beim Aufsuchen eines Allgemeinmediziners wegen Halsschmerzen kurzfristig während der Sprechstunde durchgeführt werden. Diese Schnelltests könnten dazu beitragen, die Verschreibung von Antibiotika zu reduzieren, indem bei Menschen mit einem negativen Testergebnis keine Antibiotika verschrieben werden. Um die Wirksamkeit und Sicherheit von Schnelltests in der hausärztlichen Versorgung beurteilen zu können, werteten wir die verfügbare Evidenz von randomisierten kontrollierten Studien (ein Studientyp, bei dem die Teilnehmer nach dem Zufallsprinzip einer von zwei oder mehr Behandlungsgruppen zugeteilt werden) aus.

Studienmerkmale

Wir suchten nach randomisierten kontrollierten Studien, die bis Juni 2019 in einer beliebigen Sprache veröffentlicht wurden. Wir identifizierten fünf randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 2.545 Teilnehmenden, die Schmerzen im Hals- und Rachenraum hatten und damit in der Allgemeinarztpraxis waren.

Hauptergebnisse

Teilnehmende der Schnelltest-Gruppe erhielten seltener ein Antibiotika-Rezept als Teilnehmende, die aufgrund rein klinischer Gründe bzw. Aspekte behandelt wurden (481/1.197 versus 865/1.348). Durch den Einsatz von Schnelltests in der hausärztlichen Versorgung kann wahrscheinlich eine 25 %-ige Reduktion (d.h. ein Rückgang um 25 Prozentpunkte) der Antibiotika-Verschreibungsraten bei Schmerzen im Hals- und Rachenraum erreicht werden. Es kann jedoch sein, dass die Anzahl der ausgegebenen Antibiotika-Behandlungen zwischen den Gruppen nur geringfügig oder gar nicht gesenkt wird. Antibiotika-Verschreibungen beziehen sich auf Medikamente, die von Gesundheitsfachpersonal verschrieben werden. Die Ausgabe von Antibiotika bezieht sich auf Medikamente, die in Apotheken ausgegeben werden. In einigen Fällen kann es vorkommen, dass Patienten nicht in der Apotheke erscheinen, um ihr Rezept einzulösen. Vier Studien berichteten Daten zur Anzahl der Teilnehmenden mit einer Komplikation, die auf die ursprüngliche Infektion zurückzuführen war (z. B. Tonsillarabszess): Komplikationen waren selten (0 bis 3 pro Studie) und es gibt möglicherweise nur einen geringen oder gar keinen Unterschied zwischen Personen, die man aufgrund ausschließlich klinischer Gründe behandelte und solchen, die man anhand von Schnelltests behandelte. Die Evidenz hierzu ist jedoch sehr unsicher.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz

Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz stuften wir für die Anzahl der Teilnehmenden, die ein Antibiotikum verschrieben bekamen, als moderat ein, für die Anzahl der Teilnehmenden, die ein Antibiotikum erhielten war sie niedrig, und für die Anzahl der Teilnehmenden mit einer Komplikation, die auf die Halsentzündung zurückzuführen war (z.B. Tonsillarabszess), war sie sehr niedrig.

Schlussfolgerungen

Verglichen mit der üblichen Entscheidungsfindung, die allein auf der klinischen Untersuchung basiert, kann die Einführung von Schnelltests die Antibiotika-Verschreibungsrate senken, dies hat aber möglicherweise nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf die Ausgabe von Antibiotika. Es sind weitere Studien erforderlich, um andere für die Patienten wichtige Endpunkte, einschließlich der Sicherheit zu bewerten.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Zelck, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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