Medikamentöse und chirurgische Behandlung von Harnsteinen bei Kindern

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Aufgrund der zum großen Teil sehr niedrigen Qualität der Evidenz für die meisten Vergleiche und Endpunkte sind wir uns über die Effekte bei fast allen medikamentösen oder chirurgischen Behandlungsmethoden für die Urolithiasis bei Kindern unsicher. Häufige Gründe für eine Herabstufung der Qualität der Evidenz waren: Limitationen der Studien (Risiko für Bias), Indirektheit und unzureichende Präzision. Diese Belange erschweren es, klinische Schlussfolgerungen zu ziehen. Es ist wichtig, dass Betroffene, Ärzte und Entscheidungsträger sich dieser Limitationen der Evidenz bewusst sind. Es werden dringend Studien von besserer Qualität benötigt, welche die patientenrelevanten Endpunkte bei Kindern mit Urolithiasis erheben, um diese in zukünftige Richtlinien zur Behandlung dieser Erkrankung einfließen zu lassen.

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Hintergrund: 

Bei der Urolithiasis bilden sich kristalline Mineralablagerungen (Steine) im Harntrakt. Harnsteine können in jedem Teil des Harntrakts lokalisiert sein. Betroffene Kinder können sich mit Bauchschmerzen, blutigem Urin oder Infektionszeichen präsentieren. Eine radiologische Evaluation wird zur Diagnosebestätigung sowie zur Bestimmung von Steingröße, Lokalisation und Grad der möglichen Obstruktion genutzt.

Zielsetzungen: 

Ziel des Reviews ist die Beurteilung der Wirksamkeit der verschiedenen medikamentösen und operativen Methoden zur Behandlung von Harnsteinen in Nieren oder Harnleitern bei Kindern.

Suchstrategie: 

Wir durchsuchten das Cochrane Register of Controlled Trials (CENTRAL), MEDLINE (Ovid), Embase (Ovid) sowie das World Health Organization International Clinical Trials Registry Plattform Search Portal und ClinicalTrials.gov. Wir durchsuchten Referenzlisten der gefundenen Artikel und führten eine elektronische Suche nach Konferenzbeiträgen aus den Jahren 2012 bis 2017 durch. Die letzte Suche in allen elektronischen Datenbanken fand am 31.12.2017 statt, und es wurden keine Einschränkungen hinsichtlich der Sprache vorgenommen.

Auswahlkriterien: 

Wir schlossen alle randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) und quasi-RCTs ein, die Interventionen bei Steinen im oberen Harntrakt bei Kindern untersuchten. Diese beinhaltete Stoßwellenlithotripsie (Stoßwellentherapie), perkutane Nephrolithotripsie, Ureterorenoskopie, offene Chirurgie und die medikamentöse Expulsionstherapie bei Steinen im oberen Harntrakt bei Kindern im Alter von 0 bis18 Jahren.

Datensammlung und ‐analyse: 

Wir verwendeten standardisierte Methoden nach Cochrane-Leitlinien. Zwei Autoren des Reviews suchten und beurteilten unabhängig voneinander die Studien hinsichtlich ihrer Einschlussfähigkeit und führten die Datenextraktion durch. Die Beurteilung des Risikos für Bias wurde durch drei Autoren unabhängig voneinander vorgenommen. Zur Datensynthese und -analyse haben wir mit dem Review Manager 5 gearbeitet. Wir verwendeten die GRADE-Klassifikation zur Beurteilung der Qualität der Evidenz.

Hauptergebnisse: 

Wir schlossen 14 Studien mit insgesamt 978 randomisierten Teilnehmern in unseren Review ein und führten acht Vergleiche durch. Die Studien, die in die meisten Vergleiche eingingen, wiesen in den meisten Domänen ein hohes oder unklares Risiko für Bias auf.

Stoßwellenlithotripsie (SWL) vs. Litholyse bei intrarenalen Steinen: Basierend auf einer Studie (87 Teilnehmer) und durchgehend sehr niedriger Qualität der Evidenz sind wir uns über die Effekte von SWL auf die Steinfreiheitsrate (SFR), schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder Komplikationen der Behandlung sowie auf die Notwendigkeit von Folgeeingriffen bei Restfragmenten unsicher.

Langsame Stoßwellenlithotripsie vs. schnelle Stoßwellenlithotripsie bei Nierensteinen: Basierend auf einer Studie (60 Teilnehmer) und durchgehend sehr niedriger Qualität der Evidenz sind wir uns über die Effekte der SWL auf die SFR, schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder Komplikationen der Behandlung sowie auf die Notwendigkeit von Folgeeingriffen bei Restfragmenten unsicher.

Stoßwellenlithotripsie vs. Ureteroskopie mit Holmium-Laser oder pneumatischer Lithotripsie bei Nieren- und distalen Uretersteinen: Basierend auf drei Studien (153 Teilnehmer) und durchgehend sehr niedriger Qualität der Evidenz sind wir uns über die Effekte der SWL auf die SFR, schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder Komplikationen der Behandlung sowie auf die Notwendigkeit von Folgeeingriffen bei Restfragmenten unsicher.

Stoßwellenlithotripsie vs. mini-perkutane Nephrolithotripsie bei Nierensteinen: Basierend auf einer Studie (212 Teilnehmer) hat die SWL wahrscheinlich eine niedrigere SFR (RR 0,88, 95% Konfidenzintervall (KI) 0,80 bis 0,97; moderate Qualität der Evidenz); dies entspricht 113 weniger steinfreien Patienten pro 1000 (189 weniger bis 28 weniger). Bei der SWL scheinen schwerwiegende unerwünschte Ereignisse seltener zu sein (RR 0,13, 95% KI 0,02 bis 0,98; niedrige Qualität der Evidenz); dies entspricht 66 weniger schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen oder Komplikationen pro 1000 (74 weniger bis 2 weniger). Die Raten an Folgeeingriffen könnten bei der SWL höher sein (RR 2,50, 95% KI 1,01 bis 6,20; niedrige Qualität der Evidenz); dies entspricht 85 mehr Folgeeingriffen pro 1000 (1 mehr bis 294 mehr).

Perkutane Nephrolithothripsie vs. tubeless-perkutane Nephrolithotripsie bei Nierensteinen: Basierend auf einer Studie (23 Teilnehmer) und durchgehend sehr niedriger Qualität der Evidenz sind wir uns über die Effekte der perkutanen Nephrolithothripsie auf die SFR, schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder Komplikationen der Behandlung sowie auf die Notwendigkeit von Folgeeingriffen bei Restfragmenten unsicher.

Perkutane Nephrolithotripsie vs. tubeless mini-perkutane Nephrolithotripsie bei Nierensteinen: Basierend auf einer Studie (70 Teilnehmer) sind die SFR wahrscheinlich ähnlich (RR 1,03, 95% KI 0,93 bis 1,14; moderate Qualität der Evidenz); dies entspricht 28 mehr pro 1000 (66 weniger bis 132 mehr). Wir fanden keine Daten bezüglich schwerwiegender unerwünschter Ereignisse. Aufgrund sehr niedriger Qualität der Evidenz sind wir uns über die Rate an Folgeeingriffen unsicher.

Alpha-Blocker vs. Placebo mit oder ohne Analgetika bei distalen Uretersteinen: Basierend auf sechs Studien (335 Teilnehmer) könnten Alpha-Blocker die SFR erhöhen (RR 1,34, 95% KI 1,16 bis 1,54; niedrige Qualität der Evidenz); dies entspricht 199 mehr steinfreien Patienten pro 1000 (94 mehr bis 317 mehr). Aufgrund sehr niedriger Qualität der Evidenz sind wir uns über schwerwiegende unerwünschte Ereignisse oder Komplikationen sowie Notwendigkeit von Folgeeingriffen unsicher.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

K. Wilhelm, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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