Behandlung von akutem Hörverlust durch Verabreichung von Kortikoiden in das Mittelohr

Was ist ein akuter Hörverlust?

Ein plötzlicher Hörverlust ist eine Erkrankung, bei der es plötzlich (in der Regel binnen 72 Stunden) zu einem teilweisen oder völligen Verlust des Hörvermögens kommt.

Wie wird plötzlicher Hörverlust behandelt?

Ein akuter Hörverlust wird oft mit Kortikoiden behandelt, die entzündungshemmend wirken. Die Medikamente werden meistens entweder oral eingenommen oder gespritzt (sogenannte systemische Kortikoide). Sie können aber auch als Injektion direkt in das Mittelohr durch das Trommelfell verabreicht werden (sogenannte intratympanale Kortikoide).

Was wollten wir herausfinden?

Es ist unklar, ob intratympanale Kortikoidbehandlungen wirksam sind oder welche dieser Behandlungsarten (intratympanal oder systemisch) am besten geeignet ist.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach allen relevanten Studien in der medizinischen Literatur, verglichen die Ergebnisse und fassten die Evidenz mit statistischen Methoden zusammen. Wir bewerteten auch die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz und berücksichtigten dabei Faktoren, wie Stichprobengrößen und Studiendurchführung. Auf der Grundlage unserer Bewertungen stuften wir die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz als sehr niedrig, niedrig, moderat oder hoch ein.

Was haben wir gefunden?

Wir fanden 30 Studien mit 2133 Teilnehmenden. In diesen Studien wurde die intratympanale Kortikoidbehandlung mit keiner Behandlung, mit Placebo (Scheinbehandlung) und mit Kortikoidbehandlungen verglichen, die oral eingenommen oder injiziert wurde (systemische Kortikoide). Dabei wurde berücksichtigt, ob es sich um eine Erstbehandlung bei akutem Hörverlust handelte oder ob bereits eine andere (erfolglose) Behandlung durchgeführt wurde.

Patient*innen in Erstbehandlung bei akutem Hörverlust

Wir fanden keine Studien, in denen intratympanale Kortikoide mit keiner Behandlung oder einem Placebo (Scheinbehandlung) verglichen wurden.

Eine intratympanale Kortikoidbehandlung kann im Vergleich zu systemischen Kortikoiden nur wenig oder gar keinen Unterschied im Hörvermögen bewirken. Das trifft ebenso auf die Anzahl der Patient*innen zu, deren Hörvermögen sich verbessert. Die Nebenwirkungen dieser beiden Behandlungsarten können unterschiedlich sein. Im Vergleich zu systemischen Kortikoiden besteht bei einer intratympanalen Behandlung meist während der Injektion ein erhöhtes Risiko für Schwindel oder Ohrenschmerzen. In einigen Fällen kann sich im Trommelfell ein kleines Loch bilden. Allerdings kann auch eine systemische Behandlung ein erhöhtes Risiko für andere Nebenwirkungen mit sich bringen, wie z. B. Blutzuckerstörungen.

Die Verabreichung von intratympanalen Kortikoiden und systemischen Kortikoiden könnte im Gegensatz zu einer Behandlung mit nur systemischen Kortikoiden zu einer leichten Verbesserung des Hörvermögens führen. Dabei ist unklar, wie viele Patient*innen eine Verbesserung wahrnehmen würden. Wie bereits erwähnt, kann eine intratympanale Behandlung einige Nebenwirkungen verursachen. Jedoch kann man nicht genau sagen, bei wie vielen Menschen diese auftreten werden.

Patienten mit einer weiteren Behandlung bei akutem Hörverlust (nachdem die erste Behandlung nicht gewirkt hat)

Im Vergleich zu keiner Behandlung oder Placebo (Scheinbehandlung) können intratympanale Kortikoide bei deutlich mehr Patienten zu einer, wenn auch nur leichten, Verbesserung des Hörvermögens führen. Ähnlich wie bei der Erstbehandlung können intratympanale Injektionen einige Nebenwirkungen verursachen, wie z. B. Schmerzen oder Schwindel während der Injektion oder die Bildung eines kleinen Lochs im Trommelfell. Wir können nicht genau sagen, wie häufig diese Nebenwirkungen auftreten.

Wir sind sehr unsicher, ob eine zusätzliche intratympanale Behandlung in Kombination mit einer systemischen Behandlung zu einer Verbesserung des Hörvermögens führt.

Welche Faktoren schränken die vorliegende Evidenz ein?

Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz konnte nur als niedrig oder sehr niedrig eingestuft werden. Das liegt daran, dass die Art der Studiendurchführung oft problematisch war. Teilweise gab es nur wenige Studienteilnehmende und manchmal waren die Ergebnisse der verschiedenen Studien widersprüchlich. Somit können sich die Schlussfolgerungen dieses Reviews durch weitere Studien möglicherweise ändern.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz in diesem Cochrane Review ist auf dem Stand vom 23. September 2021.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

Universität Heidelberg, T. Brugger, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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