Operative Behandlung des Rotatorenmenschettensyndroms

Hintergrund

Die Rotatorenmanschette ist eine Gruppe von Muskeln (mit ihren Sehnen), die das Schultergelenk in seiner normalen Stellung halten und darüber das Anheben des Armes und das Über-Kopf-Greifen ermöglichen. Manche Menschen bekommen Schulterschmerzen, die auf den Verschleiß der Rotatorenmanschette zurückgeführt werden. Möglich ist auch eine Entzündung der Schultersehnen oder des Schleimbeutels (einem weiteren Anteil der Schulter, der zu ihrer Bewegung beiträgt) sowie Druck auf die Sehnen bei der Armhebung durch den darüber liegenden Knochen („Impingement“). Die Schmerzen verstärken sich häufig beim Schlafen auf der betroffenen Schulter und bei Schulterbewegungen in bestimmte Richtungen.

Operationen an der Rotatorenmanschette können verschiedene Verfahren beinhalten, darunter die Entfernung eines Knochensteils zur Druckentlastung der Rotatorenmanschettensehnen (Akromioplastie), die Entfernung des geschwollenen oder entzündeten Schleimbeutels (des kleinen flüssigkeitsgefüllten Beutels, der das Schultergelenk im Sinne eines Polsters schützt) sowie die Entfernung von geschädigtem Gewebe oder Knochen zur Erweiterung des Raumes, durch den die Sehnen laufen (subakromiale Dekompression). Die meisten Rotatorenmenschetten-Operationen werden heutzutage arthroskopisch durchgeführt (dabei werden für die Operation chirurgische Instrumente durch einen kleinen Einschnitt, ein ‚Schlüsselloch‘ in die Schulter eingeführt).

Studienmerkmale

Dieser Cochrane Review ist auf dem Stand vom 22. Oktober 2018. Die eingeschlossenen Studien wurden in Kliniken in Dänemark, Finnland, Deutschland, Norwegen, Schweden und Großbritannien durchgeführt. Wir schlossen acht Studien (1062 Teilnehmer) ein, die eine Operation mit einer Placebo-Operation (einer Schein-Operation) oder einer anderen nicht-operativen Behandlung, zum Beispiel einer Übungstherapie, bei Menschen mit einem Impingement der Rotatorenmanschettensehnen verglichen.

Die Anzahl der Studienteilnehmer reichte von 42 bis 313, das durchschnittliche Alter von 42 bis 65 Jahre und die Dauer der Nachbeobachtung von einem Jahr bis 12 beziehungsweise 13 Jahre. Fünf Studienberichte enthielten keine Angaben zu ihren Finanzierungsquellen, drei hatten eine Förderung von nicht-kommerziellen Stiftungen erhalten, und ein Studienautor war von einer Herstellerfirma von chirurgischen Instrumenten bezahlt worden.

Hauptergebnisse

Zwei Studien (506 Teilnehmer) erfüllten unsere Einschlusskriterien für unseren Hauptvergleich, Operation versus Placebo-Operation. Die subakromiale Dekompression erbrachte für die Teilnehmer lediglich einen geringen Nutzen bei der Nachbeobachtung nach einem Jahr.

Schmerzen (niedrigere Werte bedeuten weniger Schmerzen):

verbesserten sich um 3% (3% schlechter bis 8% besser) beziehungsweise 0,26 Punkte auf einer Skala von 0 bis 10

• Teilnehmer, bei denen eine Placebo-Operation durchgeführt wurde, bewerteten ihre Schmerzen mit 2,9 Punkten

• Teilnehmer, bei denen eine Operation durchgeführt wurde, bewerteten ihre Schmerzen mit 2,6 Punkten

Funktion (0 bis 100; höhere Werte bedeuten eine bessere Funktion):

verbesserte sich um 3% (1% schlechter bis 7% besser) beziehungsweise 3 Punkte auf einer Skala von 0 bis 100

• Teilnehmer, bei denen eine Placebo-Operation durchgeführt wurde, bewerteten ihre Funktion mit 69 Punkten

• Teilnehmer, bei denen eine Operation durchgeführt wurde, bewerteten ihre Funktion mit 72 Punkten

Behandlungserfolg (viel besser oder gar keine Beschwerden):

5% mehr Teilnehmer bewerteten ihre Behandlung als erfolgreich (5% weniger bis 16% mehr) beziehungsweise fünf mehr von 100 Teilnehmern

• 66 von 100 Teilnehmern betrachteten die Behandlung nach einer Placebo-Operation als erfolgreich

• 71 von 100 Teilnehmern betrachteten die Behandlung nach einer Operation als erfolgreich

Gesundheitsbezogene Lebensqualität (höhere Werte bedeuten eine bessere Lebensqualität):

verschlechterte sich um 2% (8% schlechter bis 4% besser) beziehungsweise 0.02 Punkte auf einer Skala von -0.59 bis 1

• Teilnehmer, bei denen eine Placebo-Operation durchgeführt wurde, bewerteten ihre Lebensqualität mit 0,73 Punkten

• Teilnehmer, bei denen eine Operation durchgeführt wurde, bewerteten ihre Lebensqualität mit 0,71 Punkten

Unerwünschte Ereignisse (Nebenwirkungen oder Komplikationen)

Bei 1% weniger Teilnehmern (4% weniger bis 3% mehr), die eine Operation erhielten, traten unerwünschte Ereignisse auf

• 4 von 100 Teilnehmern, bei denen eine Placebo-Operation durchgeführt wurde, berichteten von unerwünschten Ereignissen

• 3 von 100 Teilnehmern, bei denen eine Operation durchgeführt wurde, berichteten von unerwünschten Ereignissen

Schwerwiegende unerwünschte Ereignisse

In den Studien wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse berichtet. In Beobachtungsstudien betrug der Anteil schwerwiegender unerwünschter Ereignisse (nach Schulteroperationen) zwischen 0,5% und 0,6%.

• Bei 5 bis 6 von 1000 Teilnehmern, die eine Operation erhielten, traten schwerwiegende unerwünschte Ereignisse auf

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz (des wissenschaftlichen Belegs)

Evidenz von hoher Vertrauenswürdigkeit zeigt, dass eine subakromiale Dekompressions-Operation verglichen mit einer Placebo-Operation bei Menschen mit einem schmerzhaften Schulterimpingement keine Verbesserung von Schmerzen, Funktion oder gesundheitsbezogener Lebensqualität bewirkt, und Evidenz von moderater Vertrauenswürdigkeit (heruntergestuft wegen mangelnder Präzision der Ergebnisse) zeigt keine Verbesserung der Anzahl von Personen, die ihre Behandlung als erfolgreich bewerten. Es ist unklar, ob eine Operation verglichen mit keiner Operation zu mehr unerwünschten Ereignissen führt.

Zu schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen nach Schulteroperationen zählen tiefe Infektionen, Lungenembolien, Nervenverletzungen und Tod. Obwohl präzise Schätzungen nicht bekannt sind, liegt das Risiko für schwerwiegende unerwünschte Ereignisse wahrscheinlich unter 1% (Evidenz von moderater Vertrauenswürdigkeit, herabgestuft wegen mangelnder Präzision der Ergebnisse).

Anmerkungen zur Übersetzung: 

C. Braun, T. Bossmann, Koordination durch Cochrane Deutschland

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