Welche Vorteile und Risiken hat die frühzeitige Entlassung mit häuslicher Unterstützung bei der Sondenernährung für Frühgeborenen, die noch nicht vollständig an der Brust oder mit der Flasche trinken?

Kernaussagen

  • Wir fanden sehr unsichere Evidenz zu stabilen Frühgeborenen (geboren vor der 37. Schwangerschaftswoche), die noch nicht vollständig an der Brust oder mit der Flasche gefüttert werden. Im Vergleich zu einer späteren Entlassung, wenn sie vollständig über Brust oder Flasche ernährt werden, führt eine frühe Entlassung mit häuslicher Unterstützung der Sondenernährung:

    • möglicherweise zu keinem oder einem nur geringen Unterschied bei der Gewichtszunahme, dem Stillen zum Zeitpunkt der Entlassung sowie drei Monate später und bei erneuten Krankenhauseinweisungen innerhalb der folgenden zwölf Monate; und

    • möglicherweise zu einer Verringerung des Risikos einer Atemwegsinfektion im Zeitraum bis zur Entlassung aus der häuslichen Unterstützung oder dem Krankenhaus, aber möglicherweise zu keinem oder nur einem geringen Unterschied beim Einsatz von Antibiotika, die über eine Vene gegeben werden.

  • Größere Studien mit hochwertigen Methoden sind nötig, um Nutzen und Schäden dieses Ansatzes zu bewerten. Diese sollten sich auch mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen und Bevölkerungsgruppen beschäftigen.

Warum könnte eine frühe Entlassung mit häuslicher Unterstützung der Sondenernährung wichtig sein?

Frühgeborene brauchen oft Hilfe bei der Nahrungsaufnahme. Sie werden häufig zunächst über eine Magensonde ernährt – also über einen dünnen Schlauch, der durch die Nase oder den Mund in den Magen führt. Frühgeborene werden in der Regel aus dem Krankenhaus entlassen, wenn sie keine Magensonde mehr brauchen, selbstständig trinken und dabei gut an Gewicht zunehmen. Wenn ein stabiles Frühgeborenes das Krankenhaus früher verlassen darf, obwohl es noch über eine Sonde ernährt wird, würde das die Familie schneller zusammenbringen. Dies könnte die Bindung zwischen Eltern und Kind stärken, das Wohlbefinden der Eltern verbessern und sich positiv auf die Entwicklung des Kindes auswirken. Wenn die Familie dabei unterstützt wird, können diese Frühgeborenen zu Hause lernen, vollständig an der Brust oder aus der Flasche zu trinken. Außerdem könnte eine frühzeitige Entlassung die Kosten für die Familien und das Gesundheitssystem verringern. Dieser Ansatz kann für Familien jedoch belastend sein und den Übergang weg von der Sondenernährung erschweren.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, ob es für stabile Frühgeborene besser ist, früher nach Hause entlassen zu werden – mit weiterer Sondenernährung und Unterstützung zu Hause – statt später, wenn sie bereits vollständig an der Brust oder aus der Flasche trinken.

Dabei lag unser Fokus auf folgenden Aspekten: wie lange es dauert, bis Frühgeborene vollständig an der Brust oder aus der Flasche trinken; wie viel Gewicht sie zunehmen; ob sie bei der Entlassung und drei Monate später gestillt werden; ob sie im Zeitraum bis zur Entlassung aus der häuslichen Unterstützung bzw. aus dem Krankenhaus Infektionen entwickeln; wie sich ihre Entwicklung im Alter von zwölf Monaten oder später zeigt und ob sie innerhalb von zwölf Monaten nach der Entlassung erneut ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, die den Nutzen und die Risiken einer frühen Entlassung mit häuslicher Unterstützung bei der Sondenernährung für stabile Frühgeborene und ihre Familien im Vergleich zu einer späteren Entlassung, wenn die Kinder bereits vollständig an der Brust oder aus der Flasche trinken, untersuchten. Wir fassten die Ergebnisse der Studien zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die Evidenz anhand von Faktoren wie der Studienmethoden und der Studiengrößen.

Was fanden wir?

Wir fanden nur eine Studie, die zwischen 1992 und 1994 in Schweden durchgeführt wurde. An ihr nahmen 88 Frühgeborene aus 75 Familien teil. Die Studie verglich eine frühzeitige Entlassung mit häuslicher Unterstützung bei der Sondenernährung mit einer späteren Entlassung, wenn die Kinder bereits vollständig an der Brust oder aus der Flasche trinken. Dabei waren die teilnehmenden Kinder alle Frühgeborene, bei denen mit noch mindestens einer weiteren Woche an zusätzlicher Versorgung gerechnet wurde. Je nach Ergebnis lagen bei zwischen 82 und 88 der Frühgeborenen aus dieser Studie Daten vor.

Im Vergleich zu einer späteren Entlassung, wenn das Frühgeborene bereits vollständig an der Brust oder aus der Flasche trinkt, hat eine frühzeitige Entlassung mit häuslicher Unterstützung bei der Sondenernährung möglicherweise nur geringe oder keine Auswirkungen auf:

  • die Gewichtszunahme der Frühgeborenen (Durchschnitt pro Tag, gemessen vom Beginn der Studie bis zur Entlassung aus der häuslichen Unterstützung oder aus dem Krankenhaus);

  • das Beenden jeglichen Stillens oder des vollständigen Stillens zum Zeitpunkt der Entlassung aus der häuslichen Unterstützung bzw. aus dem Krankenhaus sowie drei Monate später;

  • die Verwendung von Antibiotika, die direkt in eine Vene gegeben werden; und

  • die Notwendigkeit einer erneuten Aufnahme ins Krankenhaus bis zu zwölf Monate nach Entlassung aus der häuslichen Unterstützung oder aus dem Krankenhaus.

Eine frühzeitige Entlassung mit häuslicher Unterstützung verringert im Vergleich zu einer späteren Entlassung möglicherweise das Risiko für Atemwegsinfektionen bei Frühgeborenen im Zeitraum bis zu ihrer Entlassung aus der häuslichen Unterstützung bzw. aus dem Krankenhaus.

In der Studie wurde nicht untersucht, wie lange es dauert, bis Frühgeborene vollständig an der Brust oder aus der Flasche trinken, oder wie sich ihre Entwicklung im Alter von zwölf Monaten oder später gestaltet.

Wir fanden zwei weitere Studien, die in eine zukünftige Aktualisierung dieses Reviews aufgenommen werden könnten. Eine Studie ist abgeschlossen, aber noch nicht veröffentlicht. Wir wissen nicht, ob die andere Studie bereits abgeschlossen ist, da die Autor*innen bislang nicht auf unsere Anfrage geantwortet haben.

Was schränkt die Evidenz ein?

Wir haben sehr geringes Vertrauen in die Evidenz, weil sie nur auf einer einzigen Studie mit wenigen Frühgeborenen basiert. Außerdem war die Verteilung der Teilnehmenden auf die Studiengruppen nicht wirklich randomisiert (zufällig), und sowohl die Familien als auch die behandelnden Ärztinnen und Ärzte wussten, zu welcher Studiengruppe die Kinder gehörten.

Künftige Studien könnten zu anderen Ergebnissen kommen und die Schlussfolgerungen dieses Reviews verändern.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Dieser Review aktualisiert unseren früheren Review aus dem Jahr 2015. Die Evidenz ist auf dem Stand von 30. Mai 2024.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

A. Zink, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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