Welche Faktoren beeinflussen die Bereitschaft einer Person, während einer Epidemie oder Pandemie an einer Impfstoffstudie teilzunehmen?

Was ist das Ziel dieses Reviews?

Impfstoffe sind wichtig, um die Ausbreitung von Infektionskrankheiten während einer Pandemie wie COVID-19 einzudämmen. In klinischen Studien werden diese Impfstoffe auf Wirksamkeit und Sicherheit getestet. Es kann jedoch schwierig sein, genügend Menschen zu finden, die bereit sind, an einer Impfstoffstudie gegen eine pandemische oder epidemische Krankheit teilzunehmen.

Ziel dieses Cochrane Reviews war es, im Rahmen einer qualitativen Evidenzsynthese herauszufinden, was die Entscheidung einer Person beeinflusst, an einer Impfstoffstudie im Kontext einer Pandemie oder Epidemie teilzunehmen. Wenn man versteht, aus welchen Gründen sich Menschen für eine Teilnahme an Impfstoffstudien entscheiden, kann man die Planung der Studie und die Entwicklung von Strategien zur Gewinnung von Teilnehmenden verbessern. Dadurch können die Kommunikation, die Einverständniserklärung, die Einschlusskriterien für die Teilnehmenden und die Vielfalt in Impfstoffstudien optimiert werden. Zur Beantwortung der Fragestellung des Reviews haben wir 34 Studien zu Ansichten und Erfahrungen von Personen, die an einer Impfstoffstudie teilgenommen haben, analysiert.

Kernaussagen

Viele Faktoren beeinflussen die Entscheidung einer Person, an einer Impfstoffstudie während einer Pandemie oder Epidemie teilzunehmen. Menschen werden durch die Art und Weise beeinflusst, wie die Studie aufgebaut ist und wie Ihnen Informationen über die Studie vermittelt werden. Menschen werden auch dadurch beeinflusst, wie sie die möglichen Risiken und Nebenwirkungen einschätzen. Auch Freunde, Freundinnen und Familienmitglieder können die Entscheidung beeinflussen. Die Angst vor Stigmatisierung und das Misstrauen gegenüber Regierungen können Menschen davon abhalten, an einer Impfstoffstudie teilzunehmen. Für viele Menschen scheint die Möglichkeit, anderen zu helfen und die Ausbreitung einer Krankheit zu verhindern, ein Grund zu sein, an einer Impfstoffstudie teilzunehmen.

Was fanden wir?

Wir berücksichtigten 34 Studien, die sich mit den Ansichten und Erfahrungen der Menschen befassten, die im Kontext einer Pandemie oder Epidemie zur Teilnahme an einer Impfstoffstudie eingeladen wurden. Die meisten Studien waren Studien zu HIV-Impfstoffen. Die anderen Studien untersuchten das Ebola-Virus, Tuberkulose, das Zika-Virus und COVID-19. Sie wurden in vielen Ländern Afrikas, Asiens, Europas und Nordamerikas durchgeführt. Die Studien befassten sich mit den Ansichten und Erfahrungen von Erwachsenen ab 18 Jahren, die zur Teilnahme an klinischen Impfstoffstudien eingeladen worden waren. Einige von ihnen hatten die Einladung angenommen und andere hatten sie abgelehnt.

Hauptergebnisse

Wir fanden mehrere Faktoren, die Menschen bei der Entscheidung hinsichtlich der Teilnahme an einer Impfstoffstudie während einer Pandemie oder Epidemie abwägen. Wir stuften die Vertrauenswürdigkeit dieser Ergebnisse als niedrig, moderat oder hoch ein, je nachdem, wie gut die Ergebnisse aus den berücksichtigten Studien belegt waren. Die Vertrauenswürdigkeit der meisten Ergebnisse war moderat.

Einige Faktoren, welche die Entscheidungen der Menschen beeinflussten, liegen im Einflussbereich des Teams, das die Studie durchführt. So wurden die Menschen beispielsweise dadurch beeinflusst, wie die Informationen über die Studie vermittelt wurden und ob Bekannte der Mitglieder der „Community“ an der Informationsvermittlung beteiligt waren. Sie ließen sich auch davon beeinflussen, wie einfach oder bequem es war, an der Studie teilzunehmen. Es spielte ebenfalls eine Rolle, ob sie für die Teilnahme bezahlt wurden und ob sie Zugang zu zusätzlicher Unterstützung oder Gesundheitsleistungen erhalten würden.

Weitere Faktoren waren persönliche Beweggründe, der Einfluss von Familie und Freunden sowie des weiteren Umfelds. Von einem persönlichen Standpunkt aus gesehen hatten die Menschen Bedenken hinsichtlich der Nebenwirkungen und der Wirksamkeit des Impfstoffs sowie der möglichen Auswirkungen der Studienteilnahme auf ihr tägliches Leben und ihre Arbeit. Die Menschen wurden auch von ihren Familien beeinflusst und von der Frage, ob die Teilnahme ihre Beziehung zu anderen beeinträchtigen könnte. Einige Menschen befürchteten bei einer Teilnahme eine Stigmatisierung durch Freunde und Bekannte. Das Vertrauen der Menschen in die Beteiligung der Regierung an Forschung und Studien kann ebenfalls ihre Entscheidungen beeinflussen.

Die Menschen haben auch die möglichen Gegenleistungen für eine Studienteilnahme abgewogen und geprüft, ob diese die Risiken überwiegen. Einige dieser Gegenleistungen waren persönlicher Natur. Die Menschen wollten einen schnelleren Zugang zu einem Impfstoff erhalten, ihre Gesundheit und ihr Verständnis der Krankheit verbessern sowie während einer Pandemie oder Epidemie zu einem normalen Leben zurückkehren. Aber die Motivation bestand auch darin, der Gesellschaft zu helfen und einen Beitrag zur Wissenschaft zu leisten. Dies war oft mit Erinnerungen an Familienmitglieder und Freunde verbunden, die an der Krankheit verstorben waren.

Was schränkt die Aussagekraft der Evidenz ein?

Wir haben für diesen Review 34 Studien gefunden, von denen aber 26 HIV untersuchten. Dadurch ergeben sich Bedenken hinsichtlich der Relevanz der Daten für andere Krankheiten. Darüber hinaus hatten wir Bedenken hinsichtlich der Datenqualität einiger Ergebnisse. Aufgrund der Vielfalt der Teilnehmenden in den einzelnen Studien können wir keine Rückschlüsse nach Art der Teilnehmenden (z. B. Herkunft, Geschlecht, gesellschaftliche Schicht, sozialer Status) ziehen.

Wie aktuell ist diese Evidenz?

Dieser Review berücksichtigt Studien, die bis Ende Juni 2021 veröffentlicht wurden.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

Universität Heidelberg, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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