Programme für die Mundhygiene bei Menschen mit geistiger Behinderung

Fragestellung des Reviews

Wie wirksam sind Mundhygiene-Programme für Menschen mit geistiger Behinderung?

Hintergrund

Die Entfernung von Zahnbelag durch tägliches Zähneputzen spielt eine wichtige Rolle bei der Vorbeugung von Karies und Zahnfleischerkrankungen, den beiden Hauptursachen für Zahnverlust. Zähneputzen ist eine Fertigkeit, die für Menschen mit geistiger Behinderung schwierig sein kann; sie benötigen möglicherweise Unterstützung, und es kann erforderlich sein, ihre Betreuenden darin zu schulen, wie sie ihnen helfen können.

Studienmerkmale

Wir suchten nach Studien, die bis zum 4. Februar 2019 veröffentlicht worden waren. In diesen Review wurden 34 Studien, an denen 1.795 Menschen mit geistiger Behinderung und 354 Betreuende beteiligt waren. In neunzehn Studien wurden die Teilnehmenden nach dem Zufallsprinzip zwei oder mehr Gruppen zugeteilt (d.h. diese Studien waren randomisierte kontrollierte Studien (RCTs)), und 15 Studien waren nicht-randomisierte Studien (NRS).

In den Studien wurden unterschiedliche Vorgehensweisen zur Verbesserung der Mundhygiene bei Menschen mit geistiger Behinderung untersucht: spezielle Handzahnbürsten, elektrische Zahnbürsten, Mundhygieneschulungen für Betreuende, Mundhygieneschulungen für Menschen mit geistiger Behinderung, das Verändern der Intervalle zwischen Zahnarztbesuchen und beaufsichtigtem Zähneputzen, die Nutzung von Gesprächen über klinische Fotos als Motivationshilfe, das Verändern der Häufigkeit des Zähneputzens, die Verwendung eines Mittels zum Sichtbarmachen von Zahnbelag und die Anwendung von individualisierten (auf die einzelne Person zugeschnittenen) Mundpflegeplänen.

In den Studien wurden Zahnfleischentzündungen (rotes und geschwollenes Zahnfleisch) und Zahnbelag untersucht. In einigen Studien wurden die Kenntnisse, das Verhalten, die Einstellung und die Selbstwirksamkeit (das Vertrauen in die eigene Kompetenz) der Betreuenden in Bezug auf die Mundhygiene sowie das Mundhygieneverhalten und die Fertigkeiten von Menschen mit geistiger Behinderung untersucht. Das Vorkommen von Karies und die Lebensqualität wurden nicht gemessen. Wir unterteilten die Studien danach, wann die Ergebnisse ermittelt wurden: kurzfristig (nach sechs oder weniger Wochen), mittelfristig (nach zwischen sechs Wochen und 12 Monaten) und langfristig (nach mehr als 12 Monate).

Hauptergebnisse

Eine spezielle, von Betreuenden verwendete Handzahnbürste (die Superbrush) verringert das Ausmaß von Zahnfleischentzündungen und Zahnbelag bei Menschen mit geistiger Behinderung möglicherweise stärker als eine gewöhnliche Handzahnbürste, obwohl dies kurzfristig nicht beobachtet wurde.

Wir fanden keinen Unterschied zwischen von Menschen mit geistiger Behinderung oder ihren Betreuenden verwendeten elektrischen Zahnbürsten und Handzahnbürsten im Vorkommen von Zahnfleischentzündungen und Zahnbelag. Die kurzfristigen Ergebnisse waren unklar.

Die Schulung von Betreuenden in der Durchführung des Zähneputzens bei Menschen mit geistiger Behinderung verbesserte möglicherweise mittelfristig die Mundhygiene-Kenntnisse der Betreuenden.

Die Schulung von Menschen mit geistiger Behinderung im selbstständigen Putzen ihrer Zähne verringert möglicherweise kurzfristig das Ausmaß von Zahnbelag auf ihren Zähnen.

Regelmäßig geplante zahnärztliche Kontrolltermine und Betreuende, die das Zähneputzen zwischen den einzelnen Terminen beaufsichtigen, trugen möglicherweise stärker als die übliche Pflege dazu bei, Zahnfleischentzündungen und Zahnbelag langfristig zu verringern.

Gespräche über klinische Fotos von Zahnbelag auf den Zähnen der Teilnehmenden, die durch Färbemittel sichtbar gemacht wurden, um sie zu gründlicherem Zähneputzen zu motivieren, schienen Zahnbelag nicht zu verringern.

Tägliches Zähneputzen durch Studierende der Zahnmedizin ist möglicherweise kurzfristig wirksamer in der Verringerung des Ausmaßes von Zahnbelag als eine ein- oder zweiwöchentliche professionelles Zahnreinigung.

Zahnpasta mit einem Plaque-Färbemittel und individualisierte Mundpflegepläne wurden in jeweils einer nicht-randomisierten Studie untersucht. Beide Studien deuten darauf hin, dass diese Maßnahmen möglicherweise von Nutzen sind.

Nur in einer Studie wurden Nebenwirkungen formal ermittelt, jedoch wurde den meisten Studienberichten angegeben, dass es keine gab. Einige Studien ergaben, dass einige Menschen Schwierigkeiten mit elektrischen Zahnbürsten oder speziellen Handzahnbürsten hatten.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz

Obwohl es für den Nutzen einiger Mundhygiene-Interventionen für Menschen mit geistiger Behinderung wissenschaftliche Evidenz für einen Nutzen gibt, ist unklar, was dieser Nutzen tatsächlich für die Mundhygiene bzw. Mundgesundheit einer Person bedeutet. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz ist überwiegend niedrig oder sehr niedrig, sodass zukünftige wissenschaftliche Studien die Ergebnisse des Reviews möglicherweise verändern werden. Lediglich für ein Ergebnis liegt Evidenz von moderater Vertrauenswürdigkeit vor: elektrische Zahnbürsten und Handzahnbürsten sind wahrscheinlich mittelfristig ähnlich wirksam darin, Zahnfleischentzündungen bei Menschen mit geistiger Behinderung zu verringern. Es sind weitere und bessere Studien erforderlich, um vielversprechende Interventionen für die Verbesserung der Mundhygiene von Menschen mit geistiger Behinderung umfassend zu bewerten, und um zu bestätigen, welche Interventionen unwirksam sind. In der Zwischenzeit sollten Veränderungen aktueller Gewohnheiten auf Grundlage dieses Reviews zurückhaltend erfolgen, und sollten Entscheidungen zur Mundhygiene auf Fachwissen und den Bedürfnissen und Präferenzen von Menschen mit geistiger Behinderung und ihren Betreuenden beruhen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Fiess, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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