Antidepressiva bei Arthrose

Hintergrund

Arthrose ist eine Gelenkerkrankung, die durch Knorpelabbau und eine Verengung des Gelenkspalts gekennzeichnet ist. Arthrose kann Schmerzen verursachen und zu Deformierungen und Bewegungseinschränkungen führen.

Es wird vermutet, dass Antidepressiva Schmerzen beeinflussen, indem sie Nervenbahnen im zentralen Nervensystem modulieren.

Unser Ziel war es, den klinischen Nutzen und Schaden von Antidepressiva bei Schmerzen infolge von Knie- und Hüftarthrose zu erforschen.

Studienmerkmale

Dieser Review umfasst Studien bis Januar 2021. Wir schlossen neun klinische Studien mit 2.122 Teilnehmenden ein, in denen Antidepressiva mit einer Placebobehandlung (Scheinbehandlung) und den häufig eingesetzten nichtsteroidalen entzündungshemmenden Schmerzmitteln verglichen wurden. Die meisten Teilnehmenden waren weiblich (70%) und das Durchschnittsalter lag zwischen 54,4 und 65,9 Jahren. Sieben Studien untersuchten ausschließlich Kniearthrose. Zwei Studien umfassten auch Personen mit Hüftarthrose. In allen Studien wurden Antidepressiva mit Placebo verglichen, mit oder ohne nichtsteroidale entzündungshemmende Schmerzmittel.

Hauptergebnisse

Im Vergleich zu einer Placebobehandlung ergab sich für Antidepressiva ein geringfügiger Nutzen.

Schmerz

Auf einer 0- bis 10-Punkte-Skala verringerten sich die Schmerzen unter Antidepressivabehandlung um 0,59 Punkte mehr als unter Placebo.

- In der Placebogruppe nahm der Schmerz um 1,73 Punkte ab.

- In der Antidepressiva-Gruppe nahm der Schmerz um 2,32 Punkte ab.

Ansprechen auf die Behandlung

Als klinisches Ansprechen gilt ein Rückgang der Schmerzen um 50% oder mehr. Im Vergleich zu einer Placebobehandlung erreichten etwa 16% mehr Menschen, die ein Antidepressivum einnahmen, ein klinisches Ansprechen, d. h. einer von sechs Betroffenen.

- 28,65 % der Betroffenen, die ein Placebo einnahmen, zeigten ein klinisches Ansprechen.

- 45,2 % der Betroffenen, die Antidepressiva einnahmen, zeigten ein klinisches Ansprechen.

Funktionelle Einschränkungen

Die körperliche Funktionsfähigkeit wird anhand der Gehfähigkeit und der Fähigkeit, Treppen zu steigen und Aufgaben im Haushalt zu erledigen, gemessen. Mit Antidepressiva verbesserte sie sich um 6% mehr als mit Placebo. Im Vergleich zu Placebo verringerte sich der Wert für die körperlichen Einschränkungen unter Antidepressivabehandlung um 5,65 mehr auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten (niedrigerer Wert = bessere Funktion). Dies entspricht einer geringfügigen Verbesserung.

- In der Placebogruppe verbesserte sich die Funktionsfähigkeit um 10,51 Punkte.

- In der Antidepressiva-Gruppe verbesserte sich die Funktionsfähigkeit um 16,16 Punkte.

Lebensqualität

Die Lebensqualität verbesserte sich unter Antidepressivabehandlung um 4% mehr als unter Placebo. Auf einer Skala von -0,11 bis 1 (1 = beste Gesundheit) wurde die Lebensqualität unter Antidepressiva-Behandlung um 0,04 Punkte besser bewertet als unter Placebo.

- In der Placebo-Gruppe verbesserte sich die Lebensqualität um 0,07 Punkte.

- In der Antidepressiva-Gruppe verbesserte sich die Lebensqualität um 0,11 Punkte.

Abbruch der Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen

Das Risiko, die Behandlung abzubrechen, war in der Antidepressiva-Gruppe im Vergleich zu Placebo um 2,15 höher. Das bedeutet, dass 1 von 17 Personen die Einnahme des Antidepressivums aufgrund von Nebenwirkungen abbrach.

- 5,1% der Teilnehmenden in der Placebo-Gruppe brachen die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab.

- 10,9% der Teilnehmenden in der Antidepressiva-Gruppe brachen die Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab.

Nebenwirkungen insgesamt

Das Risiko für Nebenwirkungen war in der Antidepressiva-Gruppe um 1,27 höher als in der Placebo-Gruppe. In der Gruppe der Antidepressiva berichteten 14,8% mehr Menschen über eine Nebenwirkung. Dies entspricht 1 von 7 Personen, die eine Nebenwirkung haben.

- 49,3% der Teilnehmenden in der Placebo-Gruppe hatten eine Nebenwirkung.

- 64,1% der Teilnehmenden in der Antidepressiva-Gruppe hatten eine Nebenwirkung.

Schwerwiegende Nebenwirkungen

Bei den schwerwiegenden Nebenwirkungen gab es keine Unterschiede zwischen den Gruppen.

- 1,7% der Teilnehmenden in der Placebo-Gruppe hatten schwerwiegende Nebenwirkungen.

- 1,6% der Teilnehmenden in der Antidepressiva-Gruppe hatten schwerwiegende Nebenwirkungen.

Qualität der Evidenz

Bei Menschen mit Arthrose gibt es qualitativ hochwertige Evidenz dazu, dass Antidepressiva eine geringfügig positive Wirkung auf Schmerzen und Funktionsfähigkeit haben. Bei einer von sechs Personen kommt es zu einer klinisch bedeutsamen Verringerung der Schmerzen um 50% oder mehr. Hochwertige Evidenz zeigt auch, dass bei Menschen, die Antidepressiva einnehmen, häufiger Nebenwirkungen auftreten als bei denen, die ein Placebo einnehmen.

Evidenz von mäßiger Qualität zeigt eine sehr geringe, wahrscheinlich unbedeutende Verbesserung der Lebensqualität bei Antidepressiva-Einnahme im Vergleich zu Placebo-Einnahme. Menschen, die Antidepressiva einnehmen, brechen die Behandlung häufiger aufgrund von Nebenwirkungen ab als Menschen, die ein Placebo erhalten haben.

Evidenz von geringer Qualität zeigt geringe Unterschiede bei den schwerwiegenden Nebenwirkungen zwischen Antidepressiva- und Placebo-Einnahme.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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