Welche Faktoren beeinflussen die Einführung von Strategien zum Ersatz von Ärzten durch Pflegekräfte in der Primärversorgung?

Was war das Ziel des Reviews?

In diesem Cochrane Review qualitativer Studien ("qualitative Evidenzsynthese") untersuchten wir die Ansichten und Erfahrungen der Menschen mit der Verlagerung von Aufgaben von Ärzten zu Pflegekräften in der Primärversorgung. Wir sammelten relevante Studien zu diesem Thema und schlossen 66 Studien (69 Artikel) ein.

Diese Synthese verweist auf einen anderen Cochrane Review, der die Wirksamkeit der Verlagerung von Aufgaben von Ärzten zu Pflegekräften in der Primärversorgung bewertet.

Kernaussagen

Patienten, Ärzte und Pflegekräfte könnten den Einsatz von Pflegekräften zur Erbringung von Leistungen, die normalerweise von Ärzten erbracht werden, akzeptieren. Aber wahrscheinlich hängt das von der Art der Leistungen ab. Pflegekräfte, die zusätzliche Aufgaben übernehmen, wünschen sich Respekt und Zusammenarbeit mit den Ärzten, angemessene Ressourcen, gute Überweisungssysteme, erfahrene Führungskräfte, klare Aufgaben sowie angemessene Anreize, Schulungen und Supervision. Diese Bedürfnisse werden jedoch nicht immer erfüllt.

Was wurde in dem Review untersucht?

Viele Menschen erhalten nicht die benötigte medizinische Versorgung, weil medizinisches Personal an ihrem Wohnort fehlt. Regierungen auf der ganzen Welt versuchen, dieses Problem auf unterschiedliche Weise anzugehen. Eine mögliche Lösung ist die Verlagerung von Aufgaben von stärker spezialisiertem auf weniger spezialisiertes Gesundheitspersonal, zum Beispiel die Verlagerung bestimmter Aufgaben von Ärzten auf Pflegekräfte.

In diesem Review suchten wir nach Studien, in denen untersucht wurde, wie Patienten, Pflegekräfte, Ärzte und andere Personen diese Lösungen sahen und erlebten und was möglicherweise ihren Erfolg beeinflusste.

Was waren die wichtigsten Ergebnisse des Reviews?

Wir bezogen 66 Studien (69 Artikel) in unseren Review ein, elf aus Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen und 55 aus Ländern mit hohem Einkommen. Diese Studien fanden eine Reihe von Faktoren, die die Einführung von Strategien zum Ersatz von Ärzten durch Pflegekräfte zu beeinflussen scheinen. Die folgenden Faktoren basieren auf Ergebnissen, die wir als moderat bis hoch vertrauenswürdig bewerteten:

In vielen Studien wussten die Patienten nur wenig über die Rolle der Pflegekräfte und den Unterschied zwischen der von Pflegekräften und der von Ärzten geleiteten Versorgung. Sie hatten auch unterschiedliche Ansichten über die Art der Aufgaben, die Pflegekräfte übernehmen sollten. Sie bevorzugten Ärzte, wenn die Aufgaben mehr "medizinischer" Natur waren, aber sie akzeptierten Pflegekräfte für Präventiv- und Nachsorgemaßnahmen. In den meisten Studien zogen es auch die Ärzte vor, dass die Pflegekräfte nur "nicht-medizinische" Aufgaben erledigten. Pflegekräfte fühlten sich mit einer breiten Palette von Aufgaben wohl und glaubten, dass sie dafür kompetent seien, wobei sie besonders jene Aufgaben betonten, die eher gesundheitsfördernd/vorbeugend waren.

In den meisten Studien waren die Patienten der Meinung, dass Pflegekräfte leichter erreichbar seien als Ärzte. Ärzte und Pflegekräfte sahen auch den Pflegekraft-Arzt Ersatz und die Zusammenarbeit als eine Möglichkeit, den Zugang der Menschen zur Versorgung zu verbessern und die Qualität und Kontinuität der Versorgung zu erhöhen.

Pflegekräfte waren der Ansicht, dass enge Beziehungen zwischen Arzt und Pflegekraft, sowie das Vertrauen des Arztes in die Pflegekräfte und deren Akzeptanz für die Gestaltung ihrer Rolle wichtig waren. Allein arbeitende Pflegekräfte fanden es aber manchmal schwierig, mit den Ärzten zu kommunizieren.

Pflegekräfte waren der Meinung, dass sie durch die Übernahme neuer Aufgaben neue Fähigkeiten erworben hatten. Jedoch wünschten sich die Pflegekräfte mehr und bessere Schulungen. Sie dachten, dass dies ihre Fähigkeiten, ihre Arbeitszufriedenheit und ihre Motivation steigern und sie unabhängiger machen würde.

Pflegekräfte, die ärztliche Aufgaben übernahmen, sahen dies als eine Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln, sich mehr Anerkennung zu verschaffen und die Qualität der Versorgung für die Patienten zu verbessern. Bessere Arbeitsbedingungen und finanzielle Anreize motivierten die Pflegekräfte ebenfalls neue Aufgaben zu übernehmen. Ärzte schätzten die Zusammenarbeit mit Pflegekräften, wenn dies ihre eigene Arbeitsbelastung verringerte.

Ärzte und Pflegekräfte wiesen auf die Bedeutung des Zugangs zu Ressourcen hin, wie beispielsweise genügend Personal, Ausrüstung und Materialien, gute Überweisungssysteme, erfahrene Führungskräfte, klare Rollen sowie eine angemessene Ausbildung und Supervision. Aber sie hatten oft Probleme in diesen Bereichen. Sie wiesen auch auf die enorme Anzahl von Dokumenten hin, die sie ausfüllen mussten, wenn die Aufgaben von den Ärzten auf die Pflegekräfte übertragen wurden.

Wie aktuell ist dieser Review?

Wir suchten nach Studien, welche vor dem 28. Juni 2018 veröffentlicht wurden.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

A. Egger-Rainer und M. Fischill-Neudeck, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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