Wirkung eines höheren bzw. niedrigeren Drucks in der Lunge am Ende eines jeden Atemzugs während der mechanischen Beatmung bei Patienten mit akutem Atemnotsyndrom

Fragestellung des Reviews

Wir wollten Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien über Nutzen und Schaden von einem hohen bzw. niedrigen positiven endexspiratorischen Druck (PEEP) in der Lunge finden. Wir wollten uns auf erwachsene Patienten mit akuter Lungenschädigung (engl.ALI) und akutem Atemnotsyndrom (engl. ARDS) konzentrieren. Diese Patienten haben einen niedrigen Sauerstoffgehalt im Blut und damit eine verminderte Sauerstoffversorgung des Gewebes.

Der PEEP ist der Druck in der Lunge (Alveolardruck) am Ende eines jeden Atemzugs (Exspiration). Bei mechanisch beatmeten Patienten wirkt der PEEP der passiven Entleerung der Lunge und dem Zusammenfallen der Lungenbläschen (Alveolen) entgegen. Das Kollabieren der Lungenbläschen kann dazu führen, dass sich die Lunge beim nächsten Atemzug nicht vollständig aufbläht und die Sauerstoffaufnahme verringert wird. PEEP wird verwendet, um die Sauerstoffaufnahme zu verbessern.

Hintergrund

ALI und ARDS werden durch einen Flüssigkeitsaustritt und eine lokale Entzündung in der Lunge verursacht. Diese können weitreichende Schäden der Lungenbläschen und ein Ansammeln von Flüssigkeit in der Lunge verursachen. Diese Flüssigkeitsansammlungen sind auf Röntgenaufnahmen des Brustkorbs zu sehen. Schäden der Lungenbläschen können später zu Narbenbildung (Fibrose) führen. Häufige Ursachen sind Lungenentzündungen und allgemeinere (systemische) Infektionen, wie bei einer Sepsis.

Patienten mit ALI und ARDS werden mechanisch beatmet (Anwendung von positivem Druck in der Lunge, in der Regel über einen Beatmungsschlauch). Die mechanische Beatmung ist eine Methode zur künstlichen Unterstützung der Atmung. Hierbei wird über ein externes Beatmungsgerät ein Gasgemisch in die Atemwege des Patienten geleitet. Die Anwendung von PEEP ist eine der Strategien, um die Lunge zu schützen und die Sauerstoffversorgung und das Überleben der Patienten zu verbessern.

Nutzen und Risiken von PEEP sind unklar, da er das Risiko einer Lungenschädigung durch den Druck (sog. Barotrauma) erhöhen könnte. Dies geschieht, wenn Luft in den Zwischenraum zwischen Lunge und Brustwand eindringt (Pneumothorax). Diese Luft drückt auf die Außenseite der Lunge und lässt sie zusammenfallen.

Studienmerkmale

Die Evidenz ist auf dem Stand von Mai 2020. Für diesen Review gibt es keine Finanzierungsquellen. Wir schlossen 10 Studien mit 3851 Teilnehmenden ein (6 aus dem vorherigen Review und 4 aus unserer aktualisierten Literatursuche). In acht Studien (3703 Teilnehmende) wurden hohe und niedrige PEEP-Werte verglichen, wobei in jeder Gruppe mit jedem Atemzug die gleiche Luftmenge in die Lunge geleitet und ausgeatmet wurde (Atemzugvolumen) . Die beiden anderen Studien verwendeten unterschiedliche Atemzugvolumen in beiden Gruppen und konnten nicht in alle Ergebnisse des Reviews einbezogen werden.

Hauptergebnisse

Wir haben die folgenden Ergebnisse festgestellt:

- Höhere PEEP-Werte (im Vergleich zu niedrigeren Werten) machen möglicherweise einen geringen bis keinen Unterschied bei der Anzahl Patienten, die im Krankenhaus sterben (7 Studien, 3642 Teilnehmende; Evidenz von moderater Vertrauenswürdigkeit).

- Die Anreicherung des Blutes mit Sauerstoff verbesserte sich mit höherem PEEP am ersten bzw. dritten Untersuchungstag (6 Studien, über 2300 Teilnehmende, jeweils Evidenz von niedriger Vertrauenswürdigkeit) und am siebten Tag (5 Studien, 1611 Teilnehmende; Evidenz von moderater Vertrauenswürdigkeit).

- Höhere PEEP-Werte wurden nicht mit einem Barotrauma in Verbindung gebracht (9 Studien, 3790 Teilnehmenden; Evidenz von niedriger Vertrauenswürdigkeit).

- Hohe PEEP-Werte erhöhten nicht die Anzahl der beatmungsfreien Tage über einen Zeitraum von 28 Tagen (3 Studien, 1654 Teilnehmende; Evidenz von niedriger Vertrauenswürdigkeit).

Letztlich reichten die verfügbaren Daten nicht aus, um zu bewerten, wie sich PEEP auf die Dauer des Aufenthalts auf der Intensivstation auswirkt, welcher bei mechanischer Beatmung erforderlich ist.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz

Der Grad an Vertrauenswürdigkeit der Evidenz war nicht höher als moderat, und für einige Endpunkte war die Evidenz von niedriger Vertrauenswürdigkeit. Die Patienten in den verschiedenen Studien unterschieden sich hinsichtlich des Schweregrads von ALI bzw. ARDS und bei anderen klinischen Faktoren (was zu Heterogenität führte). Für die Einstellung und Anpassung der PEEP-Werte wurden verschiedene Ansätze verwendet.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

C. Barth, E.von Elm, freigegeben durch Cochrane Schweiz.

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