Folsäure-Ergänzungsmittel vor der Empfängnis und in der Frühschwangerschaft (bis zu 12 Wochen) zur Vorbeugung von Geburtsfehlern

Folsäure ist eine synthetische Form von Folat, das in Nahrungsergänzungsmitteln und in einigen Ländern auch als Zusatz in Grundnahrungsmitteln (wie Weizen- und Maismehl) verwendet wird, um das Auftreten von Neuralrohrdefekten (NRD) zu verringern. Dazu gehören die Spina bifida (offener Rücken), bei der eine Öffnung an einem oder mehreren der Knochen (Wirbel) der Wirbelsäule vorliegt, und die Anenzephalie, bei der sich das Kopfende des Neuralrohrs nicht schließt. Eine Nahrungsergänzung mit Folsäure wird international für Frauen mit Kinderwunsch bis zur vollendeten 12. Schwangerschaftswoche empfohlen. Eine weitere Möglichkeit, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen wird, besteht darin, dass Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter in regelmäßigen Abständen (wöchentlich) Eisen- und Folsäurepräparate einnehmen, vor allem in Bevölkerungsgruppen, in denen das Auftreten von Anämien bei über 20 % liegt. Eine solche Nahrungsergänzung kann auch das Auftreten anderer Geburtsfehler wie der Lippenspalte mit oder ohne Gaumenspalte sowie angeborener Herz-Kreislauf-Fehlbildungen verringern. In jüngster Zeit wurde 5-Methyltetrahydrofolat (5-MTHF) als Alternative zu Folsäurepräparaten vorgeschlagen. Der Grund dafür liegt in dem Umstand, dass der Großteil des über die Nahrung eingenommenen Folats und der Folsäure zu 5-MTHF verstoffwechselt wird. Bei einigen Frauen ist aufgrund bestimmter genetischer Eigenschaften die Folatkonzentration im Blut verringert.

Dieser Review bestätigt, dass eine Nahrungsergänzung mit Folsäure das erste und das erneute Auftreten von NRD verhindert, und zeigt, dass es nicht genügend Evidenz gibt, um zu bestimmen, ob Folsäure anderen Geburtsfehlern vorbeugt. Informationen zur Sicherheit anderer aktueller und alternativer Nahrungsergänzungsschemata und zu möglichen Wirkungen auf andere Endpunkte für Mütter und Babys fehlen ebenso. Dieser Review über 5 Studien mit 7.391 Schwangerschaften (2.033 nach vorangegangener Schwangerschaft mit NRD und 5.358 ohne NRD in der Anamnese) belegt die Schutzwirkung einer täglichen Nahrungsergänzung durch Folsäure in Dosen von 0,36 mg (360 µg) bis 4 mg (4.000 µg) mit und ohne andere Vitamine und Mineralstoffe vor der Empfängnis bis zur 12. vollendeten Schwangerschaftswoche gegen das erneute Auftreten eines solchen Defekts. Es lagen keine ausreichenden Daten vor, um die Wirkungen auf andere Endpunkte wie Lippen- und Gaumenspalte, Fehlgeburten oder andere Geburtsfehler zu beurteilen. Es sind weitere Forschungsarbeiten zu verschiedenen Arten von Nahrungsergänzung, Programmen und dem Einsatz anderer Ergänzungsmittel (z. B. 5-Methyltetrahydrofolat, 5-MTHF) nötig, vor allem in Ländern, in denen der Zusatz von Folsäure zu Grundnahrungsmitteln wie Weizen- oder Maismehl nicht vorgeschrieben ist und wo die Prävalenz (das Vorkommen) von NRD immer noch hoch ist. Die Qualität der Evidenz für die Endpunkte bei Neugeborenen war für NRD hoch, während sie für andere Endpunkte bei Neugeborenen niedrig lag. Die Qualität der Evidenz für die Endpunkte bei Müttern wurde insgesamt als moderat bewertet.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

S. Schmidt-Wussow, freigegeben durch Cochrane Schweiz.

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