Rekrutierungsmanöver als Beatmungsstrategie für Erwachsene mit akutem Atemnotsyndrom aufgrund von Lungenschädigung

Hintergrund: Die akute respiratorische Insuffizienz ist eine häufige Erkrankung bei Erwachsenen weltweit, die auf Intensivstationen aufgenommen werden. Obwohl eine akute respiratorische Insuffizienz viele Ursachen hat, kann sie auf eine Erkrankung zurückzuführen sein, die als akutes Atemnotsyndrom (engl. acute respiratory distress syndrome, ARDS) bekannt ist. Dieser Begriff beschreibt eine Erkrankung, bei der beide Lungenflügel durch eine von mehreren möglichen Ursachen geschädigt und entzündet sind und nicht mehr so funktionieren, wie im Normalfall, um den Körper mit Sauerstoff zu versorgen und Kohlendioxid aus dem Körper zu entfernen. Dies führt zu einer verminderten Sauerstoffmenge im Blut. Patienten müssen möglicherweise an einen Respirator (Beatmungsgerät) angeschlossen werden, um ihre Atmung zu unterstützen. Diese Behandlung wird als maschinelle Beatmung bezeichnet. Die unterstützende Versorgung mit maschineller Beatmung ist ein wichtiger Pfeiler der Standardbehandlung von Patienten mit akutem Atemnotsyndrom.

Obwohl sie lebensrettend sein kann, kann die maschinelle Beatmung durch Ausdehnung und Kollabieren der Lunge oder Überdehnung des Lungengewebes weiter zu einer Lungenschädigung beitragen. Um die Schädigung der verletzten Lunge zu minimieren, werden kleinere Luftvolumina mit niedrigerem Druck in Verbindung mit einem positiven Druck am Ende der Ausatmung (engl. positive endexpiratory pressure, PEEP) verwendet. Diese Beatmungsstrategie verkürzt nachweislich die Zeit, in der Patienten maschinell beatmet werden müssen und verbessert gleichzeitig die Überlebenschancen; sie wurde als Standardbehandlung für Patienten mit akutem Atemnotsyndrom auf der Intensivstation übernommen.

Neben dieser Strategie wurden zusätzliche Beatmungstechniken entwickelt. Eine dieser Techniken ist als Rekrutierungsmanöver bekannt. Wenn es mit einem höheren PEEP kombiniert wird, nennt man es Open-lung-Konzept. Bei einem Rekrutierungsmanöver werden anhaltende tiefe Atemzüge eingesetzt, um die Rekrutierung - oder Wiedereröffnung - kollabierter Lungenabschnitte zu unterstützen. Dies kann möglicherweise die Anzahl der für die Atmung verfügbaren Lungenabschnitte erhöhen und die Ergebnisse für Patienten verbessern. Die Auswirkungen von Rekrutierungsmanövern sind noch nicht gut bekannt.

Datum der Suche: Die Evidenz ist auf dem Stand vom August 2016.

Studienmerkmale: Wir schlossen 10 Studien in diesen Review ein, die insgesamt 1658 Teilnehmer mit akutem Atemnotsyndrom einschlossen.

Hauptergebnisse: Evidenz von niedriger Qualität deutet darauf hin, dass Rekrutierungsmanöver die Überlebenschancen auf der Intensivstation verbessern, nicht aber die 28-Tage- oder Krankenhaus-Überlebensrate. Rekrutierungsmanöver haben keinen Einfluss auf das Risiko des Luftaustritts aus der Lunge.

Qualität der Evidenz: Wir stellten fest, dass die Evidenz für die meisten Endpunkte von niedriger bis moderater Qualität ist, was in erster Linie auf die Gestaltung der eingeschlossenen Studien zurückzuführen ist. In vielen Studien wurde das Rekrutierungsmanöver zusammen mit anderen Beatmungstechniken oder -strategien eingesetzt. Dies könnte die Ergebnisse beeinflusst haben. Vorsicht ist geboten, wenn Rückschlüsse auf die Wirksamkeit des Rekrutierungsmanövers an sich gezogen werden.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Zelck, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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