Übungen bei Nackenschmerzen

Reviewfrage

Wir haben die Evidenz (den wissenschaftlichen Beleg) für die Wirkung einer Übungstherapie auf Schmerzen, Aktivitätseinschränkungen, Patientenzufriedenheit und Lebensqualität von Menschen mit Nackenschmerzen begutachtet.

Hintergrund

Nackenschmerzen sind weit verbreitet; sie können die Fähigkeit eines Menschen zur Teilhabe an alltäglichen Aktivitäten beeinträchtigen und sind kostenintensiv. Eine Übungstherapie ist eine häufig angewandte Behandlung bei Nackenschmerzen. Dieser Review schließt aktive, zur Behandlung von Nackenschmerzen verordnete oder durchgeführte Übungen (einschließlich spezifischer Nacken- und Schulterübungen, Dehnung, Kräftigung, Haltungs-, Atem-, Kognitions- („Denk“-), Funktions-, Augenfixationsübungen und propriozeptiver (die Tiefenwahrnehmung ansprechender) Übungen) ein. Studien, in denen eine Übungstherapie als Teil einer multidisziplinären (fachübergreifenden), multimodalen (mit anderen Behandlungen wie beispielsweise Manipulationen oder Ultraschall kombinierten) Behandlung angewandt wurde, oder Übungen, die eine Anwendung durch eine dafür ausgebildete Person erfordern (zum Beispiel Anspannungs-Entspannungstechniken (Hold-Relax), Rhythmische Stabilisation und passive Techniken) wurden ausgeschlossen.

Studienmerkmale

Die Evidenz ist auf dem Stand von Mai 2014. Wir fanden 27 Studien (mit insgesamt 2485 Teilnehmern), die untersucht haben, ob Übungen dazu beitragen können, Nackenschmerzen und Aktivitätseinschränkungen zu reduzieren sowie die Funktionsfähigkeit, globale Selbsteinschätzung des Behandlungseffekts, Patientenzufriedenheit und/oder Lebensqualität zu verbessern. In diesen Studien wurden Übungen entweder mit einer Plazebo- (Schein-) Behandlung oder keiner Behandlung (Warteliste) verglichen, oder es wurden Übungen in Kombination mit einer weiteren Intervention mit dieser (weiteren) Intervention verglichen (welche Manipulationen, Schulung/ Beratung, Akupunktur, Massage, Wärme oder die Gabe von Medikamenten beinhalten konnte). Vierundzwanzig der 27 Studien, die Nackenschmerzen auswerteten, machten Angaben zur Dauer der Einschränkung: 1 akut; 1 akut bis chronisch; 1 subakut; 4 subakut/chronisch; und 16 chronisch. Eine Studie berichtete über Nackenbeschwerden mit akuter Radikulopathie (Nervenwurzelreizung); zwei Studien untersuchten subakute bis chronische zervikogene Kopfschmerzen (Kopfschmerzen mit Ursprung in der Halswirbelsäule).

Hauptergebnisse

Die Ergebnisse zeigten, dass Übungen unbedenklich (sicher) sind, mit vorübergehenden und harmlosen Nebenwirkungen, obwohl über die Hälfte der Studien keine Angaben zu unerwünschten Effekten machten. Um die Vergleichbarkeit der Protokolle bei der Begutachtung der Effekte verschiedener Übungsarten sicherzustellen, wurde ein Übungsklassifikationssystem angewandt. Einige Übungsarten zeigten einen Vorteil gegenüber den weiteren Vergleichsgruppen. Kräftigungsübungen scheinen für die Behandlung von chronischen Nackenschmerzen, zervikogenen Kopfschmerzen und zervikaler Radikulopathie eine Rolle zu spielen, wenn sich diese Übungen auf den Nacken, die Schultern und die Schulterblattregion konzentrieren. Außerdem zeigte sich, dass auch die Kombination von Kräftigungsübungen mit Ausdauer- oder Dehnübungen positive Effekte bewirkt. Es gibt einige Evidenz mit Hinweisen auf positive Effekte von spezifischen Übungen (z.B. Sustained Natural Apophyseal Glides, eine spezielle Technik aus der Manuellen Therapie) bei zervikogenen Kopfschmerzen und Achtsamkeitsübungen (z.B. Qigong) bei chronischen, mechanisch bedingten Nackenschmerzen. Der Effekt auf Nackenschmerzen und die Funktionsfähigkeit scheint minimal zu sein, wenn lediglich Dehn- oder Ausdauerübungen für den Nacken, die Schultern und die Schulterblattregion durchgeführt werden.

Qualität der Evidenz

Es fand sich keine Evidenz hoher Qualität, was zeigt, dass weiterhin Unsicherheit bezüglich der Effektivität von Übungen bei Nackenschmerzen besteht. Es ist wahrscheinlich, dass zukünftige Forschung einen bedeutsamen Einfluss auf die Effektschätzung (den ermittelten Effekt) haben wird. Es gab einige Herausforderungen bei diesem Review; z.B. war die Teilnehmerzahl in den meisten Studien gering, mehr als die Hälfte der eingeschlossenen Studien war von niedriger oder sehr niedriger Qualität, und es gab nur begrenzte Evidenz zu optimalen Dosierungsanforderungen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Oldenburg, A. Runnebaum und C. Braun, Koordination durch Cochrane Schweiz

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