Valproat-haltige Arzneimittel zur Behandlung von agitiertem Verhalten bei Menschen mit Demenz

Hintergrund

Agitiertes Verhalten tritt in fortgeschrittenen Stadien von Demenz sehr häufig auf. Es kann sich als verbale Verhaltensweisen wie Schreien sowie als körperliche Verhaltensweisen wie Umherwandern oder körperliche Aggression äußern. Nachweislich verschlimmert sich hierdurch der Stress, dem die pflegenden Angehörigen ausgesetzt sind, und das Verletzungsrisiko steigt. Zudem erhöht sich der Bedarf, Menschen mit Demenz in einer Pflegeeinrichtung unterzubringen.

Ein Wirkstoff, der zur Behandlung von agitiertem Verhalten bei Menschen mit Demenz eingesetzt wird, ist Valproat, das in verschiedenen Formen in Präparaten enthalten ist (Valproinsäure, Divalproex-Natrium, Natriumvalproat und Valproat-Seminatrium). Diese Arzneimittel werden zwar in aktuellen Leitlinien (z.B. vom National Institute for Health and Care Excellence) nicht empfohlen, dennoch werden sie teilweise immer noch Menschen mit Demenz zur Behandlung von agitiertem Verhalten verabreicht.

Zielsetzung dieses Reviews

Wir wollten die vorhandene Evidenz dahingehend überprüfen, inwiefern die Verabreichung von Valproat-haltigen Arzenimitteln an Personen mit Demenz zur Behandlung von Agitation wirksam und sicher ist.

Eingeschlossene Studien

Wir durchsuchten medizinische Datenbanken nach Studien, die bis Dezember 2017 veröffentlicht worden waren, bei denen Valproat-haltige Arzneimittel zur Behandlung von agitiertem Verhalten bei Personen mit diagnostizierter Demenz mit einem Placebo (Scheintablette) verglichen wurden.

Wir schlossen fünf Studien mit 479 Teilnehmenden ein, die an verschiedenen Arten von Demenz mit agitiertem Verhalten litten. Der Untersuchungszeitraum der meisten Studien war sechs Wochen. Eine Studie wies nur eine Dauer von drei Wochen auf. Die Studien wurden im Allgemeinen methodisch angemessen durchgeführt, jedoch wurden die Methoden nicht immer vollständig berichtet. Bei einer Studie bestand aufgrund der hohen Anzahl von Personen, die in der Valproat-Gruppe die Studie abbrachen, ein hohes Verzerrungs-Risiko.

Hauptergebnisse

Die Studien bewerteten agitiertes Verhalten anhand verschiedener Skalen, wobei die Verlässlichkeit der Evidenz für die verschiedenen Skalen von moderat bis sehr niedrig reichte. Insgesamt fanden wir keine Evidenz dafür, dass Valproat-haltige Arzneimittel das Verhalten, insbesondere das agitierte Verhalten, verbesserten. Wir stellten fest, dass Valproat-haltige Arzneimittel wahrscheinlich nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf die Fähigkeit der Teilnehmenden hatten, ihren Alltag zu bewältigen. Wir können nicht sicher sein, ob sie sich auf die Kognition (Denk- und Erinnerungsvermögen) auswirken, da die Verlässlichkeit der Evidenz sehr niedrig war.

In drei Studien fanden wir Evidenz von niedriger Vertrauenswürdigkeit dafür, dass bei Teilnehmenden, die Valproat einnahmen, eine höhere Wahrscheinlichkeit für schädliche Wirkungen bestand als bei den Teilnehmenden, die ein Placebo einnahmen. Hinsichtlich schwerwiegender unerwünschter Wirkungen wie schwere Erkrankungen oder Krankenhauseinweisungen konnten wir Unterschiede nicht mit Sicherheit feststellen. Die Daten zweier Studien legen jedoch nahe, dass diese bei den Teilnehmenden, die Valproat einnahmen, häufiger auftraten. Einige der mit Valproat verbundenen Nebenwirkungen waren Schläfrigkeit, Krankheitsgefühl, Kranksein, wässriger Stuhl und Harnwegsinfektionen.

Schlussfolgerungen

Wir identifizierten nur fünf relativ kleine Studien, die in diesen Review eingeschlossen werden konnten. Sie unterschieden sich in ihren Methoden, der Art des Arzneimittels und seiner Dosis, der Dauer der Behandlung und den zur Messung verwendeten Skalen. Dies schränkte die Möglichkeit ein, Daten studienübergreifend zu vergleichen und mit statistischen Methoden zusammenzuführen. Wir sind uns bezüglich der Schlussfolgerung, dass Valproat-haltige Arzneimittel agitiertes Verhalten bei Demenz nicht verbessern, dennoch moderat sicher. Darüber hinaus sind sie möglicherweise mit unerwünschten Wirkungen verbunden.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

T. Brugger, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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