Psychedelika-assistierte Therapie zur Behandlung von Angst, Depression und existenzieller Not bei Menschen mit lebensbedrohlichen Krankheiten

Kernaussagen

- Bei Menschen mit lebensbedrohlichen Krankheiten (z. B. Krebs) führt eine Psychedelika-assistierte Therapie mit den "klassischen" Psychedelika (dem Magic-Mushroom-Wirkstoff Psilocybin oder LSD) möglicherweise zu einer Verringerung von Angst- und Depressionssymptomen.

- Wir haben auch festgestellt, dass existenzielle Sorgen (wie das Gefühl, dass das Leben keinen Sinn hat) und die Lebensqualität durch klassische Psychedelika möglicherweise verbessert werden. Die Evidenz ist hierzu allerdings uneinheitlich und sehr unsicher.

- Für Psychedelika-assistierte Therapie mit MDMA ("Ecstasy") liegen nur wenige Daten zu diesen Endpunkten vor. Die Ergebnisse sind daher sehr unsicher.

- In den von uns identifizierten Studien wurden keine schwerwiegenden negativen Wirkungen der Psychedelika-assistierten Therapie berichtet. Allerdings ist die Evidenz sehr unsicher. Mäßig starke Nebenwirkungen klangen nach dem Nachlassen der medikamentösen Wirkung oder innerhalb der folgenden Woche ab.

Welche Bedeutung haben Angst, Depression und existenzielle Not bei Menschen mit lebensbedrohlichen Krankheiten?

Ängste, Depressionen und existenzielle Probleme sind bei Menschen, die mit einer lebensbedrohlichen Krankheit konfrontiert sind, häufig und beeinträchtigen sowohl ihre eigene Lebensqualität als auch die ihrer Pflegenden oder Angehörigen.

Wie werden Ängste, Depressionen und existenzielle Probleme behandelt?

Die Behandlung dieser Symptome ist eine Herausforderung, insbesondere in der Sterbebegleitung, da bewährte Antidepressiva oder Medikamente gegen Angstzustände möglicherweise nicht helfen und eine Psychotherapie zeitintensiv oder schwer zugänglich sein kann.

Was ist eine Psychedelika-assistierte Therapie?

Psychedelika sind in den meisten Ländern illegal, jedoch ist ihre medizinische Anwendung in einigen wenigen Staaten unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Gleichzeitig gewinnt die Forschung zur therapeutischen Nutzung von Psychedelika zunehmend an Bedeutung. Bei der Psychedelika-assistierten Therapie wird eine psychedelische Substanz, z. B. LSD, der Magic-Mushroom-Wirkstoff Psilocybin oder MDMA ("Ecstasy") unter enger therapeutischer Überwachung durch Ärzte, Ärztinnen, Psycholog*innen (oder andere) eingenommen. Die Psychedelika-assistierte Therapie umfasst drei Behandlungsphasen: Zunächst finden Vorbereitungssitzungen statt, dann folgt die begleitete Einnahme der Substanz, anschließend werden dann Integrationssitzungen durchgeführt, um die Erfahrung zu reflektieren.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, ob eine Psychedelika-assistierte Therapie Ängste, Depressionen und existenzielle Probleme wirksamer verbessert als eine Therapie, die auf einem aktiven Placebo basiert. Wir wollten auch herausfinden, ob eine Psychedelika-assistierte Therapie mit unerwünschten Wirkungen oder schädlichen Auswirkungen verbunden ist.

Wie gingen wir vor?
Unser Ziel war es, die verfügbare Evidenz für Psychedelika-assistierte Therapien zur Behandlung von Ängsten, Depressionen und existenziellen Problemen systematisch zu sammeln und zu bewerten. Wir suchten nach qualitativ hochwertigen klinischen Studien. Wir fassten die Ergebnisse der Studien mit statistischen Methoden zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die Evidenz, basierend auf Faktoren wie der Studienmethodik.

Was fanden wir?

Wir fanden sechs Studien, in denen eine Psychedelika-assistierte Therapie mit Psilocybin (3 Studien), LSD (2 Studien) und MDMA (1 Studie) getestet wurde. An den Studien nahmen 149 Erwachsene mit Angstzuständen, Depressionen oder existenziellen Problemen teil. In der größten Studie wurde Psilocybin an 56 Personen getestet, in den beiden kleinsten Studien wurde Psilocybin oder LSD an 12 Personen getestet. Die Studien fanden in den USA und der Schweiz statt. Die meisten Studien umfassten eine Nachbeobachtung von 6 bis 12 Monaten. Pharmaunternehmen waren nicht an der Finanzierung der Studien beteiligt. Stattdessen wurde die Finanzierung von Organisationen getragen, deren Ziel es ist, die Entwicklung von Psychedelika-assistierter Therapie voranzutreiben.

Eine Psychedelika-assistierte Therapie mit klassischen Psychedelika (Psilocybin, LSD) verringert möglicherweise im Vergleich zu einem aktiven Placebo (z. B. einer sehr niedrigen Dosis des psychedelischen Wirkstoffs) Ängste und Depressionen. Unser Vertrauen in die Schätzung des Effekts ist eingeschränkt. Das bedeutet, dass sich durch weitere Studien herausstellen könnte, dass sich der wahre Effekt erheblich von der Schätzung unterscheidet. Eine Psychedelika-assistierte Therapie mit klassischen Psychedelika kann möglicherweise existenzielle Ängste lindern. Die Evidenz ist allerdings uneinheitlich und sehr unsicher. Für die Psychedelika-assistierte Therapie mit MDMA sind die Daten zu Angst oder Depression nicht schlüssig; die Auswirkung auf existenzielle Probleme wurde nicht untersucht.

Die Psychedelika-assistierte Therapie mit klassischen Psychedelika (Psilocybin, LSD) verbessert möglicherweise im Vergleich zu einem aktiven Placebo die Lebensqualität und bewirkt möglicherweise spirituelle Erfahrungen, allerdings ist die Evidenz sehr unsicher. Bei der MDMA-assistierten Therapie hat sich die Lebensqualität nicht verbessert, aber die Evidenz ist sehr unsicher. Die Endpunkte zu Spiritualität wurden für MDMA nicht erhoben.

Die Psychedelika-assistierte Therapie scheint gut verträglich zu sein. Die Evidenz zu Nebenwirkungen ist aber sehr unsicher. In den Studien wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen berichtet. Die Studien mit klassischen Psychedelika berichteten über leichte bis mittelschwere unerwünschte Wirkungen wie Übelkeit, Angstzustände, Mundtrockenheit, psychoseähnliche Symptome (z. B. Pseudohalluzinationen, bei denen die Betroffenen wissen, dass sie halluzinieren) und erhöhten Blutdruck, die nach Nachlassen der Wirkung der Substanz, oder am nächsten Tag, wieder abklangen. In der MDMA-Studie wurde über Angstzustände, Mundtrockenheit, Kieferpressen und Kopfschmerzen berichtet, die nach Nachlassen der Wirkung der Substanz oder innerhalb der folgenden Woche abklangen.

Was schränkt die Evidenz ein?

Die Evidenz war in vielerlei Hinsicht begrenzt. Insbesondere wussten die Teilnehmenden oft, welche Behandlung sie erhielten. Das kann die Ergebnisse beeinflusst haben. Darüber hinaus waren die Studien klein. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass zukünftige Studien die Schlussfolgerungen dieses Reviews ändern könnten. Da die US-amerikanische Drug Enforcement Administration (DEA) Psychedelika derzeit als „Schedule I“-Substanzen einstuft – was bedeutet, dass sie als Drogen ohne anerkannten medizinischen Nutzen und mit hohem Missbrauchspotenzial gelten – ist die Forschung in diesem Bereich zwar eingeschränkt, nimmt jedoch kontinuierlich zu.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Dieser Review stützt sich auf eine Studiensuche bis März 2024.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Schindler, M. Zeitler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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