Antibiotika bei Mittelohrentzündung mit Erguss (OME oder "Leimohr") bei Kindern

Kernaussagen

Es ist unsicher, ob die Einnahme von Antibiotika das Hörvermögen von Kindern mit OME verbessert, da es an vertrauenswürdiger Evidenz mangelt.

Der Einsatz von Antibiotika im Vergleich zu keiner Behandlung verringert möglicherweise geringfügig die Zahl der Kinder, die drei Monate nach der Behandlung weiterhin eine OME haben. Es ist unklar, ob es sich dabei um eine länger anhaltende Wirkung handelt, da nur wenige Studien die Kinder länger als drei Monate beobachtet haben.

In den Studien dieses Reviews wurde nicht über schwerwiegende Schäden durch die Behandlung mit Antibiotika berichtet. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass Antibiotika unangenehme Nebenwirkungen wie Hautausschlag verursachen können.

Was ist OME?

Das Leimohr (oder "Otitis media mit Erguss", OME) ist eine relativ häufige Erkrankung unter Kleinkindern. Im Mittelohr sammelt sich dabei Flüssigkeit an, was zu Hörminderung führen kann. Infolge des verminderten Hörvermögens können die Kinder Schwierigkeiten in der Sprachentwicklung und in der Schule haben.

Wie wird OME behandelt?

In den meisten Fällen ist eine OME nicht behandlungsbedürftig und die Symptome bessern sich mit der Zeit. Bei Kindern mit persistierender OME werden verschiedene Behandlungen eingesetzt, darunter Medikamente oder chirurgische Eingriffe (Einsetzen von Paukenröhrchen in das Trommelfell mit oder ohne Entfernung der Rachenmandeln). Manchmal befinden sich Bakterien in der Flüssigkeit, die sich im Mittelohr ansammelt. Um diese Bakterien zu bekämpfen, werden manchmal Antibiotika eingesetzt. Dadurch sollen sich die Symptome von OME verbessern.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, ob Antibiotika bei Kindern mit OME besser wirken als eine Placebo-Behandlung (Scheinbehandlung) oder keine Behandlung.

Wir wollten auch herausfinden, ob die Einnahme von Antibiotika bei dieser Erkrankung unerwünschte Wirkungen hat.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, die eine orale Antibiotikabehandlung mit Placebo oder keiner Behandlung bei Kindern mit OME untersuchten. Wir verglichen und fassten die Studienergebnisse mit statistischen Methoden zusammen und bewerteten unser Vertrauen in die Evidenz, basierend auf Faktoren wie Studienmethoden und Größe der Studien.

Was fanden wir?

Wir haben 19 Studien mit über 2500 Kindern einbezogen. Es wurden viele verschiedene Arten von oralen Antibiotika verwendet, und die Dauer der Behandlung war in den einzelnen Studien sehr unterschiedlich.

Es ist unklar, ob sich Antibiotika auf das Hörvermögen auswirken, da die Evidenz nicht vertrauenswürdig war.

Im Vergleich zur Nichtbehandlung verringern Antibiotika möglicherweise geringfügig die Zahl der Kinder, die nach drei Monaten Nachbeobachtungszeit weiterhin an einer OME leiden. Nur zwei Studien untersuchten die Anzahl der Kinder mit OME nach einer längeren Nachbeobachtungszeit als 3 Monate. Wir können uns nicht sicher sein, ob es sich um einen dauerhaften Effekt handelt, da OME wieder auftreten kann.

Wir wissen nicht, ob sich die Behandlung mit Antibiotika auf die Lebensqualität auswirkt, da keine der in diesen Review einbezogenen Studien dieses Ergebnis berichtet hat. Wir konnten nur wenig Evidenz zum Auftreten von Anaphylaxie - einer seltenen, aber sehr schweren allergischen Reaktion - finden. Zumindest wurde in keiner der Studien berichtet, dass Kinder unter Anaphylaxie litten. Das kann entweder daran liegen, dass niemand eine Reaktion zeigte, oder dass dies in den Studien einfach nicht berichtet wurde.

Was schränkt die Evidenz ein?

Da die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz sehr niedrig ist, können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob eine Behandlung mit Antibiotika Kindern mit OME einen Nutzen bringt. Da die meisten Studien nur von sehr kurzer Dauer waren, wissen wir nicht, ob die Wirkung der Antibiotika über längere Zeiträume anhält - selbst wenn sich die OME kurzfristig zu bessern scheint, kann sie wieder auftreten.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand von Januar 2023.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

T. Brugger, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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