Endovaskuläre Behandlung von Vertebralarterienstenosen

Fragestellung

Ist eine endovaskuläre Behandlung in Kombination mit einer medikamentösen Behandlung für Menschen mit symptomatischer Vertebralarterienstenose im Vergleich zur alleinigen medikamentösen Behandlung von Vorteil?

Hintergrund

Die Vertebralarterie ist das Blutgefäß, das den hinteren Teil des Gehirns versorgt. Eine Verengung dieses Gefäßes (Vertebralarterienstenose) ist eine wichtige Ursache für Schlaganfälle, aber nicht jeder, der eine Vertebralarterienstenose hat, zeigt Symptome. Die nicht-operative Behandlung (vor allem Kontrolle der Risikofaktoren und medikamentöse Behandlung), die chirurgische Behandlung und die endovaskuläre Therapie (Aufdehnung der Arterie mit einem Ballon, z. B. perkutane transluminale Angioplastie, mit oder ohne Einsetzen eines kleinen Netzschlauches (Stenting)) sind die wichtigsten Ansätze, wenn die Verengung der Vertebralarterie Symptome verursacht (symptomatische Vertebralarterienstenose). Die optimale Behandlung von Menschen mit symptomatischer Vertebralarterienstenose ist jedoch noch nicht geklärt. Wir schlossen Studien ein, die eine endovaskuläre Behandlung in Kombination mit einer medikamentösen Behandlung bei Menschen mit symptomatischer Vertebralarterienstenose mit der alleinigen medikamentösen Behandlung verglichen.

Datum der Suche

Wir haben am 23. Juli 2021 verschiedene medizinische Datenbanken nach klinischen Studien durchsucht, die uns bei der Beantwortung der Forschungsfrage helfen würden.

Studienmerkmale

Wir schlossen drei Studien mit insgesamt 349 Personen ein, die an symptomatischer Vertebralarterienstenose litten. Alle Studien wurden an mehreren Zentren durchgeführt. In zwei Studien wurden Patientinnen und Patienten mit einer intrakraniellen oder extrakraniellen Vertebralarterienstenose nach dem Zufallsprinzip entweder einer endovaskulären Therapie plus medikamentöser Behandlung oder einer medikamentösen Behandlung allein zugewiesen. In einer Studie wurden Patientinnen und Patienten mit einer intrakraniellen Vertebralarterienstenose nach dem Zufallsprinzip entweder einer endovaskulären Therapie plus medikamentöser Behandlung oder einer medikamentösen Behandlung allein zugewiesen.

Hauptergebnisse

Wir fanden keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des Risikos, zu sterben oder einen Schlaganfall zu erleiden, zwischen den Personen, die sowohl endovaskulär als auch medikamentös behandelt wurden, und denen, die nur medikamentös behandelt wurden.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz

Wir haben ein geringes bis mäßiges Vertrauen in die Ergebnisse der Studien: Unser Vertrauen ist deshalb nicht größer, weil die Teilnehmenden wussten, welche Behandlung sie erhielten, und weil einige Ergebnisse ein breites Konfidenzintervall haben. Dies ist dadurch bedingt, weil nur bei wenigen Patienten das entsprechende Endpunktereignis auftrat.

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Dieser Cochrane-Review zeigt mit geringer bis mittlerer Sicherheit der Evidenz, dass es keine signifikanten Unterschiede im kurz- oder langfristigen Risiko für Schlaganfall, Tod oder TIA zwischen Menschen mit symptomatischer Vertebralarterienstenose, die mit ET plus MT behandelt werden, und solchen, die nur mit MT behandelt werden, gibt.

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Hintergrund: 

Eine Vertebralarterienstenose (Verengung der Vertebralarterie) ist eine bedeutende Ursache für ischämische Schlaganfälle im hinteren Stromgebiet. Nicht-invasive Behandlung (medical treatment, MT), z. B. Kontrolle von Risikofaktoren und medikamentöse Behandlung, Operation und endovaskuläre Therapie (ET) sind die hauptsächlichen Behandlungsstrategien bei symptomatischen Vertebralarterienstenosen. Die ET besteht aus einer perkutanen transluminalen Angioplastie (Ballonkatheter durch die Haut), mit oder ohne Stenting. Die optimale Behandlung von Menschen mit symptomatischer Vertebralarterienstenose ist jedoch noch nicht geklärt.

Zielsetzungen: 

Bewertung der Sicherheit und Wirksamkeit der perkutanen transluminalen Angioplastie mit oder ohne Stenting in Kombination mit MT im Vergleich zu MT allein bei Patienten mit zerebraler Ischämie aufgrund einer Vertebralarterienstenose.

Suchstrategie: 

Wir durchsuchten die folgenden Datenbanken: Cochrane Stroke Group, MEDLINE, Embase, BIOSIS und zwei weitere Indizes im Web of Science, die China Biological Medicine Database, die Chinese Science and Technique Journals Database, die China National Knowledge Infrastructure und Wanfang Data sowie das ClinicalTrials.gov-Studienregister und die World Health Organization (WHO) International Clinical Trials Registry Platform bis zum 23. Juli 2021.

Auswahlkriterien: 

Wir schlossen alle randomisierten kontrollierten Studien (RCTs) ein, die ET plus MT mit MT allein zur Behandlung von Personen ab 18 Jahren mit symptomatischer Vertebralarterienstenose verglichen. Wir schlossen alle ET-Modalitäten ein (z. B. Angioplastie allein, ballonmontierter Stent und Angioplastie mit Einsetzen eines selbstexpandierenden Stents). MT umfasste die Kontrolle von Risikofaktoren, Thrombozytenaggregationshemmer, Lipidsenker und ein individuelles Management von Bluthochdruck oder Diabetes.

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei Review-Autoren überprüften unabhängig voneinander die Studien bezüglich Einschlusskriterien, extrahierten die Daten und bewerteten die Qualität der Studien sowie das Risiko für Bias. Wir haben den GRADE-Ansatz verwendet, um die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz zu bewerten. Die primären Endpunkte waren Tod/Schlaganfall 30 Tage nach der Randomisierung (kurzfristiger Endpunkt) und tödlicher/nicht tödlicher Schlaganfall im Zeitraum 30 Tage nach der Randomisierung bis zum Abschluss der Nachbeobachtung (Langzeit-Endpunkt).

Hauptergebnisse: 

Wir schlossen drei RCTs mit 349 Teilnehmern mit symptomatischer Vertebralarterienstenose und einem Durchschnittsalter von 64,4 Jahren ein. Die eingeschlossenen RCTs hatten insgesamt ein niedriges Risiko für Bias. Bei allen eingeschlossenen Studien bestand jedoch ein hohes Risiko für Performance-Bias, da die Verblindung der ET nicht möglich war.

Es gab keinen signifikanten Unterschied in Bezug auf Todesfälle/Schlaganfälle 30 Tage nach der Randomisierung zwischen ET plus MT und MT allein (Risikoverhältnis (RR) 2,33, 95 % Konfidenzintervall (KI) 0,77 bis 7,07; 3 Studien, 349 Teilnehmer; geringe Sicherheit der Evidenz). Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen ET plus MT und MT allein in Bezug auf tödliche/nicht tödliche Schlaganfälle im Stromgebiet der behandelten Vertebralarterienstenose im Zeitraum 30 Tage nach der Randomisierung bis zum Abschluss der Nachbeobachtung (RR 0,51, 95% KI 0,26 bis 1,01; 3 Studien, 349 Teilnehmer; mäßige Sicherheit der Evidenz), ischämische oder hämorrhagische Schlaganfälle während der gesamten Nachbeobachtungszeit (RR 0.77, 95% KI 0,44 bis 1,32; 3 Studien, 349 Teilnehmer; moderate Sicherheit der Evidenz), Tod während des gesamten Nachbeobachtungszeitraums (RR 0,78, 95% KI 0,37 bis 1,62; 3 Studien, 349 Teilnehmer; geringe Sicherheit der Evidenz) und Schlaganfall oder transitorische ischämische Attacke (TIA) während des gesamten Nachbeobachtungszeitraums (RR 0,65, 95% KI 0,39 bis 1,06; 2 Studien, 234 Teilnehmer; moderate Sicherheit der Evidenz).

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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