Ansätze einer nicht-medikamentösen Vorbeugung von Delir bei Erwachsenen, die nicht intensiv gepflegt oder mit hohem Aufwand stationär versorgt werden

Fragestellung des Reviews

Die Autor:innen überprüften die Evidenz zu nicht-pharmakologischen (nicht medikamentenbasierten) Ansätzen zur Vorbeugung von Delir bei Erwachsenen im Krankenhaus. Ausgeschlossen wurden Patient:innen, die auf Intensivstationen (spezialisierte Stationen für die Versorgung kritisch kranker Patient:innen) behandelt werden.

Hintergrund

Delir ist eine Erkrankung, die bei Erwachsenen häufig vorkommt, vor allem bei hospitalisierten älteren Erwachsenen. Manchmal wird es auch als “akuter Verwirrtheitszustand” bezeichnet. Typischerweise beginnt ein Delir bei einer Person plötzlich mit Verwirrtheit die fluktuiert und schließt oft eine Beeinträchtigung von Konzentration, Gedächtnis und Denkvermögen ein sowie eine geminderte Wahrnehmung der Umgebung. Es bringt Schwindel mit sich oder Erregung, Unruhe und Halluzinationen, die in der Regel visueller Art sind (sehen von Dingen, die nicht da sind). Dieser Zustand kann sie auf Betroffene und deren Familien sehr belastend auswirken. Ein Delir ist zudem mit einem höheren Risiko von Komplikationen verbunden, wie z. B. Versterben im Krankenhaus, einem längeren Krankenhausaufenthalt und einem höheren Versorgungsbedarf nach der Entlassung. Es gibt zunehmend Evidenz dafür, dass ein Delir mit einem höheren Risiko für eine dauerhafte Verschlechterung der Gedächtnis- und der Denkfähigkeiten einher geht, einschließlich der Entwicklung oder Verschlechterung einer Demenz.

Nicht-pharmakologische Ansätze sind Ansätze, die keine Medikamente einsetzen, sondern andere Aspekte der Versorgung fokussieren. Sie werden bereits als wichtig angesehen, um das Risiko eines Delirs zu vermindern. Dies gilt besonders für multikomponentielle Interventionen, die auf mehrere der allgemeinen Risikofaktoren für ein Delir abzielen. Es ist nicht bekannt, welche Bestandteile dieser komplexen Interventionen am wichtigsten für die Vorbeugung eines Delirs sind. Das wollten die Autor:innen herausfinden.

Studienmerkmale

Die Autor:innen suchten bis zum 16. September 2020 nach Berichten zu Studien, in denen hospitalisierte Menschen zufällig entweder einer nicht-pharmakologischen Intervention, die auf die Vorbeugung eines Delirs abzielte zugeteilt wurden, oder der üblichen Krankenhausbehandlung. Die Autor:innen fanden 22 Studien mit 5718 Teilnehmenden. Vierzehn der Studien waren zu multikomponentiellen Ansätzen; zwei Studien untersuchten unterschiedliche Cut-off-Werte für das Verabreichen einer Bluttransfusion nach einer orthopädischen Operation. Die verbleibenden sechs Studien untersuchten unterschiedliche Ansätze.

Hauptergebnisse

Multikomponentielle Ansätze senken das Auftreten eines Delirs im Vergleich zu einer normalen stationären Versorgung wahrscheinlich um 43 %. Das bedeutet, dass zwei von fünf Fällen eines Delirs bei Erwachsenen auf einer Krankenstation (nicht Intensivstation) durch multikomponentielle, nicht-pharmakologische Ansätze verhindert werden können. Diese Maßnahmen können auch die Dauer des Krankenhausaufenthalts verkürzen und im Falle eines Delirs die Dauer der Deliriumsepisode um etwa einen Tag reduzieren. Diese Ansätze haben jedoch möglicherweise nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf das Risiko, im Krankenhaus zu sterben. Die Wirkung multikomponentieller Interventionen auf die Entwicklung oder Verschlechterung einer Demenz untersuchten die Studien nicht. Es gab wenige Informationen dazu, ob die Interventionen schädliche Wirkungen hatten.

Durch die Anwendung eines neuen statistischen Verfahrens, fanden die Autor:innen heraus, dass folgende Bestandteile jeder Intervention am wichtigsten waren um einem Delir vorzubeugen: (a) zu versuchen, Menschen gut orientiert gegenüber ihrer Umgebung zu halten und sie mit dieser stärker vertraut zu machen; (b) Gedächtnis und Denkfähigkeiten zu stimulieren und (c) zu versuchen, den Schlaf zu verbessern (durch Schlafhygiene-Maßnahmen). Über die Wirkung anderer Komponenten waren sich die Autor:innen aufgrund nicht ausreichend vorhandener Beweise unsicher. Weitere Forschung, die die spezifischen Bestandteile multikomponentieller Interventionen miteinander vergleicht, wird notwendig sein, um die effizientesten und wirksamsten Möglichkeiten zu ermitteln, einem Delir vorzubeugen.

Die Evidenz für andere, einteilige nicht-pharmakologische Interventionen war sehr begrenzt.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz

Es gab einige Einschränkungen in den Studien, die die Ergebnisse beeinflusst haben könnten. In zahlreichen der eingeschlossenen Studien war es den Studienteilnehmenden und manchmal auch den Forschenden bewusst, wer die Intervention erhielt und wer nicht.

Es gab nur sehr wenige Informationen zu Menschen mit Demenz, die ein größeres Risiko für ein Delir aufweisen.

Externe Finanzierung

Eine Finanzierung zur Unterstützung der Forschenden bei der Erstellung dieses Reviews erfolgte durch das National Institute for Health Research (Incentive Award 130725) und Medical Research Schottland (Urlaubsstipendium).

Anmerkungen zur Übersetzung: 

C. Meiling & B. Hucke, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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