Exposition gegenüber Milchgeruch und -geschmack zur Beschleunigung der Ernährung bei Frühgeborenen

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Die Evidenz aus zwei Studien deutet darauf hin, dass die Exposition gegenüber Milchgeruch und -geschmack bei Sondenernährung keine eindeutige Auswirkung auf die Zeit hat, die benötigt wird, um eine vollständige Saugernährung zu erreichen. Die Dauer des Krankenhausaufenthalts könnte sich dadurch aber verringern. Aufgrund der sehr niedrigen Qualität der Evidenz sind diese Ergebnisse jedoch unsicher. Auch hinsichtlich der Auswirkungen auf andere wichtige klinische Endpunkte und auf die Sicherheit liegt nur begrenzte Evidenz vor. Zukünftige Forschung sollte die Auswirkungen einer Exposition gegenüber Milchgeruch und -geschmack bei Sondenernährung auf klinische Endpunkte während des Krankenhausaufenthaltes untersuchen, wie z.B. das Erreichen einer vollständigen enteralen Ernährung und Saugernährung, Sicherheit, Fütterungstoleranz, das Auftreten von Infektionen und das Wachstum von Säuglingen. Darüber hinaus sollte zukünftige Forschung eine angemessene Teststärke aufweisen, um die Wirkung der Intervention bei Säuglingen unterschiedlichen Gestationsalters und Geschlechts und um die optimale Häufigkeit und Dauer der Exposition zu beurteilen.

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Hintergrund: 

Frühgeborene sind aufgrund ihrer Unreife oft nicht in der Lage, die notwendigen Prozesse zur oralen Nahrungsaufnahme, wie saugen, schlucken und atmen, selbstständig zu koordinieren. In solchen Fällen erfolgt die Ersternährung durch orogastrische oder nasogastrische Sondenernährung. Fütterungsstörungen sind häufig und können das Erlangen einer vollständigen enteralen Ernährung und Saugernährung verzögern, was wiederum die Notwendigkeit der intravenösen Ernährung und den Krankenhausaufenthalts verlängert. Geruch und Geschmack spielen eine wichtige Rolle bei der Aktivierung physiologischer, präabsorptiver Prozesse, die zur Verdauung und Absorption der Nahrung beitragen. Bei der Sondenernährung wird die Milch jedoch an der Nasen- und Mundhöhle vorbeigeleitet, was die Exposition gegenüber Milchgeruch und -geschmack einschränkt. Das Bereitstellen von Milchgeruch und -geschmack bei Sondenernährung ist nichtinvasiv und kostengünstig; und falls sich der Übergang zu enteraler Ernährung und danach zur Saugernährung beschleunigt, wäre es von erheblichem potenziellen Nutzen für Säuglinge, ihre Familien und das Gesundheitssystem.

Zielsetzungen: 

Es sollte beurteilt werden, ob die Exposition von Frühgeborenen gegenüber Milchgeruch oder -geschmack (oder beidem) bei Sondenernährung den Übergang zu vollständiger Saugernährung beschleunigen kann, ohne dass es unerwünschte Wirkungen gibt.

Suchstrategie: 

Wir durchsuchten mithilfe der Standard-Suchstrategie von Cochrane Neonatal das Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL; 2018, Issue 5), MEDLINE via PubMed (1966 bis 1. Juni 2018), Embase (1980 bis 1. Juni 2018) und CINAHL (1982 bis 1. Juni 2018). Wir suchten auch in Datenbanken für klinische Studien und haben Konferenzberichte und Literaturlisten der gefundenen Artikel nach randomisierten und quasi-randomisierten Studien durchsucht.

Auswahlkriterien: 

Wir schlossen randomisierte und quasi-randomisierte Studien ein, die Milchgeruch oder -geschmack unmittelbar vor oder zum Zeitpunkt der Nahrungszufuhr über die Sonde mit keiner Bereitstellung von Milchgeruch oder -geschmack verglichen.

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei Review-Autoren haben unabhängig voneinander Daten nach der Methodik von Cochrane Neonatal zusammengefasst. Sie haben auch das Risiko für Bias und die Qualität der Evidenz auf Ebene der Endpunkte mit dem GRADE-Ansatz bewertet. Wir führten Metaanalysen durch, wobei wir für dichotome Daten das Risikoverhältnis (RR) und für kontinuierliche Daten die Mittelwertdifferenz (MD) mit ihren jeweiligen 95%-Konfidenzintervallen (KIs) verwendeten.

Hauptergebnisse: 

Dieser Review schloss drei Studien mit insgesamt 161 Frühgeborenen ein, aber nur zwei Studien (131 Säuglinge) lieferten Daten für eine Metaanalyse. Es gab keine Evidenz hinsichtlich einer eindeutigen Auswirkung der Exposition gegenüber Milchgeruch oder -geschmack bei Sondenernährung auf die Zeit bis zum Erreichen der vollständigen Saugernährung (MD -2,57 Tage, 95% KI -5,15 bis 0,02; I2 = 17%; 2 Studien, 131 Säuglinge; sehr niedrige Qualität der Evidenz). Eine Studie berichtete keine unerwünschten Wirkungen. Es gab keine Evidenz hinsichtlich einer eindeutigen Auswirkung der Exposition gegenüber Milchgeruch oder -geschmack auf folgende Ergebnisse: Zeit bis zum Erreichen einer vollständigen enteralen Ernährung (MD -1,57 Tage, 95% KI -6,25 bis 3,11; 1 Studie, 51 Säuglinge; sehr niedrige Qualität der Evidenz), Dauer der parenteralen Ernährung (MD -2,20 Tage, 95% KI -9,49 bis 5,09; 1 Studie, 51 Säuglinge; sehr niedrige Qualität der Evidenz), Inzidenz von nekrotisierender Enterokolitis (RR 0,62, 95% KI 0,15 bis 2,48; 1 Studie, 51 Säuglinge; niedrige Qualität der Evidenz) und späte Infektion (RR 2,46, 95% KI 0,27 bis 22,13; 1 Studie, 51 Säuglinge; niedrige Qualität der Evidenz). Es gab Evidenz von sehr niedriger Qualität dafür, dass die Exposition gegenüber Milchgeruch und -geschmack die Dauer des Krankenhausaufenthalts um fast vier Tage verkürzte (MD -3,89 Tage, 95% KI -7,03 bis -0,75; I2 = 51%; 2 Studien, 131 Säuglinge). In zwei Studien wurde bei Säuglingen, die der Intervention ausgesetzt waren, eine erhöhte Wachstumsgeschwindigkeit festgestellt, aber die Daten ließen sich nicht zu einer Metaanalyse kombinieren. Es lagen keine Daten zur Beurteilung von Fütterungsstörungen und der Rate des ausschließlichen Stillens bei Entlassung vor. Die eingeschlossenen Studien waren klein und hatten methodische Einschränkungen, z.B. fehlende Randomisierung (eine Studie), fehlende Verblindung, sowie unterschiedliche Einschlusskriterien und Verabreichung der Interventionen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

S. Laquai, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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