Versorgung schwer erkrankter Erwachsener mit Nährstoffen (Nahrung) auf andere Weise als durch Kauen und Schlucken

Hintergrund

Schwerkranke Erwachsene auf der Intensivstation sind einem erhöhten Risiko der Unterernährung ausgesetzt, da der Körper auf schwere Krankheiten oder Verletzungen mit einer Erhöhung der Stoffwechselrate reagiert. Darüber hinaus kann die Ernährungsroutine der Personen gestört sein, weil sie bewusstlos oder zu krank sind, sich selbst zu ernähren oder normal zu essen. Das bedeutet, dass alternative Wege gefunden werden müssen, um sicherzustellen, dass die Personen eine angemessene Ernährung erhalten. Menschen können auf drei Arten künstlich ernährt werden: durch eine Sonde, die in den Magen oder Dünndarm eingeführt wird (enteral); durch einen Katheter, der in eine Vene eingeführt wird, wodurch Nährstoffe direkt in den Blutkreislauf gelangen (parenteral); oder durch eine Kombination beider Wege. Dieser Review verglich die Wirkungen dieser Möglichkeiten.

Studienmerkmale

Die Evidenz ist auf dem Stand vom 3. Oktober 2017. Wir untersuchten 25 Studien mit 8.816 Teilnehmern, die an Traumata, Notfällen, medizinischen oder postoperativen Erkrankungen litten und auf der Intensivstation waren. Dabei warten elf Studien auf ihre Einstufung (weil wir nicht genügend Details hatten, um sie zu beurteilen) und zwei Studien waren noch nicht abgeschlossen. Die eingeschlossenen Studien verglichen die enterale Ernährung mit der parenteralen Ernährung oder mit einer Kombination aus enteraler und parenteraler Ernährung.

Hauptergebnisse

Die Studien berichteten über die Anzahl der Menschen, die zu verschiedenen Zeitpunkten an jeglichen Ursachen starben. Wir fanden keine Evidenz dafür, dass die enterale Ernährung im Vergleich zur parenteralen Ernährung oder im Vergleich zu einer Kombination aus beiden Todesfälle wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher innerhalb von 90 Tagen und 180 Tagen reduziert. Wir fanden Evidenz aus drei kleinen Studien, dass weniger Menschen innerhalb von 30 Tagen starben, wenn die Nährstoffversorgung durch eine Kombination aus enteraler und parenteraler Ernährung erfolgte. In keiner Studie wurde die Anzahl der Tage außerhalb der Intensivstation bis zum 28. Tag angegeben (d.h. Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation unter Berücksichtigung des erwarteten Teilnehmerverlust aufgrund von Tod). Eine Studie berichtete, dass die Ernährungsmethode keinen Einfluss auf die Anzahl der beatmungsfreien Tage hatte.

Wir fanden keine Evidenz dafür, dass die enterale Ernährung im Vergleich zur parenteralen Ernährung die Anzahl der Aspirationsfälle (Eintritt von Materialien wie Nahrung aus dem Verdauungssystem in die Lunge) oder von Lungenentzündungen (Schwellung des Gewebes in einem oder beiden Lungenflügeln, die normalerweise durch eine bakterielle Infektion verursacht wird) erhöht oder verringert hat. Die enterale Ernährung kann Sepsis (eine lebensbedrohliche Erkrankung, die auftritt, wenn die Reaktion des Körpers auf eine Infektion zu Verletzungen des eigenen Gewebes und der eigenen Organe führt) möglicherweise reduzieren, obwohl die Evidenz aus Studien an Menschen mit unterschiedlichen Erkrankungen (wie Traumata, medizinische oder postoperative Erkrankungen) stammt. Wir fanden heraus, dass weniger Teilnehmer erbrachen, wenn sie parenterale Ernährung statt enterale Ernährung erhielten, obwohl es dazu nur wenige Studien mit sehr wenigen berichteten Ereignissen gab.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz

Es war den Forschern nicht möglich, dem Personal auf der Intensivstation die Art der Ernährungsmethode unkenntlich zu machen, was die Ergebnisse beeinflusst haben könnte. Außerdem haben die Studienautoren nicht durchweg gute Studienmethoden berichtet. In jeder Studie hatten die Menschen verschiedene Arten von lebensbedrohlichen Erkrankungen (wie Traumata, medizinische oder postoperative Beeinträchtigungen), die möglicherweise beeinflusst haben könnten, wie sie auf die Art der Ernährungsmethode reagierten, und es gab nur begrenzte Daten für viele unserer Messungen. Wir glauben, dass die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz niedrig oder sehr niedrig ist.

Schlussfolgerung

Wir fanden keine ausreichende Evidenz, um mit Sicherheit festzustellen, ob eine der Ernährungsmethoden besser geeignet ist, die Zahl der Todesfälle, die Zahl der beatmungsfreien Tage und die Nebenwirkungen zu reduzieren. Keine der Studien berichtete über Tage außerhalb der Intensivstation bis zum 28. Tag. Die Evidenz war von niedriger bis sehr niedriger Vertrauenswürdigkeit und wir können uns den Ergebnissen unseres Reviews nicht sicher sein.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

N. Kampik, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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