Innere Verbände zur Heilung perianaler Abszesshöhlen

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Es ist unklar, ob die Verwendung innerer Verbände (Packungen) zur Heilung perianaler Abszesshöhlen die Zeit bis zur Heilung, die Wundschmerzen, die Entwicklung von Fisteln, das Wiederauftreten von Abszessen oder andere Ergebnisse beeinflusst. Trotz dieses Mangels an Evidenz ist die Packung von Abszesshöhlen gängige Praxis. Angesichts des Mangels an Evidenz von hoher Qualität, wird die Entscheidung für eine Packung möglicherweise basierend auf lokalen Praktiken oder Patientenpräferenzen getroffen. Es ist weiterführende klinische Forschung erforderlich, um Auswirkungen und Erfahrungen von Patienten mit Packungen zu bewerten.

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Hintergrund: 

Ein perianaler Abszess ist eine Eiteransammlung, rund um den Anus, unter der Haut. Dieser bildet sich normalerweise aufgrund einer Infektion einer Analdrüse. Im Vereinigten Königreich liegt die jährliche Inzidenz bei 40 von 100.000 Erwachsenen in der Bevölkerung, und die Standardbehandlung ist die Einweisung ins Krankenhaus zur Inzision und Drainage unter Vollnarkose. Nach der Drainage des Eiters wird ein innerer Verband (Packung) in die Eiterhöhle gelegt, um die Blutung zu stoppen. Es ist gängige Praxis für die ambulante pflegerische Versorgung, dass die Packung regelmäßig gewechselt wird, bis die Eiterhöhle abgeheilt ist. Einige Hausärzte in den USA und Australien führen unter örtlicher Betäubung einen kleinen Schnitt (Inzision) durch und legen einen Katheter, damit der Eiter in einen externen Verband abfließt. Der Verband wird entfernt, wenn kein Eiter mehr abläuft. In anderen Teilen den USA wird die einfache Drainage ambulant und unter örtlicher Betäubung durchgeführt.

Zielsetzungen: 

Ziel des Reviews war die Bewertung der Auswirkungen innerer Verbände auf die Heilung von Wundhöhlen infolge von Drainagen bei perianalen Abszessen.

Suchstrategie: 

Im Mai 2016 suchten wir im: Cochrane Wounds Specialised Register, Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL), in Ovid MEDLINE (einschließlich In-Process & Other Non-Indexed Citations), Ovid Embase und EBSCO CINAHL Plus. Wir suchten außerdem in Studienregistern nach laufenden und nicht veröffentlichten klinischen Studien und durchsuchten Referenzlisten von relevanten Studien, um weitere Studien zu identifizieren. Es gab keine Einschränkungen hinsichtlich der Sprache, des Datums der Veröffentlichung oder dem Setting, in dem die Studien durchgeführt wurden.

Auswahlkriterien: 

Eingeschlossen waren veröffentlichte oder unveröffentlichte randomisierte kontrollierte Studien (RCTs), in denen jede Art von innerem Verband (Packung), der bei der postoperativen Behandlung von perianalen Abszesshöhlen verwendet wird, mit alternativen Behandlungen oder anderen Arten von inneren Verbänden verglichen wurde.

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei Review-Autoren führten unabhängig voneinander die Studienauswahl, die Einschätzung des Risikos für Bias und die Datenextraktion durch.

Hauptergebnisse: 

Wir schlossen zwei Studien mit insgesamt 64 randomisierten Teilnehmenden (50 und 14 Teilnehmende) im Alter von 18 Jahren oder älter, mit einem perianalen Abszess, ein. In beiden Studien wurden die Teilnehmenden am ersten postoperativen Tag in die Studie aufgenommen und nach dem Zufallsprinzip entweder für einen fortgesetzten inneren Verband (Packung) durch ambulante Krankenpflegeteams oder für keinen inneren Verband (Packung) randomisiert. Die Teilnehmenden der Gruppe ohne Packung versorgten ihre Wunden selbst zuhause und benutzten saugfähige Verbände, um den Bereich abzudecken. Bis zum Abheilen des Abszesses wurde alle zwei Wochen eine Nachkontrolle durchgeführt um sicherzugehen, dass sich die Wundhöhle schließt und die Haut wieder epithelisiert. Bei Studienabbrechern wurde eine telefonische Nachuntersuchung durchgeführt.

Beide Studien wiesen ein hohes Risiko für Bias aufgrund des Risikos des Ausscheidens aus der Studie (Attritionbias) auf, sowie Performance- und Detektionsbias (Durchführungs- und Beobachterbias).

Es war nicht möglich, die beiden Studien für den Endpunkt Zeit bis zur Heilung zusammenzufassen. Es ist unklar, ob das wiederholte Anlegen eines Verbands in die Eiterhöhle postoperativ bei perianalen Abszessen die Zeit bis zur vollständigen Heilung beeinflusst. Eine Studie berichtete über eine durchschnittliche Zeit bis zur Wundheilung von 26,8 Tagen (95 % Konfidenzintervall (KI) 22,7 bis 30,7) in der Gruppe mit Packung und 19,5 Tagen (95 % KI 13,6 bis 25,4) in der Gruppe ohne Packung (es war nicht klar, ob alle Teilnehmenden als geheilt galten). Wir analysierten die Daten erneut und fanden keinen eindeutigen Unterschied in der Zeit bis zur Heilung (7,30 Tage länger in der Gruppe mit Packung, 95% KI -2,24 bis 16,84; 14 Teilnehmende). Die Qualität der Evidenz wurde als sehr niedrig eingestuft (Herabstufung um drei Stufen wegen sehr schwerwiegender unzureichender Präzision und schwerwiegendem Risiko für Bias). In der zweiten Studie wurde die Zeit bis zur vollständigen Wundheilung als Median mit 24,5 Tagen (Spanne 10 bis 150 Tage) in der Gruppe mit Packung und mit 21 Tagen (Spanne 8 bis 90 Tage) in der Gruppe ohne Packung angegeben. Die Informationen reichten nicht aus, um die Analyse neu zu erstellen, und die ursprüngliche Analyse war ungeeignet (Zensur nicht berücksichtigt). Diese zweite Studie lieferte ebenfalls sehr niedrige Qualität der Evidenz (Herabstufung um vier Stufen wegen schwerwiegender Risiko für Bias, schwerwiegender Indirektheit und sehr schwerwiegender unzureichende Präzision).

Wir stuften die Qualität der Evidenz für keinen Unterschied bei den Werten für Wundschmerzen beim ersten Verbandswechsel als niedrig ein (herabgestuft wegen des Risikos für Bias, der Indirektheit und unzureichender Präzision). In beiden Studien wurde auch berichtet, dass die retrospektive Beurteilung der Wundschmerzen durch die Patienten in den vorangegangenen zwei Wochen (visuelle Analogskala, VAS) in der Gruppe ohne Packungen (2; beide Studien) geringer ausfiel als in der Gruppe mit Packungen (0; beide Studien); (sehr niedrige Qualität der Evidenz), aber wir konnten diese Analysen nicht reproduzieren, da keine Varianzdaten veröffentlicht wurden.

Es gab keine eindeutige Evidenz für einen Unterschied in der Anzahl der postoperativen Fisteln, die zwischen der Gruppe mit und ohne Packungen entdeckt wurden (Risikoverhältnis (RR) 2,31, 95 % KI 0,56 bis 9,45, I2 = 0 %) (sehr niedrige Qualität der Evidenz, die wegen sehr schwerwiegender unzureichender Präzision und schwerwiegendem Risiko für Bias um drei Stufen herabgestuft wurden).

Es gab keine eindeutige Evidenz für einen Unterschied in der Anzahl der wiederaufgetretenen Abszesse, die zwischen der Gruppe mit und ohne Packungen in der follow-up Phase entdeckt wurden (Risikoverhältnis (RR) 0,72, 95 % KI 0,22 bis 2,37, I2 = 0 %) (sehr niedrige Qualität der Evidenz, die wegen sehr schwerwiegendem Risiko für Bias und sehr schwerwiegender unzureichender Präzision um drei Stufen herabgestuft wurden).

In keiner Studie wurden die gesundheitsbezogene Lebensqualität/Gesundheitszustand der Teilnehmenden, die Inkontinenzraten, die Zeit bis zur Rückkehr an den Arbeitsplatz oder zur normalen Funktion, der Ressourcenverbrauch in Form der Anzahl der Verbandswechsel oder der Besuche bei einer Krankenschwester oder die Veränderung der Wundgröße angegeben.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

E. Panfil, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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