Methoden, Frauen zum Stillen zu motivieren

Worum geht es?

Internationale Zahlen zum Stillbeginn weisen sowohl im Ländervergleich als auch innerhalb verschiedener Länder eine grosse Varianz auf. In Ländern mit geringem oder mittlerem Einkommen ist die Rate stillender Mütter allgemein hoch. Die Herausforderung besteht darin, mit dem Stillen innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt zu beginnen. Länder mit hohem Einkommen weisen eine wesentlich grössere Varianz in der Anzahl Mütter auf, die mit dem Stillen beginnen. Insbesondere besser ausgebildete und wohlhabendere Frauen beginnen wahrscheinlicher mit dem Stillen.

Die WHO empfiehlt, innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt mit dem Stillen zu beginnen. Alle Kinder sollten von Geburt an bis zum Alter von sechs Monaten ausschliesslich gestillt werden. Zudem sollte das Stillen bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr oder darüber hinaus fortgesetzt werden. Wir wissen, dass sich Stillen positiv auf die Gesundheit der Frauen und Kinder auswirkt. Kinder, die während der ersten drei bis vier Lebensmonate nicht ausschliesslich gestillt werden, sind anfälliger für Entzündungen des Magens, des Darmtrakts, der Atemwege und Lungen sowie Ohren. Kinder, die nicht gestillt werden, sind im späteren Leben eher übergewichtig oder haben Diabetes. Mütter, die nicht stillen, sind einem höheren Risiko für Brust- und Eierstockkrebs ausgesetzt. Zum weiteren praktischen Nutzen des Stillens gehören zum einen die Einsparungen beim Kauf von Muttermilchersatzprodukten und zum anderen der gesellschaftliche Vorteil in Bezug auf die Behandlung von Krankheiten. Dennoch füttern viele Mütter ihre Kinder mit Säuglingsnahrung.

Warum ist das wichtig?

Wir wollen besser verstehen, wie das Stillen wirksam bei Frauen und ihren Familien, im Gesundheitssystem und in der Gesellschaft gefördert werden kann. Mütter sehen sich beim Stillen mit vielen Hindernissen konfrontiert. Es fehlen öffentliche Räume, in denen sie unbefangen stillen können. Die Arbeitszeiten für stillende berufstätige Frauen sind nicht flexibel genug. Auch die weitverbreitete Werbung für Muttermilchersatzprodukte und die öffentliche Politik, welche die Bedürfnisse der stillenden Frauen ignoriert, stellen Hindernissfaktoren dar. Neue Wege zur Förderung des Stillens sind erforderlich.

Welche Evidenz haben wir gefunden?

Wir haben unsere Suche nach Evidenz am 29. Februar 2016 durchgeführt. Dieser aktualisierte Review umfasst nun 28 randomisierte kontrollierte Studien mit 107.362 Frauen. Zwanzig Studien mit 27.865 Frauen untersuchten Interventionen, welche Mütter unterstützen sollten, mit dem Stillen zu beginnen. Die Studien wurden in drei Ländern mit hohem Einkommen (Australien, 1 Studie; Grossbritannien, 4 Studien und USA, 14 Studien) und einem Land mit niedrigem bis mittlerem Einkommen (Nicaragua, 1 Studie) durchgeführt. Drei Studien untersuchten die Wirkung einer Intervention, die speziell den frühen Stillbeginn innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt fördern sollte. Daran nahmen insgesamt 76.373 Frauen aus Malawi, Nigeria und Ghana teil. Die Studie aus Malawi war mit 55.931 Teilnehmerinnen recht gross.

Durch gesundheitliche Aufklärung, die von Ärzten und Pflegepersonal durchgeführt wurde, sowie durch Unterstützung von Freiwilligen und weitergebildeten Personen aus dem Umfeld, konnte die Anzahl der Frauen, die das Stillen ihrer Kinder begonnen haben, erhöht werden. Fünf Studien mit 564 Frauen berichteten, dass mehr Frauen mit Stillberatung und Unterstützung von Ärzten und Pflegepersonal das Stillen begonnen haben, als Frauen mit der üblichen Betreuung. Vier Studien wurden in den USA bei Frauen aus ethnischen Minderheiten und mit niedrigem Einkommen durchgeführt, bei denen Stillen von Anfang an üblicherweise selten vorkommt. Acht Studien mit 5712 Frauen zeigten, dass mehr Frauen mit Unterstützung von weitergebildeten Freiwilligen und Selbsthilfegruppen mit dem Stillen begannen als Frauen mit der üblichen Betreuung.

Die Anleitung zum Stillen durch weitergebildete Freiwillige erhöhte in Ländern mit niedrigem Einkommen zudem auch die Rate an Frauen, die in der ersten Stunde nach der Geburt ihr Kind anlegten.

Die Evidenz dieses Reviews ist von niedriger Qualität, da Limitationen in der Studiendurchführung bestehen und die Interventionen sich darin unterscheiden, wem sie wann, wo und wie angeboten wurden. Auch die übliche Betreuung war unterschiedlich und konnte (wie in Grossbritannien) durchaus eine gewisse Unterstützung beim Stillen beinhalten.

Es gab zu wenig Evidenz zu Ansätzen wie Einsatz von Multimedia, früher Mutter-Kind Kontakt oder Stillgruppen innerhalb der Gemeinde, um ihren Anteil an der Förderung des Stillens von Anfang an abschätzen zu können.

Was bedeutet dies?

Medizinische Fachkräfte mit einer Ausbildung im Stillen darunter Hebammen, Krankenschwestern, Ärzte und ausgebildete Freiwillige können Schulungen, Beratung und Unterstützung anbieten, um die Zahl der Frauen, die mit dem Stillen beginnen zu steigern. Forschung von hoher Qualität ist erforderlich, um herauszufinden, welche Intervention in den verschiedenen Bevölkerungsgruppen Wirkung zeigen. Es werden noch mehr Studien in Ländern mit geringem und mittlerem Einkommen benötigt, um herauszufinden, welche Strategien Mütter veranlassen, innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt mit dem Stillen zu beginnen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Baumgartner, C. Loytved, freigegeben durch Cochrane Schweiz

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