Verhindert die Freisetzung von Stechmücken, die mit Wolbachia infiziert sind, eine Infektion mit dem Dengue-Virus?

Kernaussagen

- Menschen, die in Gebieten leben, in denen mit Wolbachia infizierte Aedes -Mücken freigelassen wurden, haben ein geringeres Risiko, an Dengue zu erkranken, als Menschen, die in Gebieten leben, in denen solche Mücken nicht freigelassen wurden.

- Menschen, die in Gebieten leben, in denen mit Wolbachia infizierte Aedes -Mücken freigelassen wurden, werden seltener wegen Denguefieber ins Krankenhaus eingeliefert als Menschen, die in Gebieten leben, in denen solche Mücken nicht freigelassen wurden.

Was ist Dengue-Fieber?

Dengue-Fieber ist eine Viruserkrankung, die von bestimmten Stechmücken übertragen wird und in über 100 Ländern vorkommt. Insgesamt sind 3,9 Milliarden Menschen dem Risiko einer Infektion ausgesetzt. Die meisten Dengue-Infektionen verlaufen mild (Fieber, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen). Manche Menschen haben gar keine Symptome. Aber 1 von 20 Menschen entwickelt eine schwere Form von Dengue. Im schlimmsten Fall kann dies lebensbedrohlich sein und zu Organversagen führen. Daher ist die Verhinderung der Ausbreitung des Dengue-Virus von großer Bedeutung.

Was ist Wolbachia, und wie könnte dieses Bakterium Dengue-Fieber verhindern?

Wolbachia ist ein Bakterium, das Stechmücken infizieren und ihre Überlebens- und Paarungsfähigkeit verändern kann. Mücken sind Überträger des Dengue-Virus und übertragen dieses auf Menschen durch einen Stich. Einige Mückenarten der Gattung Aedes können das Dengue-Virus weniger effektiv verbreiten, wenn sie mit dem Bakterium Wolbachia infiziert sind. Forschende haben Extrakte von Wolbachia in Stechmücken injiziert und diese Wolbachia -infizierten Mücken dann in die Natur ausgesetzt. Dort haben sie sich mit anderen Mücken gepaart und die Wolbachia -Infektion an ihre Nachkommen weitergegeben. Sobald ein erheblicher Anteil der Mückenpopulation in einem Gebiet mit Wolbachia infiziert ist, kann dies die Übertragungsfähigkeit des Dengue-Virus durch die Mücken reduzieren und somit das Auftreten von Dengue-Infektionen in der lokalen Bevölkerung vermindern Wolbachia kann nur wirbellose Organismen infizieren. Daher besteht kein Risiko, dass sich Menschen mit dem Bakterium infizieren. Die Risiken für Mensch und Umwelt, die mit der Freisetzung von mit Wolbachia -infizierten Stechmücken verbunden sind, werden als gering eingeschätzt.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, ob die Freisetzung von mit Wolbachia infizierten Aedes -Mücken in Gebieten, in denen Dengue verbreitet vorkommt, eine Dengue-Infektion der dort lebenden Menschen verhindern kann.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach randomisierten kontrollierten Studien (klinische Studien, bei denen Menschen nach dem Zufallsprinzip in eine von zwei oder mehr Behandlungsgruppen eingeteilt werden), in denen untersucht wurde, ob die Freisetzung von mit Wolbachia -infizierten Aedes -Mücken in einem Gebiet, in dem Dengue vorkommt, die Ausbreitung oder das Auftreten von Dengue-Infektionen im Vergleich zu Gebieten ohne Freisetzung solcher Mücken verhindert.

Was fanden wir?

Wir fanden eine abgeschlossene Studie, die unsere Einschlusskriterien erfüllt, und zwei weitere, die noch laufen. Die abgeschlossene Studie wurde in Yogyakarta, Indonesien, durchgeführt und umfasste Personen im Alter von drei bis 45 Jahren. Bei dem Versuch wurden mit Wolbachia -infizierte Mückeneier in der Hälfte des Untersuchungsgebiets ausgesetzt, bis mehr als 60 % der Mücken in diesem Gebiet mit Wolbachia infiziert waren. In der anderen Hälfte des Untersuchungsgebiets wurden keine Mückeneier ausgesetzt.

Im Rahmen der Studie wurden alle Personen, die sich aufgrund von Fieber in ihrer lokalen Gesundheitseinrichtung vorstellten, getestet, um den Anteil der Dengue-Infektionen zu ermitteln. Verglichen wurden die Ergebnisse zwischen Menschen, die in Gebieten lebten, in denen mit Wolbachia -infizierte Mücken freigesetzt wurden, und Menschen, die in Gebieten lebten, in denen über einen Zeitraum von 27 Monaten keine Mücken ausgesetzt wurden.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen, die in dem Gebiet lebten, in dem mit Wolbachia -infizierte Stechmücken freigesetzt wurden, an Dengue erkrankten, war wahrscheinlich um 77 % niedriger als bei Menschen in Gebieten ohne Freisetzung solcher Mücken.

In den Gebieten, in denen Mücken freigesetzt wurden, die mit Wolbachia infiziert waren, haben sich etwa 95,8 % der Mückenpopulation mit diesen Bakterien infiziert. Dies zeigt, dass die Bakterien durch Paarung auf natürliche Mückenpopulationen übertragen wurden, nachdem die Freisetzung der mit Wolbachia -infizierten Mücken eingestellt wurde. In der Vergleichsgruppe der Studie, in der keine Stechmücken ausgesetzt wurden, gab es dazu keine zuverlässigen Daten.

Außerdem wollten wir herausfinden, ob die Freisetzung der bakterientragenden Mücken in die freie Natur die Zahl der Mücken, die das Dengue-Virus in sich tragen, verringert, die Prävalenz der Dengue-RNA (das genetische Material des Virus) in der Mückenpopulation reduziert oder andere unerwünschte Wirkungen hervorruft. Außerdem interessierten wir uns für die Kosten dieser Maßnahme und die Meinung der Bevölkerung dazu. Wir haben keine Daten gefunden, die diese Fragen beantworten.

Was schränkt die Evidenz ein?

Die Effektivität der Wolbachia -Methode zur Vektorkontrolle dürfte stark von lokalen Gegebenheiten abhängen, einschließlich Faktoren wie Klimabedingungen, die Verbreitung von Dengue-Infektionen, bereits vorhandene Strategien zur Vektorkontrolle und die Akzeptanz dieser Methode in der lokalen Bevölkerung. Es ist entscheidend für den Erfolg der Maßnahme, dass eine hohe Gesamtzahl an Stechmücken, die mit Wolbachia infiziert sind, in der Population erreicht und aufrechterhalten wird. Die Effektivität dieser Intervention kann allerdings je nach den spezifischen Umweltbedingungen variieren Da wir nur eine abgeschlossene Studie identifiziert haben, wissen wir nicht, ob diese Ergebnisse auch für andere Bereiche und Länder gelten.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Diese Evidenz ist auf dem Stand vom 24. Januar 2024.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Schindler, L. Gorenflo, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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