Welche Modelle gibt es für die Vorhersage des zukünftigen Krankheitsverlaufs bei Menschen mit Multipler Sklerose?

Warum ist es wichtig, die Prognose von Multipler Sklerose zu untersuchen?

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Erkrankung des Zentralnervensystems (Gehirn, Rückenmark). Weltweit leiden Millionen von Menschen an dieser Krankheit, wobei die Krankheit und der Krankheitsverlauf individuell sehr unterschiedlich sein kann. Obwohl MS nicht geheilt werden kann, stehen verschiedene Behandlungen zur Verfügung, die zur Linderung der Symptome und zur Verzögerung des Krankheitsfortschritts beitragen können. Diese Behandlungen wirken unterschiedlich, wobei einige schwerere Nebenwirkungen haben als andere. Für Patient*innen und medizinisches Fachpersonal ist es wichtig, den Schweregrad der MS einschätzen zu können.

Warum sind Prognosemodelle im Zusammenhang mit Multipler Sklerose wichtig?

Prognosemodelle helfen Patient*innen und medizinischen Fachkräften abzuschätzen, wie krank eine Person ist und wie sich die Krankheit entwickeln wird. Dieses Verständnis kann Patient*innen bei Lebens- und Behandlungsentscheidungen unterstützen. Prognosemodelle können auch medizinischen Fachkräften helfen, Entscheidungen über die beste Behandlung einer Person zu treffen, die Krankheit besser zu verstehen oder Behandlungspläne zu entwickeln. Prognostische Modelle für MS könnten die Kombination verschiedener Informationen über eine Person beinhalten, um vorherzusagen, wie sich ihre MS weiter entwickeln wird. Wichtige Informationen, die in ein Prognosemodell aufgenommen werden können, sind zum Beispiel persönliche Merkmale (wie Alter, Geschlecht, Body-Mass-Index), Informationen zum Lebensstil der Betroffenen (z. B. ob sie rauchen) und Informationen über ihre MS (z. B. wie lange sie schon an der Krankheit leiden). Andere klinische Merkmale oder Messungen können ebenfalls wichtig sein.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten alle Prognosemodelle suchen und finden, die mehrere Informationen kombinieren, um vorherzusagen, wie sich die MS bei Erwachsenen weiter entwickeln wird.

Wie gingen wir vor?

Wir verwendeten verschiedene Techniken, um nach allen Studien zu suchen, die prognostische Modelle beschreiben, die mehrere Informationen kombinieren und im Zusammenhang mit MS entwickelt wurden. Wir waren an Studien interessiert, die zeigen, wie diese Prognosemodelle entwickelt wurden, sowie an Studien, die bewerten, wie gut sie in der Praxis tatsächlich funktionieren. Sobald wir alle relevanten Studien gefunden hatten, fassten wir sie zusammen und bewerteten, wie gut sie über ihre Ergebnisse berichteten und wie gut sie durchgeführt wurden.

Was fanden wir?

Wir fanden 57 Studien, die Prognosemodelle beschrieben, in denen mehrere Informationen kombiniert wurden, um vorherzusagen, wie sich die MS bei Erwachsenen weiter entwickeln wird. In diesen Studien wurden 75 verschiedenen Prognosemodellen beschrieben. In 15 Fällen wurde die Vorhersageleistung bestimmter Prognosemodelle bewertet.

Wir fanden, dass sich die Prognosemodelle auf unterschiedliche Ergebnisse konzentrieren: 41 % betrachteten das Fortschreiten der Krankheit, 8 % die Schübe, 18 % den Übergang von einem ersten Schub zu einer definitiven MS und 28 % den Übergang von einem frühen Stadium der MS zu einer progredienten MS. Die von uns gefundenen Prognosemodelle unterschieden sich in vielerlei Hinsicht stark voneinander. Die Patient*innen, die zur Entwicklung der Modelle herangezogen wurden, wurden zum Beispiel sehr unterschiedlich behandelt. Darüber hinaus nutzten sie zur Vorhersage des Verlaufs der MS sehr unterschiedliche Informationen. Wir stellten fest, dass sich die Prognosemodelle im Laufe der Zeit im Hinblick auf die MS-Diagnose und die Zunahme der Anwendung von Behandlungen verändert haben, basierend auf neuen Diagnosetechniken oder neuen Modellierungsansätzen. Wir stellten auch fest, dass diese Prognosemodelle Informationen über die betroffene Person erfordern, die eine fachärztliche Beurteilung und oft auch spezielle Geräte erfordern, die in vielen Kliniken und Krankenhäusern nicht zur Verfügung stehen.

Was schränkt die Evidenz ein?

Wir stellten bei den meisten Studien Probleme fest, was bedeutet, dass wir ihren Ergebnissen möglicherweise nicht trauen können. Gemeinsame Probleme betrafen die in den Studien verwendeten Daten und statistischen Methoden. Darüber hinaus berichten viele der Studien über Ergebnisse, die möglicherweise sehr unterschiedlich ausfallen, wenn die Prognosemodelle auf eine neue Gruppe von Menschen mit MS angewendet werden. Außerdem stellten wir fest, dass die Studien ihre Methoden nur unzureichend beschrieben und ihre Ergebnisse unzureichend berichteten.

Was bedeutet das?

Die von uns gefundenen Studien zeigen, dass die Evidenz zu Prognosemodellen zur Vorhersage des weiteren Verlaufs und der Verschlechterung von MS bei Erwachsenen noch nicht gut ausgearbeitet ist. Es sind neue Forschungsarbeiten erforderlich, die sich auf die Anwendung der in den Leitlinien empfohlenen Methoden zur Entwicklung von Prognosemodellen und zur Bewertung ihrer Leistungsfähigkeit konzentrieren. Diese Forschung sollte sich auch darauf konzentrieren, ihre Methoden und Ergebnisse gut zu beschreiben, so dass andere Forschende und Mediziner*innen sie für die Forschung und die klinische Praxis nutzen können.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Schindler, T. Brugger, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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