Können Impfstoffe gegen Krebs Menschen mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs helfen?

Kernaussagen

- Die in diesem Review untersuchten Impfstoffe verbessern das Überleben oder das progressionsfreie Überleben der Patiente*innen nicht oder nur in geringem Maße.

- Unerwünschte Wirkungen der Impfstoffe sind nicht häufig.

Was ist Lungenkrebs?

Lungenkrebs ist weltweit eine der häufigsten Krebsarten. Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom (non-small cell lung cancer, NSCLC) ist die häufigste Form von Lungenkrebs und macht etwa 87 % aller Lungenkrebsfälle aus. Nicht-kleinzelliger Lungenkrebs wird oft erst entdeckt, wenn er bereits weit fortgeschritten ist, was zu einer hohen Sterblichkeitsrate und einer geringen Überlebensdauer führt.

Wie wird nicht-kleinzelliger Lungenkrebs behandelt?

In der Regel beginnt die Behandlung dieser Krebsart mit einer Chemotherapie. Dies umfasst den Einsatz von spezifischen Medikamenten, die aus chemischen Verbindungen hergestellt werden und darauf abzielen, sich schnell teilende Krebszellen zu eliminieren. Neue Therapien zur Verbesserung der Überlebenschancen von Menschen mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs konzentrieren sich auf die Behandlung mit einer Immuntherapie nach einer Chemotherapie. Impfstoffe gegen Krebs sind eine Form der Immuntherapie. Im Gegensatz zu Impfstoffen, die vor Krankheiten schützen, sind Impfstoffe gegen Krebs für Menschen gedacht, die bereits an Krebs erkrankt sind. Therapeutische Krebsimpfstoffe sollen das Immunsystem dazu anregen, Krebszellen zu erkennen und zu zerstören.

Was wollten wir herausfinden?

Wir wollten herausfinden, ob die Impfstoffe die Überlebenszeit und die Zeit ohne Fortschreiten der Krankheit (progressionsfreie Überlebenszeit) verlängern und ob sie mit unerwünschten Wirkungen verbunden sind.

Wie gingen wir vor?

Wir suchten nach Studien, die therapeutische Impfstoffe gegen Krebs allein oder in Kombination mit einer Chemotherapie im Vergleich zu einer unterstützenden Behandlung, keiner Behandlung oder einem Placebo (Scheinmedikament) bei Patient*innen mit fortgeschrittenem NSCLC untersuchten.

Wir verglichen die Ergebnisse der Studien, fassten sie mit statistischen Methoden zusammen und bewerteten die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz anhand von Faktoren wie der Studienmethodik und der Größe der Studien.

Was fanden wir?

Wir fanden 10 Studien an denen 2177 Teilnehmende mit fortgeschrittenem NSCLC teilnahmen. An der größten Studie nahmen 419 Personen teil, an der kleinsten Studie 50. Es wurden sieben verschiedene Arten von Impfstoffen untersucht. Drei Impfstoffe wurden in jeweils 2 Studien untersucht: ein Impfstoff auf Vektorbasis TG4010, ein Impfstoff mit epidermalem Wachstumsfaktor, ein Antikörper-basierte Impfstoff mit Racotumomab. Die übrigen 4 Impfstoffe wurden jeweils in einer einzigen Studie untersucht.

Hauptergebnisse

- Keiner der Impfstoffe verlängerte die Überlebenszeit der Teilnehmenden, mit Ausnahme von Racotumomab, das die Überlebenszeit im Vergleich zu Placebo möglicherweise leicht verbessert. Die mediane Überlebenszeit in der Racotumomab-Impfstoffgruppe betrug 8,2 Monate, verglichen mit 6,8 Monaten in der Gruppe, die den Impfstoff nicht erhielt. (Der Median ist der mittlere Wert einer Reihe von Zahlen.)

- Keiner der Impfstoffe verbesserte die progressionsfreie Überlebenszeit, mit Ausnahme des Impfstoffs TG4010, der sie möglicherweise leicht verlängert. Die mediane progressionsfreie Überlebenszeit der Patienten in der TG4010-Impfstoffgruppe betrug 5,9 Monate, verglichen mit 5,1 Monaten in der Gruppe ohne Impfstoff.

- Die 7 verschiedenen getesteten Impfstoffe scheinen weitgehend sicher zu sein: Es gab keine Unterschiede zwischen den geimpften und den nicht geimpften Personen in Bezug auf schwerwiegende (unerwünschte) Ereignisse. Bei einem Impfstoff (SLR172), der zusätzlich zur Chemotherapie verabreicht wurde, erhöhte sich jedoch der Anteil der Patienten mit mindestens einem schwerwiegenden unerwünschten Ereignis. Ein anderer Impfstoff (OSE2101) führt möglicherweise zu einem leichten Rückgang des Anteils der Personen mit mindestens einer schwerwiegenden unerwünschten Wirkung.

Was schränkt die Evidenz ein?

Unser Vertrauen in die Evidenz war moderat bis sehr niedrig für die verschiedenen bewerteten Impfstoffe und Endpunkte, hauptsächlich aufgrund der geringen Größe der Studien und der unzureichenden Anzahl von Studien.

Wie aktuell ist die vorliegende Evidenz?

Die Evidenz ist auf dem Stand von August 2023.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Schindler, L. Gorenflo, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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