Phototherapie mit zusätzlicher Flüssigkeitsgabe bei Neugeborenen mit schwerer Gelbsucht

Review-Frage:Verbessert eine zusätzliche Flüssigkeitsgabe die Endpunkte bei Neugeborenen mit Gelbsucht, die Phototherapie benötigen?

Hintergrund:Gelbsucht bei Neugeborenen ist häufig, da die Kleinkinder nicht in der Lage sind, Bilirubin, das Abbauprodukt roter Blutkörperchen, vollständig zu verarbeiten. Einige Säuglinge entwickeln schwerwiegende Gelbsucht, und selten entwickelt eine geringe Zahl schwere Komplikationen, da übermäßiges Bilirubin vom Blut ins Gehirn übergeht. Zu den Komplikationen gehören akute (kurzfristige oder plötzlich auftretende) Gehirnschädigungen und Langzeitbehinderungen in Form von Zerebralparese (die Bewegung und Koordination beeinträchtigt). Das Ausmaß der Gelbsucht wird häufig durch die Betrachtung der Haut und der Augen der Säuglinge untersucht und durch Überprüfung des Bilirubinspiegels im Blut bestätigt. Phototherapie (Lichtbehandlung) ist die Hauptbehandlung. Wenn der Bilirubinspiegel nach einer Phototherapie sehr hoch bleibt, wird eine Austauschtransfusion (Transfusion mit neuem Blut während Blut mit hoher Bilirubinkonzentration entfernt wird) empfohlen. Auch mehrere andere Behandlungen werden untersucht. Unter anderem wird zusätzliche intravenöse (in eine Vene verabreichte) Flüssigkeit verabreicht, um das Blut zu verdünnen und vermehrt gefüttert, um die Bilirubin-Ausscheidung in den Stuhlgang zu verbessern. Wir untersuchten, ob eine Flüssigkeitssupplementierung für Säuglinge mit schwerer Gelbsucht einen zusätzlichen Nutzen zur Phototherapie hat.

Suchdatum:Wir durchsuchten medizinische Datenbanken im Februar 2016.

Studienmerkmale:Wir schlossen sieben Studien ein (Gesamtteilnehmerzahl = 494). Alle Studien untersuchten am Termin geborene, gesunde Säuglinge, die vollständig oder teilweise gestillt wurden. Es gab zwei Hauptvergleiche: intravenöse Flüssigkeitssupplementierung im Vergleich zu keiner Flüssigkeitssupplementierung und intravenöse Flüssigkeitssupplementierung im Vergleich zur oralen Verabreichung (durch eine Erhöhung der Ernährung über den Mund). Die meisten Studien lieferten nicht genügend Informationen zu bestimmten Schlüsselaspekten der angewandten Methoden. In keiner Studie konnte das Pflegepersonal verblindet werden, sodass sie wussten, ob die Säuglinge zusätzliche Flüssigkeit erhielten oder nicht, und wie diese Flüssigkeit verabreicht wurde. Dies könnte die Interpretation der Ergebnisse beeinflusst haben, vor allem bei denjenigen Ergebnissen, die durch einen Menschen beurteilt wurden.

Studienfinanzierungsquellen:Keine der eingeschlossenen Studien berichtete über ihre Finanzierung.

Hauptergebnisse:Kein Kleinkind, weder in der Flüssigkeitssupplementierungs-Gruppe noch ohne Flüssigkeitssupplementierung entwickelte klinische Komplikationen im Zusammenhang mit übermäßigem Bilirubin. Das Serumbilirubin war vier und acht Stunden nach der Behandlung bei Säuglingen mit Flüssigkeitssupplementierung etwas niedriger. Über acht Stunden hinaus waren die Bilirubinspiegel sehr ähnlich, ungeachtete dessen ob zusätzliche Flüssigkeit verabreicht wurde oder nicht. Kleinkinder, die zusätzliche Flüssigkeit erhielten, schienen eine kürzere Dauer der Phototherapie (durchschnittlich 10,70 Stunden kürzer, Teilnehmer = 218, Studien = drei) zu haben und ein geringeres Risiko eine Austauschtransfusion zu benötigen (im Durchschnitt 1% niedriger, Teilnehmer = 462, Studien = sechs), aber in beiden Analysen haben uneinheitliche Ergebnisse der eingeschlossenen Studien unser Vertrauen in die Gesamtschätzungen abgeschwächt. Es gab keine Unterschiede in der Häufigkeit des Stillens in den ersten drei Tagen zwischen Säuglingen, die zusätzliche Flüssigkeit erhielten, und denen, die sie nicht erhielten.

In einem anderen Vergleich zeigte eine Studie, dass es keine eindeutigen Unterschiede zwischen Säuglingen gab, die intravenöse oder orale Flüssigkeitssupplementierung erhielten in Bezug auf alle Messungen (sogenannte Endpunkte), einschließlich des Bilirubins im Blut und der Änderungsrate des Bilirubinspiegels nach vier Stunden sowie der Anzahl der Säuglinge, die eine Austauschtransfusion benötigten.

Qualität der Evidenz:Es gab keine Evidenz zu den wichtigsten klinischen Endpunkten von Bilirubin-assoziierten Hirnproblemen, da kein Säugling in den Gruppen diese Probleme entwickelte. Es gab Evidenz niedriger bis moderater Qualität für alle hauptsächlichen Endpunkte. Drei Hauptfaktoren beeinflussten die Qualität der Evidenz: Erstens, die Verwendung von Bilirubin, einer Labormessung, als Hauptendpunkt, statt direkte klinische Endpunkte, die von Bedeutung für die Patienten sind; zweitens, uneinheitliche Studienergebnisse; und drittens, unveröffentlichte Studien, die die Reviewergebnisse für die relevanten Endpunkte verändern könnten.

Schlussfolgerungen:Es gibt keine Evidenz dafür, dass sich die intravenöse Flüssigkeitssupplementierung auf wichtige klinische Endpunkte wie akute oder langfristige Hirnprobleme im Zusammenhang mit übermäßigem Bilirubin bei gesunden Neugeborenen, die am Termin geboren sind, auswirkt, hauptsächlich, weil das Ausgangsrisiko für die Entwicklung solcher Probleme in dieser Gruppe von Säuglingen sehr gering war. Eine intravenöse Flüssigkeitssupplementierung könnte das Serumbilirubin zu bestimmten Zeitpunkten verringern, jedoch ist unklar, ob dies zu wichtigen klinischen Vorteilen führt. Zukünftige Forschungsarbeiten sollten sich auf Populationen mit höherem Risiko wie Frühgeborene oder Säuglinge mit Hämolyse (erhöhter Abbau der roten Blutkörperchen, der einen schnellen Anstieg des Bilirubins verursacht) konzentrieren.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

A. Puhl, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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