Maßnahmen, die gemeinsam getroffene Entscheidungen von Ärzten in der medizinischen Grundversorgung und Patienten zum Einsatz von Antibiotika bei akuten Atemwegsinfektionen ermöglichen

Fragestellung
Wir wollten herausfinden, ob eine gemeinsame Entscheidungsfindung in der medizinischen Grundversorgung über die Verschreibung von Antibiotika das Auftreten akuter Atemwegsinfektionen mehr oder weniger verringert als die Standardversorgung.

Hintergrund
In der sogenannten partizipativen Entscheidungsfindung können Entscheidungen, die die Gesundheit betreffen, gemeinsam von einem Kliniker und einem Patienten getroffen werden. Zur Entscheidung kommt es, nachdem die verschiedenen Möglichkeiten und ihre Vor- und Nachteile in Verbindung mit den Werten und Vorlieben des Patienten besprochen wurden.

Akute Atemwegsinfektionen (z. B. akuter Husten, Mittelohrentzündung oder Halsschmerzen) gehören zu den häufigsten Gründen, einen Gesundheitsfachmann aufzusuchen, und häufig werden Antibiotika verschrieben, obwohl es gute Evidenz dafür gibt, dass sie bei solchen Erkrankungen wenig Nutzen bringen. Bei jeder Entscheidung für die Verschreibung eines Antibiotikums sollte der Nutzen gegen das Risiko häufiger Schäden (wie Ausschläge und Magenprobleme) und den Beitrag zur Antibiotikaresistenz abgewägt werden, die inzwischen zu einer ernsten Bedrohung für die menschliche Gesundheit geworden ist.

Die partizipative Entscheidungsfindung eröffnet innerhalb der hausärztlichen Versorgung eine ideale Gelegenheit, der Abwägung zwischen Nutzen und Schaden von Antibiotika bei akuten Atemwegserkrankungen mehr Raum zu geben. Im Ergebnis könnte die Verschreibung von Antibiotika zurückgehen.

Studienmerkmale
Wir fanden 10 Studien (9 Interventionsstudien und eine Nachbeobachtungsstudie) bis Dezember 2014. Insgesamt nahmen an den Studien über 1100 Hausärzte und rund 492.000 Patienten teil. Die Maßnahme war in jeder Studie eine andere. In 6 Studien wurden Kliniker (überwiegend Hausärzte) in Kommunikationsfähigkeiten geschult, die bei der partizipativen Entscheidungsfindung erforderlich sind. In 3 Studien wurden sowohl die Ärzte in diesen Fähigkeiten geschult als auch den Patienten schriftliche Informationen über Antibiotika bei akuten Atemwegserkrankungen gegeben. Alle eingeschlossenen Studien wurden aus staatlichen Quellen finanziert. Keine Studie gab einen Interessenkonflikt an.

Hauptergebnisse
Maßnahmen, die eine gemeinsame Entscheidungsfindung ermöglichen sollen, verringern signifikant die Verschreibung von Antibiotika bei akuten Atemwegsinfektionen in der Primärversorgung, ohne dass es dabei zu einem Rückgang bei der Patientenzufriedenheit mit dem Arztbesuch oder einer Zunahme mehrfacher Arztbesuche wegen derselben Erkrankung kommt. Es lagen nicht genügend Informationen vor, um zu schlussfolgern, ob die partizipative Entscheidungsfindung andere klinisch unerwünschte sekundäre Endpunkte, die Messung der Beteiligung von Kliniker und Patient bei der partizipativen Entscheidungsfindung oder die Antibiotikaresistenz beeinflusst.

Qualität der Evidenz
Wir bewerteten die Qualität der Evidenz als moderat oder niedrig für alle Endpunkte.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

S. Schmidt-Wussow, freigegeben durch Cochrane Schweiz.

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