Ein-Schnitt- versus Zwei-Schnitt-Technik in der chirurgischen Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes bei Erwachsenen

Hintergrund

Das vordere Kreuzband (VKB) ist ein Band aus kräftigem Gewebe innerhalb des Kniegelenks, das der Stabilisierung desselben während der Bewegung dient. Die vordere Kreuzbandruptur (Kreuzbandriss) ist eine häufige Sportverletzung, vor allem im Fußball und beim Skifahren. Vordere Kreuzbandverletzungen werden häufig chirurgisch angegangen. Dies passiert üblicherweise mit der Schlüsselloch-Technik, also einer arthroskopischen Rekonstruktion des VKB, wobei das gerissene Kreuzband durch Sehnengewebe (Transplantat) ersetzt wird. Das Transplantat wird üblicherweise von einem anderen Ort in der Nähe des betroffenen Kniegelenks entnommen. Bei der Rekonstruktion des VKB werden am Kniegelenk Knochenkanäle in die Tibia (Schienbein) und in den Femur (Oberschenkelknochen) gebohrt, um das Kreuzbandtransplantat in annähernd derselben Position wie das gerissene Kreuzband anzubringen.

In diesem Review wurden zwei Techniken der VBK-Rekonstruktion miteinander verglichen: Ein-Schnitt-Technik gegenüber Zwei-Schnitt-Technik. Bei der gebräuchlicheren Zwei-Schnitt-Technik wird der femorale (am Oberschenkelknochen angelegte) Kanal von außen nach innen in das Kniegelenk gebohrt, wobei ein Schnitt an der Außenseite des Oberschenkelknochens gelegt wird, um den Knochen zu erreichen. Bei der Ein-Schnitt-Technik gibt es keinen (zweiten) Schnitt am Oberschenkel. Hier wird das Transplantat stattdessen unter arthroskopischer Kontrolle von innen nach außen am Femur fixiert.

Suchergebnisse

Wir durchsuchten die medizinischen Literaturdatenbanken bis August 2017 bezüglich randomisierter Studien, die die Ein-Schnitt-Technik mit der Zwei-Schnitt-Technik in der arthroskopischen VKB-Rekonstruktion verglichen. Wir schlossen fünf Studien mit insgesamt 320 Menschen ein, bei denen eine VKB-Rekonstruktion mit Patellarsehnentransplantat durchgeführt wurde. Der Hauptteil der Studienteilnehmer war im 3. Lebensjahrzehnt.

Hauptergebnisse

Wir fanden keine Unterschiede zwischen den beiden Techniken in der subjektiven Einschätzung der Kniefunktion nach etwa drei Monaten, nach 12 Monaten oder zwischen zwei und fünf Jahren. Es lagen keine Daten bezüglich Lebensqualität oder der Gesamtzahl der Teilnehmer mit unerwünschten Ereignissen vor. Wir fanden jedoch Evidenz für geringe Unterschiede zwischen beiden Gruppen bezüglich individueller unerwünschter Ereignisse wie Infektion, Kniesteife und Transplantatversagen. Es gab Evidenz für einen geringen Unterschied zwischen beiden Gruppen bezüglich Ausmaß der Endaktivität oder der Anzahl der Teilnehmer mit normaler oder praktisch normaler Kniefunktion in der klinischen Beurteilung postoperativ nach einem Jahr oder länger.

Qualität der Evidenz

Alle fünf Studien wiesen Schwächen auf, die die Zuverlässigkeit der Ergebnisse ernsthaft in Frage stellen können. Wir erachten die Qualität der Evidenz als sehr niedrig, was bedeutet, dass wir hinsichtlich der Ergebnisse unsicher sind.

Schlussfolgerungen

Das Fehlen einer verlässlichen Evidenz bedeutet, dass wir unsicher sind, ob die Ein-Schnitt-Technik bei arthroskopisch unterstützter Rekonstruktion des VKB besser (oder schlechter) als die Zwei-Schnitt-Technik ist. Weitere Studien könnten helfen, diese Frage zu beantworten; sie sind aber möglicherweise im Moment nicht von höchster Priorität.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

L. Konrad, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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