Behandlungen gegen ungewollte männliche Behaarungsmuster bei Frauen

Hintergrund
Bis zu 5 bis 10% der Frauen sind von Hirsutismus betroffen (d.h. von einer Behaarung an Stellen, an denen normalerweise nur bei Männern Haarwuchs auftritt, wie über der Oberlippe, in der Bartregion, auf Brust, Bauch, Rücken, usw.). Der häufigste Grund dafür ist das polyzystische Ovar-Syndrom. Hirsutismus kann zu psychischen Belastungen, niedrigem Selbstwertgefühl, schlechtem Selbstverständnis, Depressionen, Schamgefühl und sozialen Schwierigkeiten führen.

Fragestellung
Welche Therapien (mit Ausnahme von Laser- und Lichttherapie als alleinige Behandlung) sind bei Hirsutismus am besten geeignet?

Studienmerkmale
In diesen Review wurden 157 Studien mit 10.550 Teilnehmern eingeschlossen, die bis Juni 2014 publiziert wurden. Die Teilnehmer waren Frauen im Durchschnittsalter von 25 Jahren. Die Qualität der Studiendurchführung wies große Unterschiede auf; bei mehr als der Hälfte der Studien erfolgte keine Verblindung, was Auswirkungen auf die Ergebnisse haben könnte. Die meisten Studien wurden in einzelnen Behandlungszentren in Europa über eine Dauer von sechs bis zwölf Monaten durchgeführt. Dabei wurde eine Auswahl an Therapieoptionen untersucht, meist in einzelnen Studien. Die untersuchten Therapien umfassten einige topische (lokale) Behandlungen, eine Änderung der Lebensgewohnheiten, orale Verhütungsmittel (OCP, Englisch: oral contraceptive pills), Arzneimittel zur Hemmung der Wirkung von Hormonen, die männliche Behaarungsmuster verursachen, sowie Kombinationstherapien. Die Beurteilung von Verbesserungen aus Teilnehmersicht und Veränderungen der Lebensqualität waren nur in einem Bruchteil der Studien angegeben. In den meisten Studien wurden der durch den Arzt beurteilte Rückgang des Hirsutismus und der Androgenspiegel im Blut gemessen. Die Hälfte der Studien enthielt Angaben zu unerwünschten Ereignissen, in einem Drittel der Studien wurde über weitere Zeichen und Symptome, z.B. fettige Haut oder Menstruationsstörungen, berichtet, die durch einen Anstieg des Androgenspiegels im Blut verursacht werden könnten.

Hauptergebnisse
Durch die Einnahme oraler Verhütungsmittel wurde die Behaarung reduziert. Auch wenn der Grad der Reduzierung in den Studien uneinheitlich war, zeigten zwei OCP (Ethinylestradiol 35 µg + Cyproteronacetat 2 mg im Vergleich zu Ethinylestradiol 30 µg + Desogestrel 0,15 mg) eine Wirkung, die als gewinnbringend für Frauen mit Hirsutismus betrachtet werden kann.

Unter den Antiandrogenen wurde Flutamid sowohl von den Frauen als auch von den Ärzten eine stärkere Wirkung im Vergleich zu dem Placebo zugeschrieben. Auch Spironolacton erwies sich als wirksam, doch es lagen nur Bewertungen durch die Ärzte vor. Finasterid zeigte keine überzeugende Wirkung, weder in der Bewertung der betroffenen Frauen noch der Ärzte. Der Zusatz von Cyproteronacetat (einem Antiandrogen) zu einem OCP schien die nutzbringende Wirkung des OCP auf die Reduzierung der Behaarung zu verstärken.

Durch Insulin-Sensitizer (Arzneimittel gegen Diabetes) und Veränderungen der Lebensgewohnheiten konnte kein nachweislicher Nutzen in Bezug auf den Schweregrad des Hirsutismus festgestellt werden. Bedauerlicherweise wurden die Endpunkte der Selbsteinschätzung durch die Frauen und des Einflusses des Hirsutismus auf die Lebensqualität in den Studien nur unzureichend betrachtet.

Die Studien enthielten Angaben zu den bekannten unerwünschten Ereignissen der verschiedenen Arzneimittel: Magen- und Darmschmerzen, Brustspannen, verringerte Libido und trockene Haut bei Flutamid und Finasterid; unregelmäßige Blutungen bei Spironolacton; Übelkeit, Durchfall und Blähungen bei Metformin; sowie Hitzewallungen, verringerte Libido, Scheidentrockenheit, Brustspannen und Kopfschmerz bei GnRH-Analoga.

Die verschiedenen Behandlungsgruppen wiesen keine wesentlichen Unterschiede des Androgenspiegels im Blut auf. Die OCP hatten eine positive Wirkung auf Akne und durch Insulin-Sensitizer wurde die Menstruationsregelmäßigkeit verbessert.

Wir hatten Evidenz erwartet, dass die Wirkung durch Kombination eines OCP mit einem Antiandrogen im Vergleich zu beispielsweise einem OCP alleine gesteigert werden kann. Doch durch den Mangel an Studien konnten diesbezüglich keine Schlüsse gezogen werden.

Insgesamt schlossen wir, dass OCP (v.a. mit antiandrogenen Wirkstoffen), OCP in Kombination mit Cyproteronacetat, Flutamid und Spironolacton wirksam zur Behandlung von Hirsutismus sind. Generell sind jedoch zusätzlich kosmetische Maßnahmen (Epilation, Wachshaarentfernung, Bleichen, Elektrolyse, Lasertherapie und Photoepilation) notwendig, da alle Therapien mindestens sechs bis zwölf Monate erfordern, um ihre optimale Wirkung zu entfalten. Darüber hinaus sollte aufgrund der Belastungen durch den Hirsutismus und die Auswirkungen auf die Lebensqualität psychologische Betreuung in die Therapie einbezogen werden.

Qualität der Evidenz
Insgesamt war die Qualität der Evidenz für die verschiedenen Endpunkte im Durchschnitt moderat bis sehr niedrig. Die wesentlichen Gründe hierfür waren die fehlende Verblindung der Studien und die geringe Probengröße.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

I. Noack, freigegeben durch Cochrane Schweiz.

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