Zug an der Nabelschnur um die Plazenta zu entbinden

Als Nachgeburtsphase bezeichnet man die Zeit zwischen der Geburt des Kindes und dem kompletten Ausstoßen der Plazenta. Ein gewisser Blutverlust nach der Geburt des Kindes aufgrund der Plazentalösung ist normal. Schwere Nachgeburtsblutungen (PPH) sind eine der Hauptursachen für den Tod von Müttern sowohl in einkommensstarken als auch in einkommensschwachen Ländern. Als "aktive Leitung der Nachgeburtsphase" bezeichnet man folgende Interventionen: die Mutter bekommt ein Medikament (normalerweise per Injektion), um der Gebärmutter zu helfen sich zu kontrahieren, die Nabelschnur wird durchtrennt und an der Nabelschnur wird mit gleichzeitigem Gegendruck auf die Gebärmutter gezogen, um bei der Entbindung der Plazenta zu helfen (kontrollierter Nabelschnurzug, CCT). Dies kann für die Mutter unangenehm sein und im Widerspruch zu ihrem Wunsch nach einer natürlichen Geburt stehen. Das geburtshilfliche Personal braucht ein spezielles Training um eine CCT auszuführen.

Dieser Review randomisierter kontrollierter Studien beinhaltet drei Studien, die Frauen mit Vaginalgeburten einschließen. Die Studien waren methodologisch gut und die Ergebnisse konsistent. Eine der Studien war eine große Studie mit 23.000 beteiligten Frauen aus acht Ländern, eine andere wurde an verschiedenen Orten in Frankreich mit über 4.000 Frauen durchgeführt und eine Studie aus Uruguay mit fast 200 Frauen, wurde an einem einzelnen Zentrum durchgeführt. Schwere PPH (Blutverlust > 1000 ml) wurde durch kontrollierten Zug an der Nabelschnur (CCT) nicht eindeutig verringert, aber CCT führte zu einer kleinen Reduktion von PPH (Blutverlust > 500ml) und des durchschnittlichen Blutverlusts. Das Risiko die Plazentalösung manuell durchführen zu müssen wurde verringert. Wenn das geburtshilfliche Personal den kontrollierten Zug an der Nabelschnur sicher beherrscht, sollte die Maßnahme empfohlen werden.

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Unter Umständen hat CCT den Vorteil das Risiko einer manuellen Plazentalösung zu verringern. Evidenz weist darauf hin, dass CCT routinemäßig in der Nachgeburtsperiode angeboten werden kann, vorausgesetzt das geburtshilfliche Personal hat die notwendige Ausbildung. CCT sollte eine Kernkompetenz von ausgebildetem geburtshilflichem Personal bleiben. Jedoch würde der begrenzte Nutzen der CCT bezüglich einer schweren Nachblutung (PPH) nicht die erhebliche Investition rechtfertigen, welche für ein Training in CCT-Fähigkeiten für nicht formelle ausgebildete Hebammen benötigt würde. Frauen, die eine interventionsärmere Nachgeburtsleitung bevorzugen, kann versichert werden, dass bei Verabreichung eines Uterotonikums, CCT aus dem Maßnahmenpaket des aktiven Managements der Nachgeburtsphase weggelassen werden kann, ohne das Risiko einer schweren Nachblutung zu erhöhen, sich das Risiko einer manuellen Plazentalösung jedoch erhöhen könnte.

Es gibt Forschungslücken bezüglich der Anwendung von CCT ohne die Verabreichung eines Uterotonikums und der Rolle der Uterusmassage in der Leitung der Nachgeburtsphase.

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Hintergrund: 

Die aktive Leitung der Nachgeburtsphase besteht aus mehreren Interventionen, zu denen das Verabreichen eines prophylaktischen Uterotonikums (bei oder nach der Geburt des Kindes), das Abklemmen und Durchtrennen der Nabelschnur, der kontrollierte Zug an der Nabelschnur (CCT) um die Plazenta zu entbinden und die Massage des Uterus gehören. Nach neuesten Empfehlungen sollte mit dem Abklemmen der Nabelschnur gewartet werden, bis das geburtshilfliche Personal bereit ist CCT anzuwenden. Das Maßnahmenpaket der aktiven Leitung der Nachgeburtsphase vermindert das Risiko einer Nachgeburtsblutung (PPH), ebenso wie die Einzelkomponente, die routinemäßige Gabe von Uterotonika. Um den möglichen Nutzen von CCT abzuklären, sollte dieser quantifiziert werden, da die Anwendung unangenehm ist und Frauen ein interventionsarmes, zurückhaltendes Vorgehen bevorzugen. Zusätzlich hat die Einführung dieser Maßnahme eine Auswirkung auf die Ressourcen bezüglich des Trainings von Gesundheitsfachpersonal.

Zielsetzungen: 

Die Wirkung von CCT in der Nachgeburtsphase zu evaluieren, entweder mit oder ohne konventioneller aktiver Nachgeburtsleitung.

Suchstrategie: 

Wir suchten im Cochrane Pregnancy and Childbirth Group's Trials Register (29. Januar 2014), PubMed (1966 bis 29. Januar 2014) und in Literaturlisten identifizierter Studien.

Auswahlkriterien: 

Randomisierte kontrollierte Studien, die planmäßige CCT mit keiner geplanten CCT bei Frauen mit Vaginalgeburt vergleichen.

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei Autoren untersuchten die Studienqualität und extrahierten Daten mit Hilfe eines standardisierten Datenextraktionsblatts.

Hauptergebnisse: 

Wir schlossen drei methodisch gute Studien mit Daten von jeweils 199, 4058 und 23616 Frauen ein. Eine Verblindung war nicht möglich, aber der Bias konnte durch die objektive Messung des Blutverlustes, eingeschränkt werden.

Es gab keinen Unterschied in Bezug auf das Risiko eines Blutverlustes von mehr als 1000ml (drei Studien, 27.454 Frauen; Risikoverhältnis (RR) 0,91, 95% Konfidenzintervall (KI) 0,77 bis 1,08). Die Anzahl manueller Plazentalösungen war mit CCT vermindert (zwei Studien, 27.665 Frauen; RR 0,69, 95% KI 0,57 bis 0,83). In der Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) reduzierte sich die Anzahl der manuellen Plazentalösungen vor allem an Orten, wo routinemäßig Ergometrin in der Nachgeburtsphase verabreicht wurde. Eine nicht vordefinierte Analyse, welche Orte, an denen routinemäßig Ergometrin in der Nachgeburtsphase verabreicht wird, ausschloß, fand keinen Unterschied zu dem Risiko der manuellen Plazentalösung in der WHO Studie (1 Studie, 23.010 Frauen; RR 1,03, 95% KI 0,73 bis 1,46). Die Regelung, die Dauer der Nachgeburtsphase auf 30 Minuten zu begrenzen (4057 Frauen; RR 0,69, 95% KI 0,53 bis 0,90) könnte einen Effekt in der französischen Studie gehabt haben.

Zu den sekundären Endpunkten zählte eine Verminderung des Blutverlustes von 500 ml oder mehr (drei Studien, 27.454 Frauen; RR 0,93, 95% KI 0,88 bis 0,99), durchschnittlicher Blutverlust (2 Studien, 27.255 Frauen; Mittelwertdifferenz (MD) -10,85 ml, 95% KI -16,73 bis -4,98), und Dauer der Nachgeburtsphase (2 Studien, 27.360 Frauen; standardisierte MD -0.57, -0,59 bis -0,54). Es gab keine klaren Unterschiede in Bezug auf den Gebrauch von zusätzlichen Uterotonika (drei Studien, 27.829 Frauen; durchschnittlicher RR 0,95, 95% KI 0,88 bis 1,02), Bluttransfusion, mütterlicher Tod/schwere Morbidität, operative Eingriffe oder mütterliche Zufriedenheit. Mütterlicher Schmerz (nicht vorab festgelegt) wurde in einer Studie vermindert (3760 Frauen; RR 0,78, KI 0,61 bis 0,99).

Folgende sekundäre Endpunkte wurden in keiner der Studien erwähnt: Verzögerte Plazentalösung von mehr als 60 Minuten oder wie durch den Studienautor definiert; mütterlicher Hämoglobinwert weniger als 9g/dl nach 24 bis 48 Stunden nach der Geburt oder Bluttransfusion; Organversagen, Verlegung auf Intensivstation, Zufriedenheit des betreuenden Gesundheitsfachpersonals, Wirtschaftlichkeit, Nachkürretage oder Infektion.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

G. Krüger, fregegeben durch Cochrane Deutschland.

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