Behandlung von Kokainabhängigkeit mit Psychopharmaka

Hintergrund

Kokainabhängigkeit wird oft mit medizinischen, psychologischen und sozialen Problemen für die individuelle und die öffentliche Gesundheit assoziiert, welche wiederum Probleme für die Gesellschaft verursachen. Abhängige spielen eine Rolle bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten wie AIDS, Hepatitis und Tuberkulose sowie bei Kriminalität, Gewalt und der Drogenexposition von Neugeborenen. Der Einsatz von Medikamenten, wie Antidepressiva, Antikonvulsivum und Dopaminagonisten zur Behandlung von Kokainmissbrauch oder -abhängigkeit ist nicht durch die Evidenz von Cochrane Reviews gestützt. Der Einsatz von antipsychotischen Wirkstoffen wurde ebenfalls in Betracht gezogen, vor allem weil Kokain Halluzinationen und Paranoia auslösen kann, die Psychosen ähnlich sind.


Studienmerkmale

Die Review-Autoren identifizierten 14 randomisierte kontrollierte Studien, die 719 Erwachsene einschlossen. Eine Studie wurde in Italien durchgeführt, die übrigen in den USA. Die Studien beziehen sowohl stationäre als auch ambulante Patienteneinrichtungen mit ein und hatten eine Dauer von 14 bis 168 Tage (Mittelwert: 80 Tage). In elf Studien wurden die Teilnehmer randomisiert zur Einnahme von Antipsychotika oder von Placebos eingeteilt, wobei folgende antipsychotische Medikamente verwendet wurden: Risperidon (drei Studien, 1 bis 4 mg/Tag und eine Studie mit einer langzeitwirkenden Injektion Risperidon mit einer Dosis von 25 mg/14 Tage); Olanzapin (drei Studien, 2,5 bis 20 mg/Tag); Quetiapin (zwei Studien, 400 und 800 mg/Tag); Lamotrigin (eine Studie, 400 mg/Tag); Reserpin (eine Studie, 50 mg/Tag). Drei Studien verglichen zwei Medikamente; Olanzapin (10 mg/Tag) gegenüber Haloperidol (10 mg/Tag), Olanzapin (20 mg/Tag) gegenüber Risperidon (9 mg/Tag) und Aripiprazol (10 mg/Tag) gegenüber Ropinirol (4,5 mg/Tag).

Hauptergebnisse

Die Studien nutzten unterschiedliche Instrumente und Wege, um die relevanten Endpunkte zu messen, wodurch die Möglichkeit für uns eingeschränkt wird, die Daten miteinander zu kombinieren. Als wir alle Studienergebnisse gruppiert hatten, die den Einsatz von einem beliebigen Antipsychotika mit Placebo verglichen, fanden wir heraus, dass Antipsychotika die Zahl derjenigen, die in Behandlung blieben, leicht ansteigen lies, sie jedoch nicht wirksam waren, um den Kokainkonsum während der Behandlung zu reduzieren (zwei Studien), um abstinent zu bleiben (drei Studien), oder um das Bedürfnis Kokain zu konsumieren zu reduzieren (vier Studien). Einzelvergleiche jedes Arzneimittels mit einem Placebo oder einem anderen Medikament wurden in einigen Studien durchgeführt, jedoch mit kleinen Stichprobengrößen, was die Zuverlässigkeit der Ergebnisse begrenzt. Dennoch, bei diesen Vergleichen schien nur Quetiapin besser geeignet zu sein als ein Placebo, in der Verringerung des Kokainkonsums und dem -verlangen, aber die Ergebnisse kamen von nur einer Studie mit 60 Teilnehmern. Informationen zur Annehmbarkeit der Behandlung bezüglich Nebenwirkungen, Abstinenz von Kokainkonsum und Entzugserscheinungen waren eingeschränkt. Insgesamt fanden wir keine Evidenz, die den klinischen Gebrauch von antipsychotischen Medikamenten in der Behandlung von Kokainabhängigkeit unterstützt.

Qualität der Evidenz

Die wichtigsten Einschränkungen der Studien waren die hohe Zahl von Personen, die aus den Studien zurückgetreten sind und der Mangel an transparenter Berichterstattung über die verwendeten Methoden, um die Studien durchzuführen. Außerdem war die Teilnehmerzahl gering und es wurden unterschiedliche Methoden zur Messung und Berichterstattung der Ergebnisse genutzt, was die Möglichkeit zur Kombination der Daten für uns einschränkte. Insgesamt stuften wir die Qualität der Evidenz auf moderat bezüglich der Studienabbrecher und niedrig bezüglich der anderen Endpunkte ein. Die Evidenz ist auf dem Stand vom 15. Juli 2015.

In den Studien berichtete Förderungen und Interessenkonflikte

Die Mehrheit der in diesem Review eingeschlossenen Studien wurde durch industrielle Quellen finanziert oder gaben Interessenkonflikte für einige ihrer Forscher an, da diese in vertraglicher Zusammenarbeit mit der Pharmaindustrie stehen. Lediglich fünf der 14 eingeschlossenen Studien berichteten über eine exklusive Finanzierung durch nicht-industrielle Quellen und nur eine von diesen (Grabowski 2004) berichtete, dass die Autoren keine Interessenkonflikte hatten. Eine weitere Studie (Brown 2012) berichtete Interessenkonflikte mehrerer Autoren und drei Studien (Levin 1999, Reid 2005 und Winhusen 2007) berichteten keine Interessenkonflikte der Autoren. Eine eingeschlossene Studie (Meini 2010) berichtete keine Informationen über Finanzierungsquellen, gab aber an, dass die Autoren keine Interessenkonflikte hatten. Die anderen acht in diesen Review eingeschlossenen Studien wurden entweder durch die Industrie finanziert (Brown 2010; Hamilton 2009; Kampman 2003), oder durch eine Mischung aus industriellen und nicht-industriellen Zuschüssen (Akerele 2007; Loebl 2008; Smelson 2004; Smelson 2006; Tapp 2015), von denen drei (Brown 2010; Hamilton 2009; Kampman 2003) Interessenkonflikte der Autoren berichteten und die restlichen keine Erklärung dazu abgaben.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

I.Nolle, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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