Chirurgische Entfernung der Achsellymphknoten bei Brustkrebs

Fragestellung

Das Ziel dieses Reviews war ein Vergleich der Nutzen einer chirurgischen Entfernung der Achsellymphknoten mit den möglichen Schäden, die mit diesem chirurgischen Eingriff verbunden sind. Ein weiteres Ziel des Review war, festzustellen, inwiefern eine vollständige Entfernung sämtlicher Achsellymphknoten durch andere Eingriffe ersetzt werden könnte, bei denen nur eine kleine Zahl von Lymphknoten entfernt wird.

Hintergrund

Die chirurgische Entfernung der Achsellymphknoten ist häufig Bestandteil der ersten chirurgischen Behandlung von Patientinnen mit operablem Brustkrebs. Sofern der Krebs in diese Lymphknoten metastasiert hat, wird den Patientinnen geraten, sich weiteren Behandlungen wie Chemo- oder Strahlentherapie zur Unterstützung der Behandlung ihrer Krankheit zu unterziehen. Sofern der Krebs nicht in diese Lymphknoten metastasiert hat, bleiben den Patientinnen diese zusätzlichen Behandlungen (die zusätzliche Nebenwirkungen mit sich bringen) erspart. Die chirurgische Entfernung von Lymphknoten kann zu kurzzeitigen chirurgischen Komplikationen (wie eine Infektion und Wundheilungsprobleme) führen und langfristige Probleme (wie Steifheit der Schulter, Schmerzen und Schwellungen am Arm (Lymphödem)) nach sich ziehen, wenn die Ansammlung von Flüssigkeit die Funktion einschränkt und Beschwerden verursacht.

Moderne Strategien gehen hier schrittweise vor, indem zunächst eine kleine Anzahl von Knoten entfernt wird, und die anderen nur dann entnommen werden, wenn Krebs bei der ersten Entnahme entdeckt wurde. Diese erste Entnahme kann aus einer ‘wahllosen‘ Entnahme von Knoten aus den Achselhöhlen bestehen, wobei der Chirurg eine kleine Anzahl an Knoten (normalerweise vier) entfernt, die ertastet werden können. Alternativ können Chirurgen Sentinel-Lymphknoten (Wächterlymphknoten) -Methoden anwenden, um die Lymphknoten zu identifizieren, die am wahrscheinlichsten Tumore aufweisen, sodass nur so wenige Lymphknoten wie möglich entfernt werden. Bei Patientinnen mit Tumoren in den Wächterlymphknoten (oder in den entnommenen Proben) wird normalerweise die Entfernung sämtlicher Achsellymphknoten (eine so genannte Axilläre Lymphadenektomie) empfohlen. Es kann jedoch auch eine Strahlentherapie der Achselhöhle durchgeführt werden, um sämtliche in den Lymphknoten vorhandenen Krebszellen abzutöten. Einige Studien haben auch alternative Methoden, wie zum Beispiel keine chirurgische Behandlung der Achsellymphknoten untersucht.

Studienmerkmale

Die Evidenz ist auf dem Stand vom März 2015. Der Review identifizierte 26 randomisierte kontrollierte Studien, die die axilläre Lymphadenektomie (ALND) mit alternativen Methoden, darunter auch weniger umfangreiche chirurgische Eingriffe an der Achsenhöhle, verglichen. Die Patientinnen dieser Studien litten unter operablem primären Brustkrebs. Einige Studien schlossen auch Patientinnen mit tastbar vergrößerten Achsellymphknoten ein. Zehn Studien mit 3.849 Patientinnen verglichen die ALND mit einer Behandlung ohne Achselhöhlenoperation. Sechs Studien mit 1.559 Patientinnen verglichen die ALND mit einer Entnahme aus der Achselhöhle. Sieben Studien mit 9.426 Patientinnen verglichen die ALND mit einer Sentinel-Lymphknotenbiopsie (SLNB). Vier Studien mit 2.585 Patientinnen verglichen die ALND (mit oder ohne Strahlentherapie) mit einer Behandlung mit Strahlentherapie allein.

Hauptergebnisse

Evidenz von moderater Qualität legt nahe, dass Patientinnen, die mit Methoden behandelt wurden, bei denen eine Achselhöhlenoperation in einem geringerem Umfang durchgeführt wird (wie bspw. eine Entnahme aus der Achselhöhle oder eine SLNB) verglichen mit Patientinnen, die mit einer ALND behandelt wurden, keine verminderte Überlebenschance haben. Evidenz von moderater Qualität weist darauf hin, dass die Gesamtüberlebensrate bei Patientinnen, die Strahlentherapie erhalten (bei denen jedoch keine Achsenhöhlenoperation vorgenommen wurde) verglichen mit Patientinnen, bei denen eine ALND vorgenommen wurde, geringfügig verringert ist Geht man beim Überleben von 81% fünf Jahre nach einer Operation mit einer ALND aus, legt die Evidenz nahe, dass es nach einer Behandlung, die mit einer Strahlentherapie allein erfolgte, zwischen 77% und 81% liegen würde.

Evidenz von moderater Qualität legt nahe, dass bei sämtlichen Patientinnen, bei denen keine Achsellymphknoten entfernt wurden, ein erhöhtes Risiko für ein lokoregionäres Rezidiv (erneutes Tumorwachstum in der Brust, im Bereich der Mastektomie-Narbe oder der Achselhöhlendrüsen) besteht. Wenn davon ausgegangen wird, dass bei 86% der Patientinnen, bei denen eine ALND vorgenommen wurde, fünf Jahre nach dem Eingriff kein lokoregionäres Rezidiv auftritt, legt die Evidenz nahe, dass die entsprechende Zahl bei Patientinnen, bei denen überhaupt keine Lymphknoten entfernt wurden, insgesamt zwischen 66% und 76% betrüge. Bei Patientinnen, bei denen eine Entnahme aus der Achselhöhle vorgenommen wurde, legt Evidenz von niedriger Qualität nahe, dass bei 73% bis 87% nach fünf Jahren kein lokoregionäres Rezidiv auftreten würde.

Die Rezidivraten für die Achselhöhle wurden nur in den Vergleichsstudien von SLNB mit ALND berichtet. Die Forscher sind sich hinsichtlich der besten Behandlung für diesen Endpunkt weiterhin unsicher, da die Rezidivraten sehr niedrig waren (weniger als 1% der Patientinnen).

Evidenz von niedriger Qualität legt nahe, dass bei Patientinnen, die mit einer ALND behandelt wurden, ein erhöhtes Risiko für ein Lymphödem besteht, als bei denen, die mit einer SNLB behandelt wurden, oder bei denen keine Achselhöhlenoperation vorgenommen wurde. Auf Basis dieser Evidenz würden wir erwarten, dass von 1.000 Patientinnen, die mit einer ALND behandelt werden, 132 bei einem Jahr nach der Operation ein Lymphödem auftritt, verglichen mit 22 bis 115 Patientinnen, bei denen eine SLNB durchgeführt wurde. Andere Langzeitschäden wie Schmerzen, eine eingeschränkte Beweglichkeit des Arms und Taubheit, waren bei einer ALND ebenfalls wahrscheinlicher als bei einer SLNB.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

B. Fiess, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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