Frühe versus späte orale Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme zur Reduktion von Komplikationen nach gynäkologischen Operationen

Fragestellung

Welche Risiken und welchen Nutzen hat eine frühe Nahrungsaufnahme nach einer abdominalen gynäkologischen Operation, verglichen mit einer späten Nahrungsaufnahme frühestens 24 Stunden nach der Operation?

Hintergrund

Ärzte verzögern oft die Gabe von Nahrung und Getränken bei Frauen nach einer abdominalen gynäkologischen Operation (Uterusmyome, Endometriose, Eierstockzysten oder Gebärmutter- oder Eierstockkrebs), bis zum Wiedereinsetzen der Darmfunktion (typischerweise 24 Stunden nach der Operation). Dies soll dazu dienen, das Risiko von Komplikationen wie Erbrechen, Magen-Darm-Durchbrüchen, ein Aufreißen der Wunde oder Leckagen zu verringern. Es gibt jedoch Hinweise, dass einige Frauen sich schneller von der Operation erholen, wenn sie früher mit der Nahrungsaufnahme beginnen. In diesem Review wurde die Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien zur frühen gegenüber der späten Nahrungsaufnahme nach abdominalen gynäkologischen Operationen begutachtet.

Studienmerkmale

Es wurde die Evidenz zu folgenden Endpunkten bewertet:

1. Übelkeit, Erbrechen, krampfartige Bauchschmerzen, Blähungen, aufgetriebener Bauchumfang, Wundkomplikationen, tiefe Beinvenenthrombose, Harnwegsinfektion, Lungenentzündung (Pneumonie).

2. Zeit bis zum erstmaligen Auftreten von: Darmgeräuschen, Darmgasen oder Stuhlgang sowie Beginn der üblichen Ernährung.

3. Dauer des Krankenhausaufenthalts.

Eine frühe Nahrungsaufnahme war definiert, als die Aufnahme von Getränken oder Speisen innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Operation.
Als späte Nahrungsaufnahme galt, wenn die Aufnahme von Getränken oder Speisen erst 24 Stunden nach der Operation erfolgte und nur dann, wenn bereits Darmgeräusche, Darmgase oder Stuhlgang und ein Gefühl von Hunger zu verzeichnen waren.

Die Evidenz ist auf dem Stand von April 2014.

Hauptergebnisse

Es wurden fünf veröffentlichte Studien mit insgesamt 631 Frauen eingeschlossen. Die meisten Studienteilnehmerinnen litten an einer gynäkologischen Krebserkrankung.

Die Darmtätigkeit erholte sich bei Frauen mit früher Nahrungsaufnahme rascher als bei den Frauen in der Vergleichsgruppe. Keine Unterschiede waren in der Rate von Übelkeit oder Erbrechen, geblähtem Bauch oder postoperativer Notwendigkeit für eine Magensonde (über die Nase eingeführt) sowie hinsichtlich der Zeit bis zum erstmaligen Auftreten von Darmbewegungen zu verzeichnen. Die frühe Nahrungsgabe war jedoch mit einer kürzeren Zeitdauer bis zum Auftreten von Darmgeräuschen und Darmgasen verbunden. Die Frauen in der Gruppe mit früher Nahrungsaufnahme nahmen im Mittel 1,5 Tage eher wieder feste Nahrung zu sich als die Frauen in der Gruppe mit verzögerter Nahrungsaufnahme und ihr Krankenhausaufenthalt war im Durchschnitt einen Tag kürzer. Darüber hinaus zeigten die Frauen mit früher Nahrungsaufnahme eine größere Zufriedenheit mit ihrer Ernährung, allerdings stammt dieses Ergebnis aus nur einer Studie.

Die frühe Nahrungsaufnahme zeigte sich als ein sicheres Verfahren, ohne erhöhte Rate postoperativer Komplikationen und mit insgesamt weniger infektionsbedingten Komplikationen behaftet.

Qualität der Evidenz

Die Mehrheit der eingeschlossenen Evidenz war von moderater Qualität. Die hauptsächliche Limitation lag in der fehlenden Verblindung, was die Ergebnisse bezogen auf subjektive Endpunkte, wie selbstberichtete Symptome oder Aufenthaltsdauer im Krankenhaus, Patientenzufriedenheit und Lebensqualität, beeinflusst haben könnte.

Schlussfolgerungen

Die Evidenz legt nahe, dass das Essen und Trinken am ersten Tag nach einer gynäkologischen abdominalen Operation eine sichere Verfahrensweise darstellt und die Dauer des Krankenhausaufenthalts senken könnte.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

K. Balzer, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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