Können organisatorische Infrastrukturen wirksam evidenzbasierte Praxis in der Krankenpflege fördern?

Fachpersonen in der Krankenpflege und Hebammen bilden den Großteil der Gesundheitsfachkräfte in Krankenhäusern und spielen eine zentrale Rolle in der Gesundheitsversorgung. Die Qualität der Gesundheitsversorgung kann gesteigert werden, wenn Fachpersonen in der Krankenpflege routinemäßig auf die beste verfügbare Evidenz zurückgreifen. Da viele der Faktoren, die aus Sicht der Fachpersonen in der Krankenpflege als Hindernisse für den Einsatz von evidenzbasierter Praxis (EBP) wahrgenommen werden, auf der organisatorischen Ebene liegen, ist es sinnvoll, Modelle zur Veränderung von Organisationen im Gesundheitsbereich zu entwickeln und deren Wirksamkeit zu beurteilen, damit die Nutzung von EBP von Fachpersonen in der Krankenpflege erfolgreich gefördert werden kann.

Wir definieren organisatorische Infrastrukturen als „die zugrundeliegende Basis oder elementaren Rahmen, mit denen klinische Versorgung angeboten und unterstützt wird“. Diese beinhalten beispielsweise organisatorische Strategien, Stationen, die sich auf die Entwicklung der Pflege konzentrieren, und andere organisatorische Entwicklungsformen wie Organisationen, die evidenzbasierte Pflegeverfahren, Standards oder Leitlinien für die klinische Praxis entwickeln und diese implementieren.

Wir haben die Literatur nach aussagekräftigen Evaluationen zur Alltagswirksamkeit organisatorischer Interventionen durchsucht, die die Förderung von EBP in der Krankenpflege thematisieren. Wir haben eine Studie aus den USA eingeschlossen, die ein Spital untersucht hat und in der die Anzahl der Pflegefachpersonen nicht berichtet wird. Die Studie bewertete die Wirkungen eines standardisierten, evidenzbasierten Pflegeverfahrens auf eine verbesserte Krankenpflege für Betroffene, die gefährdet waren, einen pflegebedingten Dekubitus (Wundliegegeschwür, Druckgeschwür; healthcare-acquired pressure ulcer: HAPU) zu entwickeln, gemessen an der Häufigkeit der pflegebedingten Druckgeschwüre. Wies ein Patient bei der Aufnahme ins Spital auf der Braden-Skala einen Punktwert von 18 oder weniger auf, so durften die Pflegefachpersonen ohne ärztliche Anordnung die Maßnahmen zur Dekubitusprophylaxe beginnen. Die Braden-Skala dient zur Risikoeinschätzung, ob die betroffene Person einen Dekubitus entwickeln wird. Eine erwachsene Person mit 18 oder weniger Punkten gilt als hochgradig dekubitusgefährdet.

Erneute Analysen der Daten zum pflegebedingten Dekubitus in unterbrochenen Zeitreihen zeigten einen Trend, dass sich die Raten vor und nach der Intervention (Dekubitusprophylaxe) nicht veränderten. Geht man davon aus, dass dieser Trend wahr ist, so gibt es keine Evidenz für die Wirksamkeit der Intervention drei Monate nach Beginn (Durchschnittsrate pro Viertel 0,7%, 95% Konfidenzintervall (KI) 1,7 - 3,3; p = 0,457). Aufgrund der geringen Prozentzahlen bezogen auf die Fälle nach der Intervention war es statistisch nicht möglich, Effekte in einem Zeitraum von mehr als drei Monate abzuleiten.

Unter Berücksichtigung der Wichtigkeit, welche auf organisatorische Änderungen zur Förderung von EBP in der Krankenpflege gelegt wird ist es überraschend, dass es acht Jahre nach der Veröffentlichung des vorherigen Cochrane Reviews ohne relevante Studien noch immer an Studien mit angemessen ausgewerteten Interventionen zur organisatorischen Infrastruktur mangelt. Wenn Gesetzgebern und Organisationen im Gesundheitsbereich daran gelegen ist, die evidenzbasierte Krankenpflege auf organisatorischer Ebene erfolgreich zu fördern, müssen sie für die Finanzierung und Durchführung gut konzipierter Studien sorgen, um eine Evidenz zu generieren, die wiederum die Vorgehensweise leiten kann.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

R. Doringo, C. Loytved, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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