Hydroxyurea (auch bekannt als Hydroxycarbamid) für Personen mit Sichelzellkrankheit

Fragestellung des Reviews

Welche Wirkung hat Hydroxyurea auf klinische Endpunkte (Veränderung in Schmerzkrisen, lebensbedrohliche Erkrankungen, Überleben, Hämoglobin-Level, Lebensqualität und unerwünschte Wirkungen) bei Personen mit Sichelzellkrankheit, unabhängig vom Genotyp?

Hintergrund

Die Sichelzellkrankheit (SCD) ist eine vererbte genetische Störung, die Probleme mit dem Hämoglobin (der Substanz in den roten Blutkörperchen, die den Sauerstoff im Körper transportiert) verursacht. Die Krankheit kann auf verschiedene Weise vererbt werden: Menschen können zwei Sichelgene (HbSS-Genotyp) oder das Sichelgen von einem Elternteil und ein anderes Hämoglobin-Gen wie Hämoglobin C erben, was zum HbSC-Genotyp führt, oder ein Beta-Thalassämie-Gen vom zweiten Elternteil, was zu HbSβ+ oder HbSβºthal führt.

Bei Personen mit SCD bildet das abnormale Sichelhämoglobin lange Polymere (Ketten) innerhalb der roten Blutzellen, wenn diese ihren Sauerstoff abgeben. Dies beschädigt die rote Blutzelle und macht sie klebriger. Dies führt zu Blockierungen und reduziertem Blutfluss, was Schmerzen und Organschäden verursacht. Das fetale Hämoglobin (HbF) verhindert die Bildung dieser Polymere im Sichelhämoglobin der roten Blutkörperchen. Das Medikament Hydroxyurea wird verwendet, um das HbF zu erhöhen und dadurch die Auswirkungen der Erkrankung zu verringern.

Dies ist eine Aktualisierung eines bereits veröffentlichten Cochrane Reviews.

Datum der Suche

Die Evidenz ist auf dem Stand vom 17. Februar 2022.

Studienmerkmale

Wir schlossen neun randomisierte Studien (1104 Erwachsene und Kinder mit SCD (HbSS-, HbSC- oder HbSβºthal-Genotypen)) ein. Die Studiendauer lag zwischen sechs und 30 Monaten.

Hauptergebnisse und Qualität der Evidenz

In fünf Studien erhielten 784 Erwachsene und Kinder mit SCD, zufällig ausgewählt, eine Behandlung mit Hydroxyurea oder einem Placebo. In zwei Studien wurden 254 Kinder mit SCD, die zudem unter einem erhöhten Risiko für einen ersten oder zweiten Schlaganfall standen, zufällig ausgewählt, um entweder Hydroxyurea oder Phlebotomie (Aderlass) zu erhalten oder eine Bluttransfusion einschließlich Chelation (Zuführung von Wirkstoffen, um überschüssiges Eisen aus dem Körper zu entfernen). In diesen sieben Studien wurden nur Personen mit HbSS- oder HbSβºthal-Genotypen rekrutiert, so dass die Ergebnisse nicht für Personen mit dem HbSC-Genotyp gelten.

Es gibt Evidenz von moderater Qualität aus diesen sieben Studien, dass diejenigen, die Hydroxyurea erhielten, möglicherweise eine signifikante Reduktion in der Häufigkeit von Schmerzkrisen erleben, sowie einen Anstieg im HbF und eine Senkung der Neutrophil-Werte (weiße Blutkörperchen) im Vergleich zur Vergleichsbehandlung. Wir fanden keinen Unterschied zwischen den Patienten, die Hydroxyurea oder andere Behandlungen erhielten, in Bezug auf Lebensqualität, Todesfälle während der Studien und unerwünschte Wirkungen (einschließlich schwerer und lebensbedrohlicher Auswirkungen). Jedoch gibt es bezüglich dieser Endpunkte weniger Informationen aus den Studien, sodass die diesbezügliche Qualität der Evidenz niedrig ist.

Zwei weitere Studien wurden in den Review eingeschlossen. In einer der Studien wurden 22 Kinder mit SCD, die ebenfalls unter Risiko standen einen Schlaganfall zu bekommen, zufällig ausgewählt, um entweder Hydroxyurea oder keine Behandlung (nur Beobachtung) zu erhalten. In einer anderen Studie wurden 44 Erwachsene und Kinder zufällig ausgewählt, um Behandlungen mit oder ohne zusätzlichem Hydroxyurea zu erhalten. Bei beiden Studien ist nicht sicher, ob Hydroxyurea im Vergleich zur Vergleichsbehandlung zu einem Anstieg des HbF führte. Während der Studien kam es zu keinen Todesfällen. In Bezug auf Schmerzkrisen und unerwünschte Wirkungen (einschließlich schwerwiegender oder lebensbedrohlicher Auswirkungen) gab es keine Unterschiede zwischen den Patienten, die Hydroxyurea oder andere Behandlungen erhielten. In keiner der beiden Studien wurde die Lebensqualität gemessen. Die Qualität der Evidenz aus diesen Studien ist sehr niedrig. Dies lag an der relativ kleinen Studiengröße, da nur ungefähr 20% der vorgesehenen Teilnehmendenzahl rekrutiert wurden und daran, dass die Ergebnisse nicht auf alle Personen mit SCD zutreffen (unterschiedliche Genotypen).

Schlussfolgerungen

Die Evidenz zeigt, dass Hydroxyurea wahrscheinlich kurzfristig wirksam ist, um die Häufigkeit von schmerzhaften Phasen zu reduzieren, und dass es bei Personen mit SCD die HbF-Level im Blut steigern kann. Hydroxyurea ist wahrscheinlich auch wirksam bei der Vorbeugung von ersten Schlaganfällen bei Personen mit erhöhtem Schlaganfallrisiko und scheint nicht mit einer Zunahme von unerwünschten Wirkungen (einschließlich schwerer und lebensbedrohlicher Auswirkungen) verbunden zu sein.

In den von uns untersuchten Studien gibt es derzeit nur wenig Evidenz in Bezug darauf, ob Hydroxyurea über einen langen Zeitraum hinweg von Nutzen ist, welche Dosis am besten geeignet ist und ob die Behandlung langfristige oder schwerwiegende unerwünschte Wirkungen verursacht. Es bedarf zusätzlicher Studien, um diese Fragen zu beantworten.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

J.Distel, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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