Interventionen zur Vorbeugung von oberen gastrointestinalen Blutungen bei Menschen auf Intensivstationen

Fragestellung

Wir überprüften die Evidenz zu Nutzen und Schäden von Interventionen zur Vorbeugung von klinisch relevanten oberen gastrointestinalen Blutungen bei Patienten, die auf die Intensivstation aufgenommen wurden.

Hintergrund

Stressulzera (eine Form von Geschwür) werden als oberflächliche Schäden in der Schleimhaut des Magens oder des Darms angesehen, die als Folge von Schock, Sepsis oder Trauma auftreten können. Abhängig von der Schwere des Schadens, können die betroffenen Bereiche wund werden und mit unterschiedlicher Schwere anfangen zu bluten. Obere gastrointestinale Blutungen aufgrund von Stressulzera tragen wesentlich zur zunehmenden Schwere von Erkrankungen und zum Tod bei Menschen auf Intensivstationen bei. Die Versorgungsstandards haben sich jedoch verbessert und die Inzidenz von oberen gastrointestinalen Blutungen auf Intensivstationen ist zurückgegangen. Daher benötigen nicht alle schwer erkrankten Patienten vorbeugende Therapie.

Die Vorbeugung von Stressulzera kann zu negativen Auswirkungen, wie beatmungsassoziierter Lungenentzündung, führen. Beatmungsassoziierte Lungenentzündung ist eine Lungeninfektion, die durch Bakterien bei mechanisch beatmeten Menschen hervorgerufen wird. Sie manifestiert sich normalweise als Fieber, Husten und eitrigem Auswurf. Das Risiko für beatmungsassoziierte Lungenentzündung ist erhöht bei Patienten mit schwerer Erkrankung, längeren Krankenhausaufenthalten oder vorbeugender Therapie gegen Stressulzera. Es ist daher notwendig, Strategien zu beurteilen, die das Auftreten von oberen gastrointestinalen Blutungen sicher verringern.

Studienmerkmale

Die Evidenz ist auf dem Stand von August 2017. Wir haben 106 Studien, mit insgesamt 15.027 schwer kranken Teilnehmern jeden Alters und Geschlechts eingeschlossen.

Hauptergebnisse

Relevante Wirkungen wurden für die folgenden Medikamente gefunden: H2-Rezeptor-Antagonisten, Antazida, Sucralfat und Protonenpumpenhemmer.

H2-Rezeptor-Antagonisten hemmen die Magensäuresekretion durch die Blockierung von Histamin-Rezeptoren, aber sie können eine niedrige Zahl von Blutplättchen (Thrombozytopenie), Nierenentzündung (interstitielle Nephritis) und Verwirrtheit auslösen. Antazida neutralisieren Magensäure, aber sie können Durchfall oder Verstopfung verursachen. Protonenpumpeninhibitoren hemmen das letzte Stadium der Magensäureproduktion und es wurde festgestellt, dass sie mit einem erhöhten Risiko für Clostridium difficile-Durchfall verbunden sein können. Schützende Mittel bei Geschwüren, wie Sucralfat, schaffen Barrieren zwischen Magensäure und Magenschleimhaut, indem sie sie beschichten. Sie können jedoch Verstopfung verursachen und die Aufnahme bestimmter antibakterieller Wirkstoffe stören.

Im Vergleich mit Placebo oder keiner vorbeugenden Behandlung, könnten H2-Rezeptor-Antagonisten, Antazida und Sucralfat wirksam in der Vorbeugung von klinisch bedeutsamen oberen gastrointestinalen Blutungen bei Patienten auf der Intensivstation sein. Im Krankenhaus erworbene Lungenentzündung trat am wahrscheinlichsten bei Intensivpatienten auf, die entweder H2-Rezeptor-Antagonisten oder Sucralfat einnahmen, im Vergleich zu Patienten, die Placebo oder keine vorbeugende Behandlung erhielten.

Evidenz von niedriger Vertrauenswürdigkeit legt nahe, dass Protonenpumpeninhibitoren wirksamer als H2-Rezeptor-Antagonisten in der Vorbeugung von oberen gastrointestinalen Blutungen bei Intensivpatienten waren. Mit Protonenpumpeninhibitoren entwickelten 25 von 1.000 Personen wahrscheinlich eine obere gastrointestinale Blutung, und mit H2-Rezeptor-Antagonisten entwickelten 73 von 1.000 Personen (95% KI 46 bis 115 Personen) wahrscheinlich eine gastrointestinale Blutung. Die Wirkung von H2-Rezeptor-Antagonisten versus Protonenpumpeninhibitoren in Bezug auf das Risiko, im Krankenhaus erworbene Lungenentzündung zu entwickeln, war vereinbar mit Nutzen und Schaden.

Qualität der Evidenz

Unser Vertrauen in die Evidenz reicht von niedrig bis moderat. Für die Wirkungen der verschiedenen Interventionen im Vergleich mit Placebo oder keiner vorbeugenden Therapie war die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz moderat (H2-Rezeptor-Antagonisten) oder niedrig (Antazida und Sucralfat). Für die Wirkungen von H2-Rezeptor-Antagonisten im Vergleich mit Placebo oder keiner vorbeugenden Behandlung zum Risiko von im Krankenhaus erworbener Lungenentzündung war die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz niedrig. Für Auswirkungen von H2-Rezeptor-Antagonisten im Vergleich mit Protonenpumpeninhibitoren auf im Krankenhaus erworbener Lungenentzündung, war die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz ebenfalls niedrig.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Kavalaraki, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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